Sengendes Zwielicht - Lady Alexia 05
zu genießen, das man nur darin finden konnte, die Einsamkeit eines anderen zu lindern.
Als Lyall der Länge nach an ihn gekuschelt lag und die Nase an seinen Hals schmiegte, dachte Biffy, dass sie gut zusammenpassten. Weniger wie ähnliche Farben als vielmehr aufeinander abgestimmt, mit Lyall als ein neutrales Cremeweiß und Biffy ein Königsblau. Doch derartige romantische Luftschlösser sprach er nicht aus. Stattdessen stellte er eine pragmatischere Frage.
»Hast du wirklich vor, Beta von Kingair zu werden, nach allem, was du für dieses Rudel geopfert hast?«
»Ich habe etwas wiedergutzumachen.« Lyall hielt in seinen Liebkosungen nicht inne.
»So weit fort von London?« So weit fort von mir?
»Es ist ja nicht für immer. Aber ich werde zumindest so lange fortbleiben müssen, bis sich Lord Maccon zur Ruhe setzt.«
Biffy war am Boden zerstört. Er hörte auf, das Haar an Lyalls Schläfe zu glätten. »Zur Ruhe setzen? Und dann nicht mehr Alpha ist?« Als wäre es ein Posten in einer Handelsfirma? »Denkst du, es ist wahrscheinlich, dass er so etwas tun würde?«
Lyall lächelte. Biffy konnte die Bewegung seiner Wange an seiner Brust spüren. »Ach, Biffy, denkst du, Lord Maccon weiß nicht, welches Schicksal Alphas erleiden, die zu alt werden?«
Vor Entsetzen fuhr sich Biffy mit der Hand an die Kehle. Eine solche Aussage ließ nur eine einzige mögliche Schlussfolgerung zu. Lord Maccon beabsichtigte, sich selbst zu entleiben, bevor er wahnsinnig wurde. »Arme Lady Maccon!«, flüsterte er.
»Na, na, nur keine Sorge. Ich denke nicht, dass es schon so bald sein wird. In ein paar Jahrzehnten oder später. Du musst wirklich lernen, wie ein Unsterblicher zu denken, mein süßer Biffy.«
»Wirst du dann wieder hierher zurückkommen?«
»Ich werde es versuchen.«
»Also müssen wir warten, bis Lord Maccon stirbt? Wie makaber.«
»Oft überleben wir Unsterbliche den Tod derer, die uns nahestehen, das wirst du noch feststellen. Aber wir haben noch ein wenig Zeit, bevor unsere Alphas zurückkehren.« Und damit küsste er Biffy sanft auf den Hals.
»Dann sollten wir auf keinen Fall Zeit verschwenden.«
Aus diesem Grund verpasste Biffy leider auch das letzte Zeitfenster, um eine Nachricht per Flugpost an Lady Maccon zu schicken und sie vor Lady Kingairs Brief an Lord Maccon zu warnen. Was auch der Grund war, weshalb er sich einer viel blumigeren Sprache bediente als angemessen, als ihm klar wurde, dass er den Zeitplan geradezu königlich vermasselt hatte und erst nach ihrer Ankunft in Alexandria wieder Gelegenheit haben würde, seine Herrin erneut zu kontaktieren.
Die Zeit, so erkannte er, konnte extrem gegen einen arbeiten, selbst wenn man theoretisch alle Zeit der Welt besaß.
10
Unsere unerschrockenen Reisenden reiten auf Eseln
E s war am Sonntag zur Teestunde an Bord des Schiffes, und die Tunstells hatten sich dazu überreden lassen, im Speisesaal unter stürmischem Applaus und mit großer komödiantischer Wirkung ihre Version von Macbeth aufzuführen, als der Hafen von Alexandria in Sicht kam. Zehn Tage in enger Vertraulichkeit lassen Fremde, die miteinander reisen, freundlicheren Umgang miteinander pflegen, als es eine ganze gesellschaftliche Saison in der Stadt vermochte. Alexia war sich nicht sicher, was sie von einer solchen Vertraulichkeit halten sollte, immerhin führte sie zu hausgemachten Theateraufführungen bei Tisch , aber den anderen Passagieren gefiel es.
Ivy trug ein geschnürtes mittelalterliches Kleid und eine blonde Perücke von epischem Ausmaß und verlottertem Zustand und beklagte ihre blutbefleckten Hände – Rote-Beete-Saft von einem äußerst exzellenten Gemüseeintopf. Sie gab in der Tragödie ihr Bestes, mit einer ziemlich fehlgeleiteten und entschieden impressionistischen Interpretation der berühmten Dolchszene. Tunstell hing lang ausgestreckt über einer Topfpflanze rechts der Bühne – eigentlich der Durchgang zur Küche. Mr Tumtrinkle, der einen gewaltigen falschen Schnurrbart und eine so enge Weste trug, dass sie über seinem Leibesumfang beinahe aufplatzte, trippelte auf Zehenspitzen über die »Bühne«, trug eine weitere Topfpflanze – Macduff mit dem Wald von Birnam – und schwang ein Baguette als Schwert.
Die Tischgäste waren völlig gefesselt. Besonders von den Possen der Bedienungen, die sich beladen mit Scones und Marmelade durch die sich zuspitzende Kampfszene schlängeln mussten.
So war es kein Wunder, dass sich Alexandria völlig unbemerkt an sie
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