Sephira - Ritter der Zeit 1: Die Bruderschaft der Schatten (German Edition)
Adeptin sich dessen bewusst ist, wenn sie kämpft.«
So eindringlich, wie er mich dabei ansah, überlief mich ein Schauer. Ich spürte, dass nicht nur Sorge in seiner Stimme lag, sondern auch Angst. Angst, mich zu verlieren.
Ich hätte ihm gern gesagt, dass er diese Angst nicht zu haben brauchte. Dass ich siegreich aus der Prüfunghervorgehen würde. Doch ich wagte es nicht. Und ich war mir dessen auch nicht sicher, denn Sayd war ein mindestens genauso gefährlicher Gegner wie Gabriel.
Schweigend sahen wir beide uns an, dann atmete er tief durch und griff nach seinem Schwert. »Machen wir weiter.« Nachdem er die Klinge ein paarmal durch die Luft geschwungen hatte, erklärte er mir: »Beim Schwertkampf, wie ihn die Ritter führen, gibt es unterschiedliche Regeln und Haltungen. Jeder christliche Ritter kämpft danach.«
»Und was ist mit den Muslimen? Nach welchen Regeln kämpfen sie?«, fragte ich, denn ich konnte mir kaum vorstellen, dass zwei so unterschiedliche Völker die gleichen Kampfstile herausgebildet hatten.
»Einige Regeln gelten für alle Schwertkämpfer. Ich bin sicher, dass auch deine Leute sie angewendet haben, selbst wenn sie sie vielleicht nicht so nannten.«
Während ich ihn zweifelnd anschaute, brachte sich Gabriel in Positur. Er stellte sich breitbeinig in den Sand und hob seine Klinge mit Händen über den Kopf.
»Das ist die hohe Verteidigung. Besonders ratsam, wenn du mit Schwerthieben rechnen musst, die von einem Pferd aus geführt werden. Darüber hinaus kannst du dich auch gegen von oben geschlagene Schwerthiebe verteidigen.«
Gabriel vollführte ein paar Bewegungen mit dem Schwert, als müsste er einem unsichtbaren Gegner ausweichen. Ich war fasziniert, wie fließend sich sein Körper den Schwüngen anpasste. Ich hingegen kam mir ungelenk vor.
»Neben der hohen Verteidigung gibt es auch den hohen Angriff, bei dem du dein Schwert wie den Schnabel eines Raubvogels auf den Gegner niederstoßen lässt.«
Wieder zeigte er mir die Bewegungen und ich konnte förmlich spüren, mit welcher Kraft die Klinge in seiner Hand die Luft teilte.
»Und wann lerne ich, mit dem Messer zu kämpfen?«, warf ich ein, nachdem Gabriel seine Vorführung beendet hatte. »Bisher habe ich außer dir noch keinen Assassinen gesehen, der ein Schwert bei sich führt.«
»Das bedeutet nicht, dass sie nicht mit dem Schwert kämpfen können. Den Kampf mit kürzeren Waffen üben wir bald, aber erst einmal will ich, dass du mit dem Schwert anständig umgehen kannst. Du willst doch deinem Vater keine Schande machen, oder?«
Nein, das wollte ich nicht. Und ich wollte mich auch nicht vor Gabriel blamieren.
»Also los, üben wir hohe Verteidigung und Angriff.«
Ich ging in Stellung und hob Fenrir so, wie Gabriel es mir gezeigt hatte. Mein Lehrmeister fing daraufhin an, auf mich einzuschlagen, als wollte er mir wirklich ans Leben. Mit dem Gefühl, dass er mir gleich die Handgelenke brechen würde, versuchte ich mich, so gut es ging, zu verteidigen, indem ich seine Bewegungen nachahmte.
Das ging nach einer Weile schon recht flüssig, aber ich konnte Gabriel ansehen, dass er noch nicht zufrieden war. Er hielt inne und hieß mich, wieder in Grundstellung zu gehen. Nachdem ich noch eine Weile parieren musste, kombinierten wir die Verteidigung mit einem Angriff.
Wieder und wieder schlugen unsere Klingen zusammen und versetzten die Möwen über uns in Aufregung. Doch plötzlich stockte Gabriel. Ich hatte den Arm gerade hochgerissen, um einen Streich gegen ihn zu führen, doch glücklicherweise erkannte ich rechtzeitig, dass er den Kampf abgebrochen hatte.
»Was ist?«, fragte ich verwundert. Hatte ich ihn jetzt doch außer Atem gebracht?
»Wir werden beobachtet«, sagte er, während er mit zusammengekniffenen Augen in die Ferne spähte.
»Von wem?« Eine leise Ahnung beschlich mich. »Etwa von Sayd?«
»Das nehme ich an. Er ist nicht so leichtsinnig, sich von dir entdecken zu lassen, aber ich könnte schwören, dass ich seine Anwesenheit gespürt habe.«
»Und was machen wir nun? Uns einen anderen Ort zum Üben suchen?«
»Nein, wir werden nach Alexandria reiten. Dass er in der Nähe ist, zeigt, dass er wahrscheinlich einen neuen Auftrag hat. Ich werde Jared um einen Gefallen bitten müssen, bin aber sicher, dass er ihn mir gewähren wird.«
Das hörte sich recht rätselhaft an, aber mir blieb nichts anderes übrig, als Gabriel zu folgen, während er mit langen Schritten seinem Anwesen zustrebte.
Eine Stunde
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