Sengendes Zwielicht - Lady Alexia 05
Goldtönen neu tapeziert und präsentierten eine Sammlung erlesener Kunstwerke, die man aus den Trümmern des vorherigen Heims des Stocks hatte retten können. Es waren rein luxuriöse Veränderungen, die weder den Geschmack eines Werwolfs trafen, noch seinem Lebensstil entsprachen. Man lebte einfach nicht umgeben von Gemälden von Tizian und persischen Teppichen, wenn einem regelmäßig Krallen wuchsen.
Major Channing, der diesen Ort nicht mehr gesehen hatte, seit das Rudel dort ausgezogen war, wölbte eine blonde Augenbraue. »Man erkennt das Haus kaum wieder.«
Lady Maccon gab keine Antwort, denn ein Vampir kam die Treppe herunter und glitt auf sie zu.
»Guten Abend, Dr. Caedes.«
»Lady Maccon.« Dr. Caedes war ein dünner, hagerer Mann. Sein Haaransatz war schon zurückgewichen, als man ihn verwandelt hatte, und sein Interesse galt – anders, als sein Titel vermuten ließ – technischen Dingen, nicht der Medizin.
»Sie kennen natürlich Major Channing?«
»Wir sind uns möglicherweise schon einmal begegnet.« Der Doktor neigte leicht den Kopf. Weder lächelte er, noch zeigte er seine Fangzähne.
Ah , dachte Alexia, wir sollen also mit Respekt behandelt werden. Wie drollig. »Mein Gatte wäre Ihrer Aufforderung ebenfalls nachgekommen, aber dringende Geschäfte erforderten seine Aufmerksamkeit.«
»Ach?«
»Eine Familienangelegenheit.«
»Ich hoffe doch, es ist nichts Ernstes?«
Alexia spielte diese Spielchen mit sicherer Souveränität. Sie war schon eine geraume Weile Mitglied im Schattenkonzil und beherrschte die hohe Kunst, über Angelegenheiten von großer Wichtigkeit zu reden und dennoch nichts Bedeutsames verlauten zu lassen. »Eher unangenehm, nehme ich an. Sollen wir fortfahren?«
Dr. Caedes gab nach, da er sich an die Regeln der Höflichkeit halten musste, die er und seine Art der Gesellschaft untergeschoben hatten. »Natürlich, Mylady. Wenn Sie bitte folgen würden? Die Countess erwartet Sie im Blauen Salon.«
Wie sich herausstellte, war der Blaue Salon jener Raum, der ehemals die umfangreiche Bibliothek des Woolsey-Rudels beherbergt hatte. Alexia versuchte, sich ihren Kummer über die Zerstörung ihres liebsten Rückzugsorts nicht anmerken zu lassen. Die Vampire hatten die Bücherregale aus Mahagoni und die Ledersessel hinausgeschafft und die Wände mit himmelblau und cremefarben gestreiften Tapeten bekleben lassen. Die Möbel waren allesamt cremefarben, mit einem entschieden orientalischen Einfluss und, sofern sich Alexia nicht sehr täuschte, Originale von Thomas Chippendale.
Countess Nadasdy saß auf gekonnt arrangierte Weise auf einer Fenstersitzbank drapiert. Sie trug ein äußerst modisches und außergewöhnlich aufwendiges moosgrünes Empfangskleid mit zartblauen Details, dessen Rock so eng nach hinten gerafft war, dass Lady Maccon sich fragte, ob die Königin damit eigentlich in der Lage war umherzugehen, und die Ärmel waren so eng, dass stark zu bezweifeln war, dass die Vampirin überhaupt noch die Arme heben konnte. Biffy hatte versucht, Alexia derlei Absurditäten unterzujubeln, allerdings nur ein einziges Mal, dann hatte sie ihm klargemacht, dass die Beweglichkeit nicht dem Geschmack geopfert werden durfte, ganz besonders nicht, wenn man ein Kind wie Prudence umherflitzen hatte. Woraufhin Biffy stattdessen gewagt fließende Schnitte mit fernöstlichem Einfluss für seine Herrin aufgetrieben hatte.
Die Countess hatte die üppige Figur eines Milchmädchens, das sich zu großzügig an den sahnigen Erzeugnissen ihrer Arbeit gelabt hatte, was ganz und gar nicht für den Stil des Kleides geeignet war. Alexia hätte niemals ein Wort darüber verloren, aber sie erschauderte bei dem Gedanken, was Lord Akeldama von einer solchen Figur in einer solchen Tracht gehalten hätte. Sie beabsichtigte natürlich, es ihrem lieben Freund so bald wie möglich in allen Einzelheiten zu beschreiben.
»Ah, Lady Maccon, bitte kommen Sie doch herein.«
»Countess Nadasdy, wie geht es Ihnen? Wie ich sehe, arrangieren Sie sich mit dem Leben auf dem Lande.«
»Ein Mädchen mit einem so unbefleckten Wesen, wie ich es bin, hat gegen das Landleben nichts einzuwenden.«
Dass die Countess die Worte unbefleckt und Mädchen benutzte, um sich selbst damit zu beschreiben, verschlug Alexia einen Augenblick lang die Sprache.
Die Vampirkönigin löste den Blick von Lady Maccons schlecht verhohlener Fassungslosigkeit. »Danke, Dr. Caedes. Sie können uns jetzt allein lassen.«
»Aber, meine
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