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Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition)

Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Schröger , Katharina Gerwens
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geschüttelt. »Wissen Sie, jetzt, wo die Malwine nicht mehr da ist, habe ich nur noch meinen Job. Und den darf ich auf keinen Fall verlieren. Und morgen habe ich Dienst im Baumarkt. Von neun bis achtzehn Uhr. Tut mir leid.«
    Schon wieder so einer, der nichts als seine Arbeit hat und sich an sie klammert, als wäre sie ein Rettungsring, dachte sie.
    Erwartungsvoll und mit gefalteten Händen saß der verwaiste Neffe ihr gegenüber und machte keinerlei Anstalten zu gehen. Franziska spürte, dass Malwines Tod ihn ohne Vorwarnung aus all seinen Sinnzusammenhängen gerissen hatte. Der da log sie nicht an. Aber sie brauchte trotzdem seine Dokumente.
    Als die Stille unerträglich wurde, fragte sie: »Was machen Sie jetzt? Bleiben Sie in dem Haus?«
    »Ich denk schon. Ist ja auch Joschis Zuhause. Und wo soll ich sonst hin? So ist es wenigstens für den Hund noch vertraut.«
    »Sie haben Ihr eigenes Haus verkauft?«
    »Das von meiner Mutter, von der Frau, die damals ein Verhältnis mit Malwines Bruder hatte. Meine Güte, warum hat sie mir nur nie davon erzählt?« Er seufzte und fügte ungewöhnlich gesprächig hinzu: »Ich hätte ihn eben so gern mal getroffen, meinen Vater, wissen Sie.«
    »Das glaube ich Ihnen«, entgegnete Franziska. »Unsere Wurzeln sind wichtig. Wenn wir nicht wissen, woher wir kommen, finden wir nur ganz schwer heraus, wohin wir gehen sollen. Das hab ich schon oft erfahren. Vergangenheit ist nicht nur eine Last. Sie gibt uns auch Halt. Wissen Sie, Stammbäume stell ich mir oft wie ausladende Eichen oder riesige Buchen vor. Man kann sich anlehnen, sich vielleicht sogar ein Baumhaus bauen.«
    »Wenn ich nicht mehr bin, ist der Stamm der Harbingers und der Brunners auf einen Schlag ausgelöscht. ›Seit 1628 wurschteln wir hier in der Gegend umeinand‹, hat die Malwine gesagt. ›Und nun, aus is! Es sei denn, du suchst dir schnell eine Frau und machst viele Kinder!‹« Sein Lachen hatte einen bitteren Beigeschmack. »Sie hätte sich so gefreut. Mei, so oft hat sie von ihrer Bekannten, einer Charlotte, erzählt, die das Glück hat, die eigene Großnichte aufziehen zu dürfen. Und immer wenn sie von der schwatzte, musste ich versprechen, dass ich meine Kinder niemals Eulalia oder Hannes nenne.«
    »Ihr Mann hieß Hannes«, sagte Franziska.
    »Ich weiß. Haben Sie den gekannt?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich hab mal mit ihm gesprochen, damals, als der Sohn der beiden starb und ich dort ermittelte. Aber wirklich kennengelernt habe ich ihn nicht.«
    »Sie war nicht glücklich mit ihm, oder?«, stellte Meinrad fest.
    Franziska hob die Schultern. »Ich weiß es nicht. Sie war damals anders. Hilflos und ziemlich sprachlos.«
    »Sprachlos?« Meinrad lächelte erstaunt. »Mei, die konnte toll erzählen. Von früher, von ihrem vogelwilden Bruder, der mein Vater ist. Von Agnes mit ihren Wundertaten. ›Kommt sicher auch aus der ihrer Wundertüte‹, hat sie immer gesagt, wenn etwas Komisches passiert ist. Besonders komisch fand sie das ›Loch des Anstoßes‹, und wir haben manchmal davor gesessen, gekichert und uns gefragt: Was will uns die Agnes nur damit sagen? Seit die Martha diese Quelle gefunden hatte, ist dauernd der Bürgermeister vorbeigekommen, und Malwine hat den Verdacht gehabt, die Agnes wolle sie mit diesen Besuchen strafen.«
    Franziska sah ihn nachdenklich an. »Wissen Sie, ich frag mich, warum der Waldmoser ständig zur Malwine gegangen ist. Das passt so gar nicht zu ihm. Und aus reiner Menschenfreundlichkeit macht der doch gar nichts.«
    »Da wüßt ich schon einen Grund. Weil sie zu seiner Gemeinde gehört, das hat er zumindest immer zu ihr gesagt, und weil er extrem scharf auf dieses Bohrloch ist. Vielleicht ist ihm ja auch die Tante Agnes erschienen und hat ihm eine wichtige Mission aufgetragen. Zumindest war der Bürgermeister schon mal mit einem Hydrogeologen da und hat den mit einer Expertise beauftragt. Und allen hat er erzählt, dass er, der Waldmoser höchstpersönlich, die Kosten der Untersuchung trägt – wobei ich mit Ihnen wetten würde, dass er die Gelder dafür aus der Gemeindekasse genommen und als Sonderausgabe verbucht hat.«
    Franziska war aufgestanden und hatte für sie beide einen Tee gemacht. Nun stellte sie eine dampfende Tasse vor Meinrad und wollte wissen: »Was hat Ihre Tante denn von früher erzählt? Irgendwelche eigenartigen Vorkommnisse, etwas, was Sie stutzig gemacht hat?«
    Meinrad schüttelte den Kopf. »Ich wohn ja noch nicht so lange bei ihr. Und außerdem

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