Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
Allerdings nicht ganz so unerfreulich wie erwartet. Es hörte auf zu regnen, auch wenn es noch ewig dauerte, bis das Dach des Waldes seine nasse Fracht abgeladen hatte. So nächtigten Krister und ich außerhalb des schützenden Baumes auf der nassen Erde, während Luke, der glückliche Gewinner der vorangegangenen Auslosung, das trockene Innere des Urwaldriesen für sich allein hatte.
Im Verlauf der Nacht kühlte es empfindlich ab. Es war kein Spaß, eingewickelt in nassen Decken dem Morgen entgegen zu dämmern. Von anständigem Schlaf konnte unter diesen Umständen kaum die Rede sein.
Irgendwann wachte ich fröstelnd auf und sollte danach auch nicht mehr einschlafen. Lange spielte ich mit dem Gedanken, ein Feuer zu entfachen, um mich aufzuwärmen, doch nach diesem Wolkenbruch trockenes Holz finden zu wollen, dürfte zu viel verlangt sein. Was für ein Temperaturunterschied! Noch vor wenigen Stunden hatten wir uns die Seele aus dem Leib geschwitzt, und jetzt fror ich wie ein Hund. Zudem zeigten sich die Moskitos wieder deutlich aktiver als noch vor dem Regen. Am liebsten wäre ich aufgesprungen und weitergewandert. Die Dunkelheit verfluchend, die uns zum Stillstand zwang, fieberte ich dem Morgengrauen entgegen.
„Du versprichst mir nun schon seit Ewigkeiten, mich im Messerwerfen zu unterrichten“, wiederholte Luke beharrlich und erntete dafür ungeduldige Blicke seitens seines Bruders.
„Nörgle nicht rum! Das ist jetzt wirklich nicht die passende Zeit dafür. Wir befinden uns hier nicht auf einem kleinen Ausflug sondern mitten im Land der Opreju, falls du das vergessen haben solltest.“
„Gerade jetzt finde ich die Zeit passend“, brummte Luke, unzufrieden feuchtes Geäst in unser ordentlich rauchendes Lagerfeuer werfend. „Es kann nur nützlich für uns alle sein, wenn auch ich in der Lage bin, ordentlich mit einem Messer umzugehen.“
Ich sah Krister grinsend von der Seite an. „Wo er Recht hat, hat er Recht.“
„Nun fang du nicht auch noch an! Okay, Luke, erinnere mich in ein paar Tagen noch einmal daran.“
„Morgen, morgen, nur nicht heute…“
„Jetzt halt die Klappe!“ Und Luke hielt sie. Ich war mir allerdings nicht sicher, wie lange.
Das Feuer zu entzünden, an dem wir uns wärmten, war eine Heidenarbeit gewesen. Die zusammengetragenen Äste mussten erst umständlich aufgespalten werden, um an das trockene Innere zu gelangen. Zusammen mit harzreicher Rinde (die auch in nassem Zustand einigermaßen brannte) und einer Unmenge von Grashalmen gelang es uns mit Hilfe der zwar feuchten aber dennoch funktionellen Feuersteine, eine entsprechende Glut zu erzeugen. Die enorme Rauchentwicklung musste in Kauf genommen werden. Wir hatten ohnehin nicht vor, lange zu verweilen.
Nach einem kurzen Frühstück brachen wir in strikt östlicher Richtung auf und standen um die Mittagszeit etwas überrascht am Meer. Schmutzig grau präsentierte es sich, der Horizont verhüllt von tief ziehenden Wolkenbergen. Schwacher Wellengang trotz strammer Brise. Entweder braute sich da noch etwas zusammen oder das Schlimmste war bereits vorübergezogen.
„Das ging ja einigermaßen fix“, stellte ich befriedigt fest. „Das dürfte dann wohl die Hyperion Bay sein.“
„Was macht dich so sicher?“ fragte Luke skeptisch.
„Stell keine so dummen Fragen, natürlich ist das die Hyperion Bay, was soll es denn sonst sein?“ fuhr Krister seinen Bruder an.
Zwischen den beiden schwelte es seit einiger Zeit, und ich wusste nicht, woher das rührte. Wie ein rügender Vater warf ich ihnen einen beschwichtigenden Blick zu.
„Immer schön friedlich bleiben, ihr zwei. Selbst wenn es noch nicht die Bay sein sollte, wir müssen jetzt nur noch der Küste folgen und kommen automatisch in Hyperion heraus.“
„Klingt machbar… auch wenn da noch eine weitere Flussüberquerung auf uns warten wird.“
„Du sprichst vom Metun? Wenn die Karte stimmt, aber erst kurz vor Hyperion, Krister. Wer weiß, vielleicht existieren noch alte Brückenbauwerke und wir gelangen sogar trockenen Fußes dorthin.“
„Darauf sollten wir uns besser nicht verlassen. Brauchen wir aber auch nicht. Wir haben den Skeleton erfolgreich überquert, da schreckt mich ein Metun nicht im Geringsten.“
Hier stimmte ich ihm uneingeschränkt zu. Einen weiteren Flusslauf zu kreuzen beunruhigte mich momentan am wenigsten. Die Tatsache, noch nicht auf die geringste Spur eines Opreju gestoßen zu sein, dagegen schon. Nicht dass ich mir eine Begegnung
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