Sengendes Zwielicht - Lady Alexia 05
Sie verlangt, dass ich nach Ägypten reise, mit meiner Tochter, und das auf eine Laune von Königin Matakara hin?« Lady Maccon war von dem Interesse einer solch illustren Person vielleicht nicht ganz so beeindruckt, wie sie sein sollte.
»Ja, aber sie würde es vorziehen, wenn der Grund für Ihre Reise nicht öffentlich bekannt würde.«
»Sie will also, dass ich mit meiner Tochter unter einem Vorwand nach Ägypten reise? Sie haben aber doch wohl von den Eskapaden meiner Tochter gehört, oder?«
»Ja.«
Alexia stieß frustriert den Atem aus. »Sie verlangt nicht gerade wenig.«
»Hier.« Die Countess reichte ihr ein Schreiben.
Die Anfrage – oder besser gesagt: der Befehl – war sehr gestelzt formuliert, was vermuten ließ, dass die Muttersprache des Verfassers nicht Englisch war.
Verärgert blickte Alexia von dem Pergament auf. »Warum?«
»Weil sie es wünscht , natürlich.« Offensichtlich konnte die Königin Matakara aufgrund ihrer gesellschaftlichen Stellung entsprechende Macht auf die Countess ausüben, so wie etwa die Königin von England auf die Duchess von Devonshire.
»Nein, was ich wissen möchte, ist: Wie soll ich glaubhaft machen, dass ich mich mit den Unannehmlichkeiten einer solchen Reise belaste?«
»Ach ja, die Außernatürlichen, immer so praktisch veranlagt.« Ein Lächeln huschte über das Gesicht der Countess. »Wie ich hörte, soll Ägypten zu dieser Jahreszeit ganz reizend sein, außerdem glaube ich, dass es da noch etwas gibt, das Sie übersehen haben.«
Alexia las den Brief erneut und drehte ihn dann um. Auf der Rückseite stand ein Postskriptum. »Ich glaube, Ihr Gatte vermisst einen Werwolf. Und Sie vermissen einen Vater. Ich kann Ihnen bei beiden Problemen behilflich sein.«
Alexia faltete das Pergament vorsichtig zusammen und steckte es in ihr Retikül. »Ich bereite mich umgehend auf die Abreise vor.«
»Meine liebe Lady Maccon, ich ahnte, dass Sie so handeln würden.« Die Countess sah höchst zufrieden mit sich aus.
Spöttisch verzog Alexia das Gesicht. Nichts war ärgerlicher als ein selbstzufriedener Vampir, was in Anbetracht dessen, dass es offenbar ihr natürlicher Zustand war, einiges über Vampire aussagte.
Ein gewaltiger Tumult draußen im Korridor ließ auf irgendeine Art von Notfall schließen. Es gab eine Menge Geschrei, dann hämmerte jemand mit der Faust gegen die Tür zum Blauen Salon.
»Ich hatte Anweisung gegeben, nicht gestört zu werden!«, schrie die Königin, von der Unterbrechung dazu bewegt, ihrem Ärger Luft zu machen, wenn auch nicht dazu, sich tatsächlich … nun ja, zu bewegen.
Besagte Anweisung wurde allerdings eindeutig missachtet, denn die Tür flog auf, und herein stürzten Dr. Caedes, Major Channing und Madame Lefoux. Zwischen sich trugen sie eine erlesen schöne junge Frau mit schwarzem Haar, deren Augen geschlossen und deren Glieder beunruhigend schlaff waren. Ihre Vollkommenheit wurde von einer klaffenden Wunde am Hinterkopf verunstaltet, die sehr stark blutete.
»Also wirklich! Ich habe dieses Zimmer gerade erst renovieren lassen«, sagte Countess Nadasdy.
4
Mehrere unerwartete Vorkommnisse und Tee
E s ist Asphodel, meine Königin. Ein Reitunfall.«
Die Vampirkönigin winkte sie mit zwei Fingern herbei. »Bringt sie zu mir.«
Die drei trugen die Drohne zu ihrer Herrin. Der Atem des Mädchens ging flach, und sie bewegte sich nicht.
»Tote Drohnen sind so lästig«, beklagte sich die Countess. »Ganz zu schweigen von den Schwierigkeiten, einen angemessen passenden, kompetenten und attraktiven Ersatz zu finden.«
»Ich denke, Sie sollten den Biss versuchen, meine Königin«, schlug Dr. Caedes vor.
Skeptisch sah ihn Countess Nadasdy an. »Das denken Sie, ja, Doktor? Nun, es ist schon eine Weile her, seit ich dieses Risiko eingegangen bin.«
Die Tür flog ein weiteres Mal krachend auf, und Mabel Dair erschien, prächtig anzusehen in einem bronzefarbenen Reitkleid mit roten Bordüren. Die Schauspielerin rauschte ins Zimmer. »Wie geht es ihr?«
Miss Dair tänzelte über den flauschigen Teppich und sank dann neben Countess Nadasdy und der verletzten Drohne auf die Knie. »O arme Asphodel!«
Alexia musste der Schauspielerin einfach Anerkennung für diese bewegende Vorstellung zollen.
Madame Lefoux beugte sich zu Miss Dair hinunter und drückte ihr beruhigend die Schultern. »Kommen Sie, chérie .Wir können jetzt nichts für sie tun.«
Mabel ließ sich sanft auf die Beine helfen und von der Vampirkönigin fortziehen.
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