Sengendes Zwielicht - Lady Alexia 05
wie heftig sie reagieren würde und dass sie es Lord Maccon auf die schlimmstmögliche Weise vortragen wird.«
»Es ist gut möglich, dass Sie ein ziemlich böser Mensch sind«, sagte Biffy mit resigniertem Tonfall.
»Immer ist Alexia besser und klüger und auf ihre Art etwas Besonderes. Alexia, die einen Earl geheiratet hat. Alexia, die die Königin besucht. Alexia, die in der Stadt lebt. Alexia mit einem Kind. Wer bin ich, dass ich von meinem Riesentrampel von einer Schwester in den Schatten gestellt werde? Warum ist sie so wunderbar? Sie ist nicht hübsch. Sie ist nicht begabt. Sie hat keine meiner feineren Eigenschaften.«
Biffy konnte so viel Engherzigkeit kaum fassen. »Sie haben das hier getan, um die Ehe Ihrer Schwester zu zerstören?«
»Alexia hat dafür gesorgt, dass ich zwei Jahre lang nach Europa ins Exil gehen musste! Jetzt bin ich zu alt für den Heiratsmarkt. Aber was kümmert sie sich schon um meine Probleme? Sie ist gut situiert. Die Frau eines Earls! Sie hat nichts von alldem verdient! Das alles sollte mir gehören!«
»Also, Sie abscheuliche kleine Kreatur!«
»Keine Ehefrau sollte ihrem Mann ein solches Geheimnis vorenthalten«, wollte sich Felicity moralisch rechtfertigen.
»Und haben Sie keinen Gedanken daran verschwendet, was das Professor Lyall oder diesem Rudel antun würde?«
»Was kümmert mich ein bürgerlicher Professor oder eine Schar von Werwölfen?«
Plötzlich konnte Biffy es nicht einmal mehr ertragen, das Mädchen auch nur anzusehen. »Hinaus!«
»Was?«
»Hinaus aus meinem Haus, Miss Loontwill. Und ich hoffe, Sie niemals wiederzusehen!«
»Ihre schlechte Meinung über mich kümmert mich ebenso wenig, Mr Rabiffano. Sie sind nur ein einfacher Hutladenbesitzer und rangniedriger Werwolf.«
»Meine Meinung mag Sie zwar nicht kümmern, Miss Loontwill, aber ich genieße immer noch die Freundschaft von Lord Akeldama, und ich werde dafür sorgen, dass er erfährt, was Sie getan haben. Lady Maccon ist eine sehr gute Freundin von ihm, und er wird dafür sorgen, dass Sie für diese Sache von der höflichen Gesellschaft geächtet werden. Seien Sie versichert, Miss Loontwill, Sie werden eine gesellschaftliche Ausgestoßene sein. Ich rate Ihnen, bereits Ihre Auswanderung zu planen. Vielleicht nach Amerika. Sie werden in keinem Salon Londons mehr willkommen sein.«
»Aber …«
»Guten Abend, Miss Loontwill.«
Biffy wusste zwar nicht, welchen Nutzen es haben könnte, aber es war Viertelmond, und das reichte ihm, um sich ohne Schwierigkeiten verwandeln zu können, ohne dass er die Kontrolle über sich verlieren würde. Ohnehin passierte ihm das nicht mehr oft. Er wurde immer besser, sich zu verwandeln, es war beinahe, als gewöhne man sich an einen neuen Haarschnitt oder eine neue Halsbinde. Es schmerzte immer noch mehr als alles andere auf der Welt, was es weniger halsbindenähnlich machte, aber er blieb mittlerweile er selbst, wenn er Wolfgestalt annahm.
Er hatte nur einen einzigen Vorteil gegenüber Lady Kingair. Er wusste, wo sich Professor Lyall vermutlich aufhielt, und musste ihn nicht erst in der ganzen Stadt suchen. Also rannte er auf direktem Weg dorthin, ein schlanker, schokoladenbrauner Wolf mit ochsenblutrotem Bauchfell und einer gewissen Marmorierung am Hals, die, wie Lady Maccon so liebenswürdig bemerkt hatte, beinahe wie eine Halsbinde aussah. Er huschte durch die Hinterhöfe und Seitenstraßen. Der Großteil von London wusste, dass ein Werwolfrudel im Zentrum der Stadt wohnte, aber es war immer noch ein Unterschied, es zu wissen oder sich bei seinem Abendspaziergang einem Wolf von Angesicht zu Angesicht gegenüberzusehen. Dennoch begegnete er einer Gruppe von unternehmungslustigen Zechern, die alle höflich den Hut lüpften, als er an ihnen vorbeilief.
Das »Bureau of Unnatural Registry« – das »Büro zur Registrierung Unnatürlicher« –, kurz BUR genannt, nahm die ersten Stockwerke eines unauffälligen Hauses aus der Zeit von König George in der Nähe der Büros der London Times in Anspruch und hielt sich wie alle halbgeheimen Regierungsoperationen für gewöhnlich ziemlich bedeckt. An diesem Abend allerdings war selbst außerhalb des Gebäudes deutlich zu erkennen, dass etwas vor sich ging. Wenn nicht die hellen Lichter und sich schnell bewegenden Schatten bereits darauf hingedeutet hätten, dann die Schreie, die selbst für normale menschliche Ohren laut genug waren. Ganz zu schweigen davon, dass die Vordertür weit offen stand und schief in den
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