Sengendes Zwielicht - Lady Alexia 05
Darüber rätselte Alexia nur einen kurzen Augenblick, bis ihr klar wurde, dass Biffy herausgefunden hatte, dass sich die Gottesbrecher-Plage ausdehnte und diese Ausweitung vor etwa fünf Jahrzehnten angefangen hatte. Eine Tatsache, die bestätigte, was sie und Conall vermutet hatten. Sie wünschte, sie hätte gewusst, wie sehr und mit welcher Geschwindigkeit, schätzte jedoch, dass es ziemlich beträchtlich sein musste, wenn Biffy es für wichtig genug hielt, es ihr mitzuteilen. Außerdem hatte Biffy ihr einen Zeitrahmen gegeben – fünfzig Jahre.
Was ist vor fünfzig Jahren in Ägypten passiert? Das muss etwas mit Matakaras Vorladung zu tun haben. Aber was kann ich ausrichten? Oder Prudence? Keine von uns beiden kann eine Plage aufhalten.
Da es Biffy gelungen war, das Ausmaß der Ausdehnung zu ermitteln, fragte sich Alexia, ob er außerdem auch ein mögliches Zentrum eruiert hatte. Wenn die Plage weit genug nach Alexandria eindringt, wird Königin Matakara schwärmen müssen.
Doch konnte ein Vampir in ihrem Zustand, an einen Stuhl gefesselt, das Leben nach dem Tode durch künstliche Substanzen verlängert, überhaupt schwärmen? Je älter eine Königin war, so hatte Alexia einmal gehört, umso kürzer war der Zeitraum, der ihr zum Schwärmen zur Verfügung stand. War Matakara schlicht und ergreifend zu alt, um überhaupt noch dazu in der Lage zu sein? Hatte sie die Fähigkeit dazu verloren?
Von diesen Gedanken beunruhigt hätte Lady Maccon beinahe nicht bemerkt, dass da noch ein zweites Blatt Papier mit einer weiteren Botschaft war.
Sie lautete: »Lady K kennt PL Vergangenheit. Schrieb Lord M.«
Alexia Maccon spürte, wie ihr das Herz in unmittelbare Nachbarschaft ihres Magens rutschte, wo es nicht wenig Aufregung verursachte. Ihre Wangen kribbelten, als ihr das Blut aus dem Gesicht wich, und sie war sich sicher, wäre sie die Sorte Frau gewesen, die dazu neigte, in Ohnmacht zu fallen, hätte sie es hier und auf der Stelle getan. Doch das war sie nicht, also geriet sie stattdessen in Panik.
Die Nachricht war zwar kryptisch, so viel war sicher, aber sie konnte nur eines bedeuten. Lady Kingair hatte irgendwie herausgefunden, dass Professor Lyall den Attentatsversuch des Kingair-Rudels angezettelt hatte, und sie hatte Conall geschrieben, um ihn über Lyalls doppeltes Spiel in Kenntnis zu setzen. Das an sich hätte Alexia nicht derartig aufgewühlt. Nur hatte sie natürlich ebenfalls davon gewusst und diese schreckliche Angelegenheit vor ihrem Ehemann geheim gehalten. Ein ehelicher Verrat, von dem sie gehofft hatte, dass er zu ihren Lebzeiten nicht ans Licht kommen würde. Bestimmt würde es Conall äußerst schwerfallen, ihr eine solche Täuschung zu verzeihen.
In diesem Augenblick erinnerte sich Lady Maccon an den unschuldigen kleinen Brief, den mit der Handschrift, die sie nicht erkannt hatte, und den sie am Abend zuvor vom Hotelangestellten entgegengenommen und Conall auf den Nachttisch gelegt hatte, da sie ihn für eine Nachricht von einem seiner BU R -Agenten gehalten hatte.
»O du gütiger Himmel!«, schrie sie auf. Hastig zerknüllte sie die kleinen Zettel in ihrer Hand und rannte ohne ein weiteres Wort hinaus. Der überraschte Angestellte hatte nicht einmal mehr die Zeit, ihr einen guten Abend zu wünschen, sondern konnte sich nur noch vor ihrer verschwindenden Rückansicht verbeugen.
»Ivy! Mrs Tunstell! Ivy! Wir müssen auf der Stelle zum Hotel zurück!«, brüllte Alexia beim Verlassen des Gebäudes.
Aber Ivy und die Kinder, die es leid geworden waren, auf der Straße zu warten, waren eifrig damit beschäftigt, die exotische Welt um sie herum zu erkunden. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite erzählte ein kleines altes Weib mit schwarzem Gewand und beinahe bis zur Unkenntlichkeit verrunzeltem Gesicht einem äußerst dankbaren Publikum eine lebhafte Geschichte. Die Menge machte bereitwillig mit und reagierte auf ihre Worte mit aufgeregten Ausrufen. Ivy befand sich unter den Zuschauern, mit Primrose auf dem einen Arm und Percival auf dem anderen. Hinter ihr standen das Kindermädchen und der Esel mit Ivys Sonnenschirm und den Hüten der Kinder. Prudence allerdings war nirgends zu entdecken.
Von zusätzlicher Panik ergriffen rannte Alexia hinüber, wobei sie nur knapp einem Zusammenstoß mit einem Karren voller Orangen entging. Aufgebracht rief der Verkäufer ihr Unflätigkeiten hinterher, worauf Alexia ihm mit erhobenem Sonnenschirm drohte.
»Ivy, Ivy, wo ist Prudence? Wir müssen auf der
Weitere Kostenlose Bücher