Sephira - Ritter der Zeit 1: Die Bruderschaft der Schatten (German Edition)
mir ebenso ergeht wie ihr.«
Gabriel seufzte. Ich nahm es als ein klares Ja.
»Er wird eine Zeit brauchen, um sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass eine andere an Khadijas Stelle tretenkönnte. Es hat nichts mit dir zu tun. Jeder weiß, dass du nicht allein die Wahl getroffen hast, sondern dass Sayd vor dir entschieden hat.«
Aber das würde für Malik kein Grund sein, mir nicht das Leben schwer zu machen. In diesem Augenblick wollte ich aber nicht weiter darüber nachdenken, denn noch eine andere Frage brannte mir auf der Zunge. Andächtig strich ich über den Schnitt auf meinem Arm, von dem jetzt nur noch ein hellroter Streifen übrig war.
»Wie konnte sich die Wunde an meinem Arm so schnell schließen?«
Gabriel lächelte breit. »Das ist eine unserer Fähigkeiten. Mein Blut hat dein Blut aufgesogen und bewirkt, dass sich die Wunde schließt. Wenn du eines Tages eine von uns bist, wird dein Körper das allein schaffen.«
»Und wie?«
»Das wirst du noch früh genug erfahren. Spätestens dann, wenn du dich in deiner Umwandlung befindest.«
Also erst dann, wenn ich die Prüfung überstanden hätte.
Ein anderer Gedanke schoss mir in den Sinn.
»Heißt das, dass ich mit meinem Blut dann auch Wunden anderer Menschen heilen kann?«
»Ja, das kannst du. Aber das solltest du besser nur dann tun, wenn dich niemand beobachtet und der Verletzte selbst es auch nicht mitbekommt. Man könnte dich sehr schnell für einen Dämon halten.«
»Werde ich das denn nicht sein, ein Dämon?«, platzte es aus mir heraus, denn nach allem, was ich gesehen hatte, waren die Männer hier keine Menschen mehr.
»Nein, du wirst ein Mensch sein, der mit einer göttlichen Gabe gesegnet ist. Eine Enkelin der Göttertochter Lamia, wenn man so will. Es liegt ganz an dir, wie du deine Gabe verwendest.« Gabriel machte eine Pause, dann funkelte ermich warnend an. »Doch sollte ich Anzeichen darin sehen, dass du zu einem Dämon wirst, dass du deine Menschlichkeit vergisst und anderen schadest, werde ich persönlich es sein, der dich richtet.«
Diese Worte erschreckten mich bis ins Mark. Alle Fragen, die ich noch hatte, klumpten sich in meinem Magen zu einem unförmigen Gebilde zusammen.
Gabriel schien mir das ansehen zu können, denn sogleich verloren seine Züge die Härte. »Doch wie ich sehe, ist in deinem Wesen nichts Dämonisches zu finden. Also brauchst du mich auch nicht zu fürchten.«
Gern hätte ich noch gewusst, wer bei der Abstimmung gegen mich gestimmt hatte, doch das war mir jetzt vergangen. Es musste die Mehrzahl der Männer für mich gewesen sein, da ich noch lebte.
Als Gabriel mich fragte, ob ich noch etwas wissen wollte, schüttelte ich den Kopf.
Auf dem Weg zurück begegneten wir niemandem. Der Wind war noch stärker geworden und die Nacht lag wie ein Mantel über der Wüste. Wolken hatten sich vor den Mond geschoben.
Auch die Djellaba, die ich wieder übergezogen hatte, schaffte es nicht, mich vor der Eiseskälte, die durch die Fenster hereinwehte, zu schützen. Am liebsten hätte ich mich an Gabriels Arm geklammert, doch seine Drohung lag mir noch immer im Magen. Ich hatte nicht vor, zu einer Geißel der Menschheit zu werden, dennoch hatte es mich zutiefst erschreckt, dass er mir den Tod durch seine Hand androhte.
Unten angekommen strebten wir wieder dem Gang zu, in dem sich unsere Gemächer befanden. Dabei hatte ich das Gefühl, als würden wir von jemandem beobachtet werden. Stellten uns diese seltsamen Zwillinge wieder nach?
Als ich mich umwandte, hätte ich schwören können, dass ich den Zipfel eines bunten Gewandes gesehen hatte. Doch als mein Blick die Schatten durchsuchte, rührte sich nichts mehr. Wahrscheinlich hatten sie gespürt, dass ich sie bemerkt hatte.
An den Türen der Gemächer angekommen machten wir halt. Ich lauschte, ob sich hinter den anderen Türen etwas regte, doch alles war still.
Als ich durch die Tür meines Gemachs schreiten wollte, trat ich plötzlich auf etwas, das einen scharfen Schmerz durch meine Fußsohle jagte. Hatte sich ein Skorpion in die Burg eingeschlichen und besiegelte nun mein Schicksal?
Ich wagte kaum hinzusehen. Als ich es doch tat, erkannte ich ein weißes Figürchen. Es war schmal und trug eine Krone auf dem Kopf. So etwas hatte ich noch nie zuvor gesehen.
»Gabriel?«, rief ich nach meinem Retter, der gerade im Begriff war, durch seine eigene Tür zu treten und damit meinen Fragen zu entfliehen. Ich sah nun, dass seine Tür meiner direkt gegenüberlag. Das
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