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Sengendes Zwielicht - Lady Alexia 05

Sengendes Zwielicht - Lady Alexia 05

Titel: Sengendes Zwielicht - Lady Alexia 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gail Carriger
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Hungers griff Biffy zuerst nach einer Decke und zog sie der Schicklichkeit halber über seine untere Körperhälfte.
    »Guter Junge, dieser Haverbink«, merkte Lyall an, während er in ein Kotelett biss. Er reichte Biffy ein anderes, und Biffy legte die Hälfte seiner Decke fürsorglich um Lyall, wobei er bemerkte, dass Professor Lyall sehr schöne Oberschenkel hatte.
    Biffy nahm das Fleisch dankbar an und wünschte sich, Messer und Gabel zu haben. Und einen Teller, wenn er schon dabei war. Aber das Fleisch roch so gut, also wandte er sich ein wenig zur Seite, damit die anderen nicht sehen konnten, wie er geziert hineinbiss.
    Lady Kingair bedachte den Beta mit einem langen Blick, als er ihr das letzte Kotelett anbot, und nahm es dann mit einem gemurmelten »Danke« entgegen. Ohne Rücksicht auf irgendjemandes Zartgefühl machte sie sich über das blutige Fleisch her.
    Lyall sah Biffy mit einem eigenartigen Ausdruck in den haselnussbraunen Augen an. »Biffy, mein lieber Junge, wann haben Sie gelernt, derart zu kämpfen?«
    »Äh, was meinen Sie damit, Professor?«
    »Sie wussten, wer Sie sind, wer ich bin und weshalb wir kämpfen.«
    »Ist das nicht normal, wenn man die Verwandlung beherrscht?«
    »Du meine Güte, nein! Es ist sehr selten, dass ein Wolf mit Verstand kämpft. Alphas tun das natürlich. Und ein paar glückliche Betas. Und einige der ältesten Rudelmitglieder. Aber alle anderen folgen ihrem Instinkt. Es ist eine Gabe. Ich bin stolz auf Sie.«
    Biffy konnte spüren, wie er errötete. Noch nie zuvor hatte er ein Kompliment von Professor Lyall erhalten, nicht einmal in Bezug auf seine modische Kleidung.
    »Ach, wie süß!« Lady Kingair verzog angewidert die Lippen. »Aber vielleicht könnten die Komplimente warten, bis Sie mir eine Erklärung gegeben haben, Beta .«
    Lyall beendete seine Mahlzeit und ließ sich gegen einen umgestürzten Stapel von Metalltafeln sinken. Biffy stützte sich auf einen Ellbogen, um Lady Kingair anzusehen, dabei schmiegte er den Rücken leicht gegen die Beine seines Betas und fand Trost in der Berührung. Die Alpha zog sich an einer mächtigen Munitionskiste in aufrecht sitzende Position. Sie sah müde, aber noch immer wütend aus. Alle starrten sie einander an.
    Schließlich ergriff Professor Lyall das Wort: »Ich gestehe, ich habe die Sache nicht aus Ihrer Sicht betrachtet, Mylady. Und dafür möchte ich mich aufs Aufrichtigste entschuldigen. Aber Sie haben keine Vorstellung davon, wie er war. Keine Vorstellung.«
    Sidheag Maccon sah ihrem Urururgroßvater sehr ähnlich, als sie sich den letzten Bissen in den Mund schob und den Beta mit zornigen Blicken bedachte. Als sie fertig gekaut hatte, sagte sie großmütig: »Ich weiß, dass er verrückt wurde. Ich weiß, dass er gewalttätig war. Aber ich denk nich’, dass das eine Entschuldigung is’.«
    »Er hat Alessandro getötet.«
    » Aye, Sie haben jahrelang Ihre Rache geplant. Und sie schließlich auch bekommen. Aber auf meine Kosten. Auf Kosten meines armen Gramps. Er war glücklich in Schottland. Welcher Werwolf möchte nach England, wenn er über das wogende Grün der Lowlands laufen kann? Sie haben ihn gegen seinen Willen fortgeholt. Gegen unseren Willen.«
    Der Beta angelte nach einem Blatt Papier und wischte sich damit wie mit einem Taschentuch das Blut von den Händen. »Ich lieferte die Versuchung. Ihr Rudel hätte ihr nicht nachzugeben brauchen.«
    »Das reicht mir nich’, Randolph Lyall. Das reicht mir nich’.«
    Professor Lyall holte tief Luft, wie um sich Mut zu machen. Biffy spürte eine sanfte Berührung an der Schulter, und als er den Kopf wandte, sah er, dass sich der Beta an ihn lehnte. »Sie hätten nicht zu kommen brauchen, Welpe, obwohl ich froh bin, dass Sie es getan haben. Aber ich wünschte wirklich, Sie müssten nicht mit anhören, was jetzt kommt.«
    Doch Biffy hörte es, jedes schreckliche, grausige und abstoßende Detail, als Professor Lyall erzählte, wie das Leben unter Lord Woolsey gewesen war. Ihm als Beta zu dienen, war erniedrigend gewesen – fünfeinhalb Jahre lang. Lyalls Gesicht war völlig ausdruckslos, während er die Einzelheiten darlegte, doch Biffy begann leise zu weinen und wünschte sich tatsächlich, es nicht mit anhören zu müssen, während ein Großteil von Lady Kingairs Wut verrauchte. Sie begriff, dass sich Lyall in einer Situation befunden hatte, aus der es keinen anderen Ausweg gegeben hatte als den, den er genommen hatte. Aber sie konnte ihm immer noch nicht verzeihen,

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