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Semenon und die kleine Landkneipe

Semenon und die kleine Landkneipe

Titel: Semenon und die kleine Landkneipe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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lebhaft den Kopf.
      »Feinstein? Er war es, der mich an der Möglichkeit einer glaubwürdigen Verteidigung zweifeln ließ. Es gibt Grenzen für das, was man tut, was die Öffentlichkeit verstehen kann. Stellen Sie sich vor, ich, Mados Geliebter, hätte den betrogenen Ehemann bezichtigt, mich …«
      »… erpreßt zu haben?«
      »Ich habe keine Beweise. Er hat niemals offen zugegeben, daß er Bescheid wußte. Er hat mich niemals of fen bedroht. Sie erinnern sich doch an ihn? Ein kleiner, scheinbar sanfter und friedlicher Mann … dabei von beinahe übertriebener Höflichkeit, gepflegt in seinem Äußeren, bereit, wehmütig zu lächeln. Das erstemal kam er mit einem verfallenen Wechsel und flehte mich an, ihm zu helfen. Er bot mir alle möglichen Garantien, und ich sagte ja. Das hätte ich übrigens auch getan ohne die Sache mit Mado.
      Es wiederholte sich, bis es zur Gewohnheit wurde, methodisch und planmäßig. Ich versuchte abzulehnen, und die Erpressung nahm ihren Anfang.
      Er schenkte mir sein Vertrauen, beteuerte, daß seine Frau sein einziger Trost sei, daß er für sie immer wieder den Kopf in die Schlinge stecke und einen Aufwand treibe, der seinen Verhältnissen nicht entspreche … er würde sich lieber töten als ihr einen Wunsch abschlagen … was aber würde dann aus ihr …
      Meistens kam er, wenn ich gerade von Mado kam, wohl aus Berechnung … und ich fürchtete, daß man ihr Parfüm an mir riechen würde …
      Eines Tages entfernte er ein Frauenhaar von meinem Rockkragen. Es war ein Haar seiner Frau.
      Er spielte übrigens nicht die Rolle des Rächers … er gab sich gedemütigt, und das ist schlimmer. Gegen Drohungen kann man sich verteidigen. Aber was fängt man mit einem Mann an, der vor Kummer weint, wie er es in meinem Büro getan hat?
      Und welche Redensarten!
      Ich, ja ich sei jung, schön, stark, reich, was weiß ich alles. Und so könne man wohl Liebe finden. Aber er …
      Es ekelte mich an. Die Gewißheit aber, daß er es wußte, hatte ich nicht.
      An jenem Sonntag hatte er mir kurz vor dem Bridge die Summe von fünfzigtausend Franc genannt, die er unbedingt haben müsse. Der Happen war mir zu groß, ich streikte, antwortete mit einem vernehmlichen Nein und drohte, ihn nicht mehr zu empfangen, wenn er fortfahren würde, mich zu belästigen …
      Und so entwickelte sich das Drama, sinnlos und dumm wie der Rest. Sie erinnern sich … Er hatte es so eingerichtet, daß wir gleichzeitig über die Seine fuhren. Dann schleppte er mich hinter die Pinte.
      Plötzlich zog er einen Revolver aus der Tasche. Er richtete ihn auf sich, jammerte, ich hätte ihn zu dieser Tat gezwungen … er bat nur noch um die Gnade, daß ich mich Mados annähme.«
      Basso fuhr sich mit der Hand über die Stirn, als wolle er die peinigende Erinnerung verjagen.
      »Die Vorsehung wollte, daß ich bester Laune war, daß selbst er sie mir nicht verderben konnte. Ich ging auf ihn zu, um ihm die Waffe fortzunehmen, was er schreiend zu verhindern suchte. Nun sei es zu spät, ich hätte sein Todesurteil ausgesprochen …«
      »Er dachte vermutlich gar nicht daran, die Sache tragisch enden zu lassen«, meinte Maigret.
      »Das ist auch meine Überzeugung, und das macht die Sache nur noch schlimmer. Ich hätte ihn in Ruhe lassen sollen, und es wäre nicht zu dem Drama gekommen. Er hätte wieder geheult und wäre der Welt erhalten geblieben … Aber ich war blind, naiv, wie ich es auch Mado gegenüber war.
      Ich wollte ihm die Waffe entreißen. Er wich mir aus, ich verfolgte ihn, griff ihn am Handgelenk, und was ich verhüten wollte, geschah. Der Schuß ging los, Feinstein stürzte zu Boden, ohne einen Laut … Wenn ich diese Aussage vor Gericht mache – wer wird mir glauben? Wird sie mich nicht im Gegenteil belasten?
      Nicht genug, daß ich den Mann meiner Geliebten getötet habe, bezichtige ich ihn noch über das Grab hinaus …«
      Er redete sich in eine zunehmende Erregung hinein.
      »Ich wollte fliehen und bin geflohen. Ich wollte meiner Frau ein volles Geständnis ablegen und sie fragen, ob sie sich trotz allem noch an mich gebunden fühlt … Ich bin in Paris umhergeirrt und habe versucht, James zu treffen.
      Er ist mein Freund, der einzige der ganzen Bande von Morsang.
      Das andere wissen Sie … meine Frau weiß es auch. Ich hätte das Gerichtsverfahren, das mir nun droht und das peinlich für alle Beteiligten sein wird, gern vermieden. Mit den

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