Sephira - Ritter der Zeit 2: Das Blut der Ketzer (German Edition)
wechselten Verbände, kühlten ihre Stirn und machten ihr kalte Kräuterwadenwickel.
Jared wich nicht von ihrer Seite. Wurde seine Müdigkeit übermächtig, bettete er sich einfach neben die Kranke.
Doch alles, was wir taten, änderte nichts an Giselles Zustand. Ihr Blut mochte vielleicht ungewöhnlich sein, doch mit dem, was sie hier überfallen hatte, wurde es nicht fertig. Das Sonnenmuster breitete sich immer weiter aus. Zwischendurch schien sie zu erwachen, starrte dann aber teilnahmslos an die Decke. Ihr Geist war weit weg, während die Kraft nach und nach ihren Körper verließ.
Monsieur d’Azième wagte sich schließlich auch wieder aus seinen Gemächern. Seine Mutter hatte uns davon abgehalten, ihn aufzusuchen, und als er mir zufällig im Gang entgegentrat, erkannte ich warum.
Offenbar hatte er versucht, mit Wein aus seinem Kopf zu vertreiben, was er gesehen hatte. Seine Kleidung war unordentlich und roch nach Erbrochenem, dunkle Schatten lagen unter seinen Augen. Wie sein glasiger Blick verriet, hatte der Rausch nichts gebracht. Die Bilder waren geblieben.
»Was ist mit meinem kleinen Mädchen?«, fragte er mit weinschwerer Zunge.
»Sie ist sehr krank. Die Verletzung will nicht heilen.«
»Habt Ihr einen Arzt geholt?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein. Ein Arzt wird hier nichts ausrichten können. Die Wunde ist so ungewöhnlich, dass nicht einmal Sayd, der aus einem Land mit sehr guten Ärzten kommt, etwas damit anfangen kann.«
»Aber er ist kein Arzt!«, heulte Azième auf und packtemich am Arm. Seine Grobheit erzürnte mich nicht, sah ich doch vor mir keinen Mann, der mir etwas antun wollte, sondern einen verzweifelten Vater, der sich nicht erklären konnte, was seine Tochter so schwer verletzt hatte.
»Ich versichere Euch, ich habe die vermeintliche Kunst der sogenannten Ärzte im Heiligen Land gesehen. Sie werden Giselle nur einen qualvolleren Tod verschaffen. Bitte lasst mich los, Monsieur d’Azième, ich möchte Eurer Tochter neue Laken bringen.«
Azièmes Faust öffnete sich wieder. In seinen Augen standen Tränen, sein Kinn bebte. Einfach an ihm vorbeigehen konnte ich nicht. »Wascht Euch und vertreibt den Wein aus Eurem Blut. Eure Tochter braucht einen starken Vater.«
Als Azième einsichtig nickte, fragte ich mich, was wohl mein Vater getan hätte. Wahrscheinlich wäre er genauso verzweifelt, denn ich war einst die Hoffnung meines Volkes. Und ich hatte mein Volk, obwohl ich immer noch am Leben war, enttäuscht.
»Sie würde bestimmt spüren, wenn Ihr sie besuchtet, und sich freuen.« Ich lächelte Azième aufmunternd an, dann huschte ich mit den Laken auf dem Arm an ihm vorbei.
Täglich patrouillierten jene, die sich nicht am Krankenlager befanden, durch die Stadt und in Richtung Montaillou, doch die Dschinn zeigten sich nicht. Dennoch hatte ich ein ungutes Gefühl. Malkuth war kein Mann, der so leicht aufgab. Selbst nach el-Nefud war er uns gefolgt, um mich in die Hände zu bekommen. Dass sich seine Dschinn nicht zeigten, deutete nur darauf hin, dass er dabei war, einen Plan zu schmieden. Wir mussten mit allem rechnen.
Seltsamerweise schien die Begegnung mit den Dschinn, die von einigen Bewohnern Montaillous beobachtet worden war, keine Auswirkungen auf das Verhalten der Leute unsgegenüber zu haben. Sie waren natürlich immer noch zurückhaltend und misstrauisch, aber ich hatte damit gerechnet, dass wilde Gerüchte die Leute dazu bringen würden, uns für Geisterbeschwörer oder sonst etwas Böses zu halten. Doch nirgendwo vernahm ich etwas.
Dann erhielten wir beunruhigende Nachrichten. Giselles Vater war zugetragen worden, dass zwei päpstliche Gesandte in Carcassonne eingetroffen waren, die herausfinden sollten, ob die Katharer ihre Religion immer noch ausübten. Man munkelte, dass es auch einen Spitzel in Montaillou geben sollte.
»Und ich befürchte, dass es nicht dabei bleiben wird«, erwähnte er gegenüber Sayd, der trotz allem auch sein Vertrauen noch immer genoss.
»Ihr meint, dass sie gleich ein Heer hinterherschicken werden?«
Azième schüttelte den Kopf. »Nein, sie werden die Truppen in Montsegur aufstocken lassen. Die Feste mag vielleicht noch immer baufällig sein, doch Soldaten stellen keine hohen Ansprüche an ihre Unterkunft. Wenn sich der Papst gut mit dem König stellt, werden dort neue Truppen einziehen. Truppen, die uns angreifen könnten.«
Als Sayd uns davon berichtete, fiel mir wieder das Schreiben des Königs ein. Wahrscheinlich hatte Roland
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