Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
größer wuchs das Verlangen, die Dunkelheit endlich zu verlassen.
Sie erreichten schließlich ein viele Meter hohes und ebenso breites Portal, eine Öffnung in der Felswand, die so aussah, als wäre sie einmal aus dem rohen Fels herausgehauen worden. Durch jene Pforte drang das geheimnisvolle weiße Licht. Eines stand damit auf jeden Fall schon einmal fest: auf der anderen Seite befand sich kein Ausgang aus diesem unterirdischen System aus Höhlen, Schloten und Gängen. Worum es sich bei diesem Licht auch immer handeln mochte, Tageslicht war es mit Sicherheit nicht.
Vor dem Portal blieben sie unschlüssig stehen und sahen einander verdutzt an. Viel hatten sie erhofft, einen Tunnel, der in die Freiheit führte natürlich am meisten, aber nicht so etwas. Der riesige Durchgang sah so aus, als hätte sich einmal vor langer Zeit ein Tor in ihm befunden, das es nun nicht mehr gab. Der Ursprung der Lichtquelle erschien ihnen plötzlich geheimnisvoller als das gesamte Höhlensystem selbst. Krister sah keinen Anlass, in der puren Existenz des Lichtes eine Gefahr zu sehen, also nahm er sich ein Herz und schritt als erster durch die Pforte hindurch. Avalea und Luke zögerten nur einen Atemzug länger.
Vollends überrascht und rundweg sprachlos blieben sie auf der anderen Seite stehen. Weit offen standen ihre Münder, denn was sie zu sehen bekamen, überbot bei weitem jede Vorstellungskraft.
Das gewaltige Gewölbe, das sie betreten hatten, übertraf in seinen Ausmaßen sämtliches bisher Gesehenes. Es war in allen Dimensionen unergründlich. Von ihrem Standort aus konnten sie weder Anfang noch Ende ausmachen. Doch das Außergewöhnlichste stellten die Lichtquellen dar, die das monströse Gewölbe in rein weißem Licht aufs Bizarrste ausleuchteten. Es waren ovale Steine, die sich in allen Größen überall in dem gewaltigen unterirdischen Saal befanden. Sie sprossen in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen aus dem felsigen Boden, hingen in nicht zu erkennender Anordnung offenbar wahllos in den Felswänden, soweit das Auge reichte, und schimmerten als schwache Lichtpunkte von einer sich weit über ihren Köpfen thronenden Decke wie funkelnde Sterne am nächtlichen Firmament. Eine wahrhaft groteske Szenerie, die den drei unfreiwilligen Eindringlingen den Atem raubte und völlig wortlos zurückließ. Noch nie hatten sie so etwas gesehen, geschweige denn von seiner Existenz geahnt. Es war, als hätten sie eine komplett andere Welt betreten.
Krister stand wie angewurzelt da und saugte die neuen Eindrücke wie ein trockener Schwamm Flüssigkeit in sich auf. Woran erinnerte ihn diese Szenerie? Noch bevor er großartig nachdenken konnte, löste sich spontan ein Erinnerungsfetzen aus der Tiefe seines perplexen Gehirns.
Die Sandsteinhöhle in Angmassab! Das Licht aus der Tiefe! Jacks mysteriöse Geschichte von einem Land, in das die Strahlen der Sonne keinen Zugang fanden, ein Land erhellt von… von…
„Sonnensteine“, flüsterte er ergriffen und begann erst jetzt bewusst das soeben Geäußerte wahrzunehmen.
Während Luke nicht darauf reagierte, verhielt es sich mit Avalea anders. Mit einer verblüffend schnellen Bewegung, einer Schlange ähnlich, die auf Beute zustieß, ruckte ihr Kopf herum und mit zu Schlitzen verengten Augen fixierte sie Krister wie einen unerwartet aufgetauchten Feind.
„Woher kennst du dieses Wort?“ zischte sie ihn an. „Sprich!“
Krister musterte sie erstaunt und wusste nicht mehr, was er ungewöhnlicher finden sollte, die unvergleichliche Entdeckung oder Avaleas unvermutete Reaktion auf ein Wort, das er unbeabsichtigt geäußert hatte und ihr nicht gerade fremd erschien. Wieder einmal verwunderte ihn die Skiava aus Laurussia zutiefst.
„Welches Wort?“ Er beschloss, sich fürs erste dumm zu stellen, um herauszufinden, was sie wusste. In seinem Gehirn aber jagte ein Gedanke den anderen. Nur er und Jack konnten diesen Namen kennen, denn nur sie besaßen das Wissen der Ahnen, ein Wissen, das der Menschheit auf Gondwana vor Jahrhunderten geraubt worden war. Die Aufzeichnungen von Radan waren nur ihm, Rob und Jack bekannt, keinem anderen sonst. Dennoch stand vor ihm eine uralte Skiava mit dem Aussehen einer jungen Frau, die mit diesem Begriff etwas anzufangen wusste. Mit der Exklusivität seines Wissens schien es nicht weit her zu sein.
„Du sagtest ‚Sonnenstein’“, wiederholte Avalea ruhig. Tiefes Misstrauen lag jedoch in ihrer Stimme, als sie weitersprach. „Woher weißt du, wie
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