Sense
energisch stoppte. Da hatten schon andere vor ihm draufrumgeklopft, die letzten Tage und Nächte.
»Da ist sie«, keuchte er und scharrte mit den Hufen vor Aufregung.
Mich überkam die gewohnte adrenalingesteuerte, heißkalte Konzentration, die jeden Gedanken an Risiken und Möglichkeiten des Scheiterns durch den Drang zu handeln ersetzte.
Das zweiflügelige Stahltor war mit einem stabilen Überwurfriegel gesichert, der von einem nagelneuen, mächtigen Vor-hängeschloss arretiert wurde. Kein wirkliches Problem, trotzdem rührte ich es nicht an. Da war ein kleiner Scannerstreifen neben dem Schloss. Das bedeutete, jemand mit blauer Uniform und einem Funkgerät sorgte sich um sein Wohlergehen.
Im Durchgang nur glatte Mauer ohne Öffnung.
Auf der Rückseite passierten wir eine kleine, sehr solide wirkende Holztür und tasteten uns die Fassade entlang, bis wir von einer stacheldrahtbewehrten Mauer gestoppt wurden. Das war's dann mit dem Abzirkeln.
Ein einziges Fenster blickte auf uns herunter, vergittert und obendrein, wie ich von Scuzzis außerordentlich schwankender Schulter aus feststellte, von innen mit einem Stahlspind verstellt. Das ist saublöd. Erst mühst du dich mit dem Gitter ab, dann musst du die Scheibe zerdeppern, und schließlich fällt dir, wenn du Pech hast, beim Versuch des Verrückens der Spind um und weckt das komplette Viertel auf.
Blieb das Türchen. Es lag dem Stahltor direkt gegenüber und wirkte, überzogen von staubigen Spinnweben und mit zwei Zentnern Laub um die Füße, als hätte es die letzten zwanzig Jahre keiner mehr geöffnet. Wozu auch, führte es doch nur auf den Gleiskörper.
Ein Schieberiegel mit einem verrosteten Schloss sollte Amateureinbrechern ein wenig die Zeit vertreiben. Bis ihnen schließlich aufginge, dass der Riegel auf der Innenseite noch drei muskulöse Brüder hat und sie entmutigt das Weite suchen.
Ich lächelte sanft. Schnippte mit dem Finger, und mein Assistent legte mir das Brecheisen in die offene Linke. Der Kuhfuß passte genau zwischen Türe und Zarge. Mein Assistent legte mit Hand an. Wir lauschten einen Moment lang - alles war ruhig -, dann zogen wir ruckartig.
Mit dem Knirschen splitternden Holzes und einem kleinen Knall brach die obere Angel aus dem Rahmen. Wir hielten inne. Spätestens jetzt hätte sich etwas rühren müssen. Eine Alarmanlage, eine empörte Stimme, das Ratschratsch einer durchgeladenen Pumpgun.
Hinten, auf der Duisburger Straße, jaulte eine Sirene vorbei. Scuzzi sah mich fragend an, und ich schüttelte beruhigend den Kopf.
»Wenn sie zu einem Einbruch gerufen werden, kommen sie ohne Geheul.« Waren sie zumindest damals, als sie mich gehustet hatten.
Kuhfuß noch mal angesetzt, noch mal gelauscht, noch mal ruckartig gezogen, und die Türe stand einen Spalt weit offen. Der Triumph gebrochenen Widerstands löst immer einen kleinen Machtrausch aus. Die Prinzessin war unser!
Ihrer Scharniere beraubt, saß die Türe auf dem Boden auf, und ich musste die Schulter dagegenstemmen, um Platz zum Hindurchquetschen zu schaffen. Drinnen knipste ich die Taschenlampe an und hielt sie, und sei es nur aus professioneller Eitelkeit, kurz auf die Innenseite der Türe. Drei fette Riegel, alle zu. Ich grinste mir eins. Da hätten wir bis morgen früh drangesessen. Ich grinste immer noch, als der Lampenschein flüchtig über einen lautlosen Schatten streifte, der sich aus dem Dunkel heraus mit einem gierig geöffneten Maul voller langer, scharfer Reißzähne auf meine Kehle zukatapultierte.
»Die frühen Gehversuche des späteren >Scuzzi the Kid<«, war das Erste, was wieder an meine Ohren drang, kaum dass der dumpfe Knall des Schusses verhallt war. Zitternd, schlotternd hielt ich meinen linken Arm, der erste Signale wirklicher Pein zu senden begann. Die Taschenlampe war mir runtergefallen, als ich ihn hochriss, um meine Kehle zu schützen, und in ihrem Schein wälzte sich ein Dobermann, kroch immer mal wieder ein Stückchen auf das große Tor zu, als erhoffe er sich da Hilfe, Erlösung, und gab schreckliche, winselnde, leidende Geräusche von sich. Krämpfe jagten durch den schwarzen Körper und die bis zum Anschlag aufgerissene Schnauze mit dem gebleckten, Angst einflößenden Gebiss wirkte, als versuche sie, unter furchtbarer Anstrengung die eigene Zunge auszuspucken. Mir wurde übel.
Was vor Sekunden noch eine tödliche Bedrohung dargestellt hatte, war nun zum Format einer schlichten, sterbenden Kreatur geschrumpft, die solche Qualen ausstand,
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