Sephira - Ritter der Zeit 1: Die Bruderschaft der Schatten (German Edition)
hatte.
Als ich mich wieder aufrichtete, lag ein breites Lächeln auf meinem Gesicht. Ja, dieser Ort gefiel mir, mochte er auch karg und einfach sein. Hier würde ich Dinge üben können, von denen selbst Gabriel nichts wusste.
Am Abend fanden wir uns allesamt in einem großen Raum ein, der wohl als eine Art Speisesaal diente. Der Boden war mit Teppichen und Kissen ausgelegt, die ein wenig zerschlissen wirkten und nach seltsamen Kräutern dufteten. Auf der Suche nach einem Platz strebte ich dem Kissen neben David zu.
Nun hatte ich die Gelegenheit, ihn etwas näher zubetrachten. Jetzt, wo er sich den Ruß von der Haut gewaschen hatte, erkannte ich, dass sein Bart an Kinn und Oberlippe dunkelrot war wie der mancher Männer meines Volkes. Seine Augen hatten die Farbe von Bernstein. Er trug jetzt ein sauberes weißes Hemd, darüber ein ärmelloses ledernes Wams, dem, obwohl es ebenfalls sauber war, ein Geruch nach Ruß und Eisen entströmte.
»Sieh einer an, die Schneeflocke will sich zu uns gesellen«, sagte David scherzhaft zu Gabriel, der in der Nähe saß.
»Schneeflocke?«, wunderte ich mich. Wirkte ich wirklich so eisig?
David deutete auf mein Haar. »Gabriel erzählte mir einmal, in deiner Heimat würde es Schnee geben. Schnee, der so aussieht wie dein Haar.«
»Der Schnee ist noch heller«, gab ich zurück. Beinahe wie das Haar von Ashala, wäre es fast aus mir herausgeplatzt, aber ich verkniff es mir noch. Vielleicht hätte David nichts dagegen gehabt, aber ich wollte im Moment nicht über die Lamie sprechen.
»Er ist so weiß wie Leinen oder eine der Wolken, die manchmal über den Himmel ziehen«, entgegnete ich. »Du hast noch nie Schnee gesehen?«
David schüttelte den Kopf. »Nein, bisher noch nicht. Solange ich lebe, hat es hier noch keinen Schnee gegeben, und es wäre ein Wunder, wenn hier jemals welcher fallen würde. Man erzählt sich aber, dass Saladins Kellermeister imstande wären, aus Wasser Eis zu machen.«
»Ich glaube, das ist nur ein Märchen«, gab ich zweifelnd zurück. »In meiner Heimat gibt es auch nur im Winter und Frühjahr Schnee und Eis. Abgesehen von den Gipfeln der Berge, dort liegt immer etwas davon.«
Wehmut erfüllte mein Herz, während ich von meinem Heimatland sprach. Obwohl ich mich sehr gut an diehiesige Hitze gewöhnt hatte, sehnte ich mich plötzlich danach, wieder in einem der kalten, klaren Seen zu baden oder im Winter durch den Schnee zu rennen.
»Dein Land scheint sehr interessant zu sein.«
»Es ist vor allen Dingen kühler und grüner als dieses Land. Aber ich weiß nicht, ob es dir gefallen würde. Vielleicht ist es dir auch zu kalt dort.«
David zog ein Gesicht, als wollte er sagen, dass er es durchaus drauf ankommen lassen würde.
Als ich zu Gabriel schaute, der sich angeregt mit Jared unterhielt, bemerkte ich, dass Sayd uns direkt gegenübersaß – und mich schon die ganze Zeit über musterte. Ein leichtes Lächeln lag auf seinen Lippen, das mich erschaudern ließ. Selbst jetzt, als ich seinen Blick direkt erwiderte, wandte er seine Augen nicht ab.
Was ging ihm wohl gerade durch den Kopf? Überlegte er vielleicht jetzt schon, wie er mir die Prüfung besonders schwer machen konnte? Als mir sein Blick zu unangenehm wurde, wandte ich mich wieder David zu.
»Bist du mit der Waffe, an der du gearbeitet hast, weitergekommen?«
»Natürlich bin ich das!«, antwortete er, nachdem er ein langes Messer hervorgezogen hatte, mit dem er anscheinend seine Mahlzeit zerteilen wollte. »So eine Gravur dauert natürlich eine Weile, doch ich bin fast fertig.«
»Warst du denn schon immer Waffenschmied?«
Die Gravur auf dem Dolch deutete auf große Kunstfertigkeit hin, die unsere Schmiede im Norden nicht besessen hatten. Ein Schatten zog über Davids Gesicht. Hatte ich ihn mit dieser Frage etwa gekränkt?
»Es gab eine Zeit, da war ich Goldschmied. Ich stellte Schmuck für die reichen Bürger Jerusalems her. Doch dann habe ich gelernt Waffen herzustellen. In meinem Besitzfindet sich mittlerweile nur noch ein Dolch, der nicht von meiner Hand stammt.«
»Die Waffe des Mannes, der dir das Waffenschmieden beigebracht hat?«
»Die Waffe, mit der ich gedenke, eines Tages den Mann zu töten, der meine Familie ausgelöscht hat.«
Diese Worte erschütterten mich für einen Moment dermaßen, dass ich nichts darauf erwidern konnte.
David starrte einen Moment ins Leere, dann wandte er sich mir wieder zu. In seinen Augen schimmerte ein feuchter Glanz wie von Tränen.
»Es
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