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Selige Witwen

Selige Witwen

Titel: Selige Witwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Noll
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geknebelt in Eriks Wohnung vorgefunden und mußten unsererseits die Entführer überwältigen, dann sollten wir eure finsteren Andeutungen über Kathrins sizilianische Abstammung schlucken, und schließlich habt ihr unter einer windigen Begründung Methadon verlangt.«
    Felix ergänzte etwas abmildernd: »Wer sagte uns denn, daß ihr freiwillig angerufen habt? Das Ganze konnte ja eine Falle sein!«
    Und Max drohte: »Wenn ihr uns nicht endlich reinen Wein einschenkt, dann kratzen wir jetzt die Kurve.«
    Cora und ich sahen einander an. Als sie zu einer längeren Lügengeschichte ansetzen wollte, kam ich ihr zuvor.
    »Wir haben euch zu keiner Zeit einen Bären aufgebunden, sondern waren gezwungen, über einige brisante Tatsachen Schweigen zu bewahren.« Das hörte sich gut an, aber wie weiter? Alle hingen an meinen Lippen, weil sie erwarteten, daß dieses Schweigen nun gebrochen würde. Notgedrungen fuhr ich fort und hoffte, daß man mir die Unsicherheit nicht anmerkte: »Wenn euch das Risiko dadurch kleiner erscheint, könnt ihr ruhig zu dritt ins Schwitzkistl gehen, wir verlangen von euch ja keine Saalschlacht, sondern nur, daß ein Briefchen nicht in falsche Hände gelangt.
    Für euch ist es ein netter, kleiner Betriebsausflug, wir dagegen können auf diese Weise einer aus gebeuteten Asylantin helfen und andere Betroffene warnen.«
    »Sollen mir jetzt die Tränen kommen?« fragte Max.
    »Dein karitatives Geschwätz rührt uns absolut nicht. Ihr scheint das männliche Geschlecht für reichlich einfältig zu halten, daß ihr es wagt, uns solche hanebüchenen Schauermärchen aufzutischen. Ich möchte wetten, daß es bloß um Rache geht. Die beiden Typen, mit denen wir uns euch zuliebe angelegt haben, sind gemeingefährlich. Falls ihr sie ausradieren wollt, dann solltet ihr nicht gerade uns als Ratzefummel benützen.« Bei seinen letzten Worten lachte Max ein wenig, Felix stimmte ein.
    Andy blieb finster. »Wohin seid ihr überhaupt abgetaucht?« insistierte er und musterte mich unfreundlich.
    »Wenn ihr uns so wenig vertraut, daß ihr noch nicht einmal euren Unterschlupf verratet, dann macht euren Scheiß gefälligst allein.«
    Nun versuchte es Cora mit einem filmreifen Augenaufschlag und einem halben Geständnis. »Wir wohnen im Augenblick in einer kleinen Pension auf dem Lande«, sagte sie, »weil wir Kathrin und eine weitere Person vor Gangstern schützen müssen. Auch Erik Schneider gehörte zu dieser Bande, aber wie wir erfahren haben, ist er tödlich verunglückt.
    Stellt euch vor, dieser Schuft war gerade auf dem Weg zu euch nach Darmstadt! Im übrigen hält Kathrin Kontakt zur Polizei, ihr könnt euch also darauf verlassen, daß wir nichts Unüberlegtes oder gar Ungesetzliches vorhaben.
    Ihr sollt uns wirklich nur eine kleine Gefälligkeit erweisen und einer Thailänderin im Schwitzkistl ein Briefchen aushändigen, ohne daß die Zuhälter zugucken!« Dabei legte Cora, scheinbar impulsiv, ihrem Vetter Felix die Hand aufs Knie, während ich Andy anglupschte wie ein verwundetes Rehlein.
    »Kinder, ich hab' nicht ewig und drei Tage Zeit, also bringen wir's hinter uns!« sagte Max. »Felix, du bleibst bei den Mädels und läßt sie nicht aus den Augen, bis wir wieder hier sind.«
    Andy prägte sich den thailändischen Namen Nisachon ein und folgte Max ins Ungewisse.
    Zwei Stunden können sich ziemlich dehnen. Selbst Cora wurde unruhig, Felix sah ständig auf die Uhr.
    Ohne daß man ihnen ein Härchen gekrümmt hatte, jedoch leicht verlegen kehrten die Helden schließlich aus der Schlacht zurück; sie hatten etwas warten müssen, weil Nisachon bereits Kundschaft hatte. Dann war es ihnen aber gelungen, den Brief persönlich und ohne Zeugen zu überreichen.
    »Ob man uns allerdings durch ein Guckloch beobachtet oder gar mit einer Videokamera überwacht hat, kann man nicht genau wissen«, sagte Max, »aber wir haben versucht, den Brief nicht allzu auffällig zu übergeben, es konnte also für einen Voyeur auch wie ein Geldschein aussehen.
    Apropos, wer bezahlt unsere Spesen?«
    Cora schrieb auf der Stelle einen Scheck aus und sagte: »Der Rest ist für ein weiteres Fläschchen Methadon bestimmt. «
    Andy schüttelte bloß den Kopf.
    Beim Abschied mußten wir ihnen versprechen, täglich anzurufen und auf der Heimfahrt nach Italien noch ein letztes Mal in Darmstadt vorbeizukommen.
    »Tja, so sind sie, diese jungen Rüden!« sagte Cora, als wir zufrieden Richtung Hotel schlenderten. »Hast du bemerkt, daß sie mit

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