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Sensenmann

Sensenmann

Titel: Sensenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clausia Puhlfürst
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sie gekommen war.

    »Trinkst du einen Kaffee mit mir?« Jo nahm seine Kameraausrüstung von der Schulter und legte sie auf eine Ecke von Laras Schreibtisch.
    »Gern.« Im Aufstehen erhaschte sie Toms argwöhnischen Blick. Er schien sie auf dem Weg in die kleine Küche zu verfolgen.
     
    »Na, wie stehen die Aktien?« Jo hielt die bauchige Tasse mit beiden Händen umfasst.
    »Alles wie gehabt. Hampenmann spielt den Zirkusdirektor, Hubert ist maulfaul wie immer, Christin habe ich seit einer Woche nicht gesehen, Friedrich qualmt eine nach der anderen, Tom sieht zu, dass er seine Schäfchen ins Trockene bringt, und Isabell ist bald weg.« Lara dachte kurz darüber nach, ob Tom der Praktikantin auch nur eine Träne nachweinen würde, fand den Gedanken dann aber nebensächlich. Es würde sicher bald naiver Nachschub kommen.
    »Ärgert dich dein Kollege immer noch?«
    »Was heißt ›ärgern‹, Jo? Ich werde das Gefühl nicht los, dass er dauernd an meinem Stuhl sägt.«
    »Kannst du das beweisen?«
    »Nicht so richtig.« Sie fasste im Telegrammstil die Ereignisse um die Plattenbauleiche zusammen.
    »Davon habe ich gehört. Der gute Tom macht jetzt sogar die Fotos selbst, hm?«
    »Eines. Weil er gerade ›in der Nähe‹ war, hat er gesagt.«
    »Aha. Ich hoffe nicht, dass der Mann denkt, er könnte ausgebildete Fotografen ersetzen.« Jo goss sich noch eine halbe Tasse nach. »Überlässt du ihm denn nun den Fall?«
    »Er hat ihn doch schon. Ich habe aber trotzdem am Wochenende ein bisschen recherchiert.« Lara dachte an ihre fruchtlosen Versuche, den Jugendlichen in Grünau irgendwelche Informationen zu entlocken, und daran, wie sie entnervt nach Hause gefahren
war. Sie sprach leiser weiter: »Vielleicht finde ich noch etwas Interessantes heraus, was er nicht weiß.«
    »Du lässt dich nicht unterkriegen, was?« Jo zwinkerte wieder und Lara hatte für einen kurzen Augenblick das Gefühl, er flirte mit ihr.
    »Hast du mal wieder was von Mark gehört?« Der Fotograf hatte den Psychologen letztes Jahr bei der gemeinsamen Jagd auf den Serienmörder Martin Mühlmann, der auch Lara in seinen Fängen gehabt hatte, kennengelernt.
    »Wir telefonieren fast jede Woche.« Lara fiel wieder ein, dass sie ihre neuen »Halluzinationen« mit Mark besprechen wollte. Draußen klapperten leise die Tastaturen. Irgendwo klingelte ein Telefon. Sie stellte ihre leere Tasse in die Spüle.
    »Hi, Lara! Hi, Jo!« Isabells Stilettos klapperten im Takt zu ihren Worten über die Bodenfliesen. »Wir gehen jetzt was essen!«
    »Wer ist wir?« Lara beobachtete, wie Jo den kurzen Rock der Praktikantin musterte, und verkniff sich ein Grinsen.
    »Ich und Tom.«
    »Na dann, guten Appetit!« Der Esel nannte sich immer zuerst. Isabell und Tom gingen gemeinsam essen, wie könnte es anders sein. Und als Nachtisch gab es dann ein schnelles Nümmerchen auf der Damentoilette.
    »Wollen wir zwei auch etwas essen gehen?« Lara hörte Jos Frage, sah sich selbst mit dem Fotografen in einer Toilettenkabine, spürte Hitze von ihrem Hals nach oben steigen und wandte sich ab. »Gern. Ich spül das hier nur schnell ab.«
    »Dann lade ich eben noch die Fotos von dem Auffahrunfall auf der Autobahn herunter.« Jo verschwand aus der Küche, und Lara strich sich mit dem nackten Arm über die Stirn. Das hatte ihr noch gefehlt.
    Anscheinend vermisste ihr Körper Sex. Es waren mittlerweile  – sie rechnete kurz nach  – schon fast elf Monate, seit Peter ausgezogen war.

     
    »So, meine Liebe. Ich verabschiede mich gleich hier.« Jo war vor dem Bistro stehen geblieben und blinzelte in die Sonne. »Hab noch ein paar Außentermine.«
    »Und ich mache mich auf den Rückweg. Nicht dass der Hampelmann auf die Idee kommt, ich dehne meine Mittagspause zu lange aus.«
    »Und was machst du heute noch?«
    »Zuerst rufe ich noch einmal in der Rechtsmedizin an.« Lara spürte die trockene Wärme von Jos Handfläche.
    »Wegen dieser Plattenbauleiche?«
    »Ja. Ich wüsste gern, ob bei der Obduktion noch etwas Interessantes entdeckt wurde, außer der Tatsache, dass der Mann ertränkt wurde.«
    »Er wurde ertränkt ?« Das letzte Wort betonte Jo. »Das hast du vorhin aber nicht erzählt. Ich hatte angenommen, dass das irgendein Penner war. Totgesoffen oder Herzstillstand, so etwas in der Art.«
    »Scheiße.« Lara griff nach Jos Oberarm. »Das ist absolut vertraulich. Ich habe es von einer ›zuverlässigen Quelle‹, wie es so schön heißt. Du musst das für dich behalten, bis die

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