Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition)
grinste. »Ich weiß nicht, ob wir für solche Recherchen noch Zeit haben«, sagte er, fuhr aber den Computer hoch. »Da schwebt ein Fragezeichen über dem Namen von Elise Waldmoser, aber sonst? Nein, sieht nicht so aus.«
»Vielleicht hat er grad dran gearbeitet«, gab Franziska zu bedenken. »Warum sonst das Fragezeichen?«
Bruno stand auf und nahm ein Papier aus dem Drucker. »Das sind übrigens die Namen und Adressen der bewussten Personen aus dem Gläsernen Vilstal. Ich hab mich dabei auf die noch Lebenden konzentriert. Interessant für dich könnte das Fettgedruckte sein: Dabei handelt es sich ausschließlich um reiche Höfe mit viel Erbgut, wenn du verstehst, was ich meine – und alles in der unmittelbaren Umgebung von Kleinöd.«
Sie sah sich die Liste an. »Danke, die nehmen wir dann am besten auch gleich mit.«
Während der zwanzigminütigen Fahrt von Landau nach Kleinöd rauchte Bruno zwei Zigaretten. Dafür fuhr er nicht ganz so halsbrecherisch wie sonst. Franziska hustete demonstrativ, aber er schien das nicht mit seinem Rauchen in Verbindung zu bringen. Sie sagte nichts, denn in früheren Zeiten war es genau umgekehrt gewesen: Sie hatte geraucht, und er hatte hustend neben ihr gesessen. Auf eine verrückte Art war das Leben eben doch manchmal gerecht.
Als sie das verwaiste Anwesen der Bildhauerin erreichten, standen die Kinder still und verschüchtert neben ihren flüsternden Müttern, Vätern, Großeltern oder älteren Geschwistern. Alle verfolgten die Aktionen der erneut angereisten Spurensicherer, die mit spitzen und behandschuhten Fingern Patronenhülsen, Zigaretten- und Zigarrenkippen und sonstiges verdächtiges Material einsammelten und in ihren Plastikbeuteln verstauten.
Schmiedinger nahm sie in Empfang.
»Grüß Gott, Frau Hausmann. Na, das ist ja eine G’schicht, gell? Gut, dass Sie so schnell gekommen sind.«
»Das ist wirklich seltsam. Am Samstag lagen hier keine Patronen«, stellte Franziska klar. Ihre Stimme ließ keinen Widerspruch zu. »Nicht eine einzige. Meine Leute hätten die doch gefunden. Die schauen sorgfältig hin.«
»Das stimmt. Ich hab ja selber mitgesucht«, bestätigte der Polizeiobermeister.
»Aber was sollte Reschreiters Aktion dann?« Sie sah ihn fragend an.
Adolf Schmiedinger holte Luft. »Ich habe lang drüber nachgedacht und auch mit dem Leopold g’redet, der ja immer noch da drüben bei der Binder im Gartenhaus wohnt. Der Poldi ist ja schließlich mein Cousin. Und außerdem passt er auf alles auf, sagt er. Und deshalb darf er in der Binder ihrem Gartenhaus wohnen, mitsamt seinen Wellensittichen. Von dort aus soll er vor allem diese riesige grausliche Frauenfigur da bewachen, hat er mir verzählt – dass das seine Aufgabe ist. Aber vermutlich hat er wieder zu tief ins Glas einig’schaut.« Besorgt schüttelte der Polizeiobermeister den Kopf. »Wissen Sie, des macht er in letzter Zeit immer öfter.« Dann besann er sich auf das, was er eigentlich sagen wollte: »Jedenfalls hat der Poldi g’sehn, wie der Reschreiter Luck schon am Sonntag hier rumgestiefelt ist und so getan hat, als wär er ein Sämann.«
»Ein was?«
»Als würd er Rasen ansäen oder Blumen oder was weiß ich. Solche Bewegungen waren das, sagt der Poldi. Aber der Poldi ist dann nicht aus seiner Hütten raus, weil er sich irgendwie vor dem Reschreiter seinem Hund fürchtet und an dem Tag sowieso besonders furchtsam gewesen ist.«
»Sie haben über das Motiv des Patronenverstreuens nachgedacht«, erinnerte die Kommissarin ihn.
»Genau. Da gibt’s doch dieses Sprichwort von dem Wald und den vielen Bäumen. Vielleicht ist hier ja tatsächlich eine Patrone verschossen worden, und grad die haben Ihre Leut am letzten Samstag nicht gefunden … «, und mit einem Seitenblick auf Franziska fügte er hinzu: »Auch wenn ich mir das eigentlich nicht vorstellen kann. Aber die könnt ja so gut versteckt gewesen sein, dass selbst der Mörder die nicht mehr gefunden hat. Und deshalb hat er ganz viele zusätzliche Hülsen verteilt – verstehn S’, um akkurat die eine in der Menge zu verstecken.«
Franziska sah ihn an und lächelte. »Respekt, Herr Kollege. Das ist ein interessanter Gedanke. Den sollten wir weiterverfolgen.«
Er wurde rot. »Ich mein natürlich, verteilen lassen von dem Reschreiter Luck.«
»Dann müssen wir nur noch wissen, wer ihm das angeschafft hat.«
»Das sagt er aber nicht. Bevor der seinen Schwur bricht, fällt der lieber tot um. Das hat er gesagt. Ich kenn den.« Adolf
Weitere Kostenlose Bücher