Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
Herabgefallene Gesteinsbrocken blockierten an zahlreichen Stellen den Weiterweg und erschwerten das Vorwärtskommen erheblich. Ich wagte nicht daran zu denken, was uns bevorstand, sollte der Gang unpassierbar geworden und wir in eine Sackgasse geraten sein. Ich verspürte ganz und gar keine Lust wieder umzudrehen, um nach einem anderen Ausweg zu suchen, den es womöglich nicht gab. Zum wiederholten Male quetschte ich mich durch ein von Steinschlag arg verengtes Tunnelsegment. Keuchend wartete ich auf Krister, um ihm beizustehen. Schweren Schrittes und nicht weniger heftig atmend näherte er sich.
„Aufgepasst! Hier wird es verdammt eng.“
Im selben Augenblick erlosch schlagartig das Licht. Von einer Sekunde auf die nächste wurde es zappenduster. Hämisches Grollen aus der Tiefe unterstrich diesen niederschmetternden Moment.
„Krister!“
„Ich bin hier, Jack.“ Seine Stimme war ganz nahe. Unsere Hände fanden sich. Wie auch immer Krister es schaffte, die Barriere im Dunkeln zu überwinden, blieb mir ein Rätsel. Nicht einmal die sprichwörtliche Hand vor Augen war zu sehen.
„Es kann nicht mehr weit sein.“ Meine zitternde Stimme strafte jede Zuversicht Lügen.
„Wir schaffen das! Verdammt, ich habe die dunkle Hölle der Ar-Nhim nicht lebend hinter mich gebracht, um hier aufzugeben. Los weiter, Meter für Meter!“
Ein Erdbeben bei Helligkeit zu erfahren ist nichts für schwache Nerven. Es bei absoluter Dunkelheit eingesperrt in einem einsturzgefährdeten Tunnel miterleben zu müssen, ist unbeschreiblich. Wie zwei verängstigte Kinder drückten wir uns zusammensinkend aneinander, fanden Trost in der Nähe zum anderen. Zum Glück dauerten die Erschütterungen nicht allzu lange. In unmittelbarer Nähe ging dafür ein Höllenlärm los. Weitere Teile des Stollens stürzten ein. Staubregen ging auf uns nieder. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis der gesamte Gang verschüttet war. Die unheilvolle Stille, die dem Beben folgte, war beinahe noch unerträglicher.
Hustend kämpften wir uns auf die Beine und tasteten uns voran. Ich fragte mich, wie Krister es gelang, seinen immer noch besinnungslosen Bruder unter diesen widrigen Umständen weiterhin zu schultern. Er musste über Kraftreserven verfügen, die jenseits meiner Vorstellung lagen.
Jeder weitere Meter entpuppte sich als wahrer Hindernislauf. Der mit Gesteinsbrocken aller erdenklichen Größe übersäte Boden offenbarte sich als vorzügliche Stolperfalle. Unzählige Male stieß ich mit allen erdenklichen Körperteilen irgendwo gegen.
Und dann: Licht! Da ich voranging, sah ich es als erster. Zunächst nur schwachen Schein, trübes Flimmern. Milliarden schwirrender Partikel schälten sich aus der Finsternis. Die Dunkelheit wich zurück.
„Licht!“ schrie ich erleichtert.
Und dann waren wir draußen!
Strahlendes Tageslicht empfing uns.
Das rettende Ufer lag zum Greifen nahe.
Wir verharrten, wollten unseren tränenden Augen Gelegenheit geben, sich den veränderten Lichtverhältnissen anzupassen. Viel zu schnell sahen wir dann auch, was nicht zu übersehen war. Beim besten Willen nicht.
Ein auf atemberaubende Größe angewachsener Tauri tauchte wie eine düstere, Unheil versprechende Scheibe aus dem Taorsee auf, unbeschreiblich in seinen gigantischen Dimensionen. Wie nahe er war. Unglaublich nahe. Gefährlich nahe.
„Sieh dir das an!“ Bestürzung in Kristers wenigen Worten. Auch ich traute meinen Augen kaum.
Der immens große und finstere Ringplanet lag wie ein unheilvoller Schatten über uns, ein Schatten, der alles zu verschlingen drohte. Dieses Schauspiel ließ sich mit nichts vergleichen, was ich in meinem bisherigen Leben gesehen hatte. Keine noch so dunkle und bedrohlich aufziehende Gewitterfront hielt einem Vergleich auch nur annähernd stand. Die Flucht aus den Eingeweiden der Insel mochte gelungen sein, aber wie verhielt sich das mit Tauri? Wie gut standen die Chancen, einem auf Kollisionskurs befindlichen Planeten zu entfliehen?
„Jack, wo wird das enden?“ flüsterte Krister.
Ich wusste darauf keine Antwort.
Erst jetzt im gnadenlos klaren Tageslicht sah ich endlich, wie es um Luke bestellt war. Meine rechte Hand legte sich schützend über den Mund, als wollte sie einen Aufschrei unterdrücken helfen.
Krister sah mich ausdruckslos an.
„Ich konnte es nicht verhindern“, klagte er sich selbst an. „Ich kam zu spät.“
Kein Wort des Trostes wollte mir einfallen. Stattdessen schloss ich die Augen und ließ den Schmerz
Weitere Kostenlose Bücher