Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
Heranmarschierende Opreju, die einzigen Wesen, die mir in der augenblicklichen Situation gefährlich werden konnten, hätte ich frühzeitig bemerkt. Also nahm ich vor der Feuerstelle Platz und ließ meine Gedanken treiben. Irgendwann bemerkte ich bestürzt, mit dem Sentry Kontakt aufzunehmen zu wollen. Allein schon ihm unterbewusst Fragen gestellt zu haben, ließ mich aufschrecken.
„Jetzt drehst du durch“, hielt ich mir selbst entgegen, aber dennoch weiterhin versteckt auf Antworten wartend. Antworten, die nicht kamen. Um endlich Ruhe zu finden, freundete ich mich wider besseres Wissen damit an, gestern einen ganz üblen Alptraum geträumt zu haben.
Der Golbat erwies sich als zäh wie gegerbtes Leder und auch nur bedingt schmackhaft. Sicherlich hätte ich dem grobfaserigen Fleisch mit entsprechenden Gewürzen etwas mehr Geschmack abringen können, doch nicht das kleinste Körnchen Salz ließ sich im Rucksack finden. Der Hunger jedoch machte all das vergessen, und ich verspeiste das unglückliche Tier wahrhaft mit Haut und Haaren. Gesättigt, aber nicht befriedigt, ließ ich das Feuer herunterbrennen und trank gedankenverloren beinahe den gesamten Wasservorrat auf. Mich selbst einen Vollidioten schimpfend packte ich den kläglichen Rest zurück in den Rucksack, stand auf und blickte ums weitere Mal prüfend um mich.
Nichts.
Irgendetwas in mir weigerte sich – zunächst unmerklich schwach – an diesem Ort länger zu verweilen. War es Instinkt? Oder der Sentry? Ich bemerkte begonnen zu haben, jede Sinnesregung dreimal zu hinterfragen, jedem Gefühl bei der Einschätzung einer Situation zu misstrauen. Konnte ich mir eigentlich noch selbst trauen? Beherrschte mich der Sentry am Ende ganz sublim auf hinterhältige Art und Weise, indem er mir vorgaukelte, ich sei Herr über mein Ich und in Wahrheit hielt er doch selbst die Fäden in der Hand? Womöglich hatte er das schon immer getan. Kein tröstender Gedankengang.
Bleiben oder Weitergehen. Der Platz, den ich zur Nahrungsaufnahme gewählt hatte, bot nicht den geringsten Schutz. Die logische Folge davon musste lauten, mich nach einer besseren Bleibe für die Nacht umzusehen, auch wenn weit und breit nichts dergleichen zu sehen war. Der relativ junge Abend lud noch nicht zum Verweilen ein, also rang ich mich dazu durch, die Hügel von Ithra vor Einbruch der Dunkelheit erreichen zu wollen. Noch einen weiteren guten Grund zum Aufbruch stellte mein beunruhigend geringer Wasservorrat dar. Ich musste zügig eine Quelle aufspüren. Was sich hier in der offenen Steppe schwierig gestalten dürfte, würde im hügeligen Bergland, das vor mir lag, sicherlich eher gelingen.
Mit deutlich gesteigertem Tempo ging es weiter. Das Fleisch des Golbats hatte meine Energiereserven einigermaßen aufgefrischt. Mit neuer Kraft in den Beinen legte ich die wenigen Meilen zu der vor mir liegenden Hügelkette zurück. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit erreichte ich seine ersten Ausläufer. Die Sonne war längst hinter den gedrungenen Gipfeln verschwunden, welche weite, tiefe Schatten nach Osten warfen. Keine Spur von Wasser. Immerhin fand sich ein Platz zum Schlafen. Zwischen bizarr geformten Felsformationen, die an steil aufgerichtete Fangzähne eines monströsen versteinerten Raubtiers erinnerten, schlug ich das Nachtlager auf. Zufriedenstellend war es bei weitem nicht. Zu leicht zugänglich, zu einsichtig, zu offen. Aber immer noch besser als mitten in der Ebene.
Die Sonne ging unter. Der westliche Horizont verwandelte sich in ein Meer glühenden Goldes. Millionen von Vossas, eine Flut erhaben flatternder, schwarzer Punkte strömten in festgelegter Formation aus ihren Schlafplätzen im Bergland hinaus in die Ebene. Ein breiter Streifen bernsteinfarbenen Himmels war bedeckt mit unzähligen zuckenden Leibern, die sich in nicht enden wollenden Ketten in Richtung Horizont verloren. Sie flogen viel zu hoch, als dass ich auch nur einen Gedanken daran verschwendete, auf gut Glück einen Pfeil in die Massen hineinzuschießen, in der Hoffnung, eines der Tiere zu erwischen.
Ich verließ das Lager und kletterte ein wenig höher, heraus aus den Felsen, die mein Blickfeld einschränkten, um den endlosen Zug der Flattertiere besser beobachten zu können. Ihre Anwesenheit machte Mut. Wo sie waren, musste es auch Wasser geben, einen Fluss vielleicht oder gar einen See. Den Triassischen See zum Beispiel. Er konnte sich nicht mehr sehr weit von hier befinden.
Ich rief die Karte von Ithra zurück in mein
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