Septemberblut
gleiche dumme Junge wie vor zweihundert Jahren, Julius.«
Ich nickte. Sollte er sagen, was er wollte.
»Hättest du doch nur gefragt«, sagte er sanft. »Ich hätte alles mit dir geteilt. Hättest du um Brandon gebeten, um Christina, jeden anderen, ich hätte sie dir geschenkt.« Seine warme Stimme. »Aber du hast einfach genommen, hast gestohlen, mich vor den anderen Ratsmitgliedern bloßgestellt, und jetzt erwartest du Güte von mir? Verzeihung?«
Seine Finger liebkosten mein Haar, meine Kehle, währendich darauf wartete, dass er meinen Untergang verkündete.
»Gordon droht uns mit dem Messer. Er fordert deinen Kopf, Julius. Ich bin versucht, ihm zu geben, was er verlangt.«
Ich starrte ihn an, starrte in seine Augen, die jetzt wieder eisig waren.
»Dann gehe ich. Aber bitte nimm Brandon und Christina wieder auf, sie können nichts dafür«, presste ich hervor.
Curtis’ Lippen kräuselten sich, er unterdrückte ein Lächeln.
»So sehr liebst du sie bereits? Und das, obwohl Brandon und du euch spinnefeind wart? Du erstaunst mich, Julius.«
»Er ist jetzt mein Blut, Curtis.«
»Ja, das ist er.« Curtis lächelte bitter. Seine Hände hatten ihre Reise eingestellt und lagen ruhig auf meinen Schultern.
»Ich werde die beiden nicht von dir zurückfordern, und ich werde dich auch nicht an Gordon ausliefern. Aber es ist noch nicht vorbei, Julius. Du hast mich enttäuscht, und du hast die Freiheiten und Privilegien missbraucht, die ich dir gegeben habe.« Er starrte mich an. »Es ist noch lange nicht vorbei.«
»Es tut mir …«
Curtis legte mir zwei Finger auf die Lippen. »Ich weiß, dass es dir leid tut, mein Sohn. Ich denke, ich werde dir verzeihen können, aber es wird dauern.«
Seine Daumen lagen plötzlich auf den Schlagadern meiner Kehle, und mein Puls hämmerte laut und wütend gegen den Druck.
Ich sah ihn überrascht an. Mein Glücksgefühl war mit einem Schlag vergangen. Ich wusste, dass Curtis in der vergangenen Nacht so viel unsterbliches Blut getrunken hatte, dass es für Tage reichte.
Curtis bleckte die Zähne, packte mich im Nacken wie einenungezogenen Hund und gab mir einen Stoß. Ich taumelte in Richtung der alten roten Sofas, die im hinteren Winkel des Raumes auf ihren Löwenfüßen kauerten.
Der Hinweis war deutlich und eine Aufforderung, der ich nichts entgegenzusetzen hatte. Mit hängenden Schultern ging ich weiter.
Curtis folgte mir mit federleichten Schritten. Seine Präsenz in meinem Rücken war fühlbar wie eine dunkle Drohung.
Ich ließ mich auf das Sofa sinken. Die alten Federn knarrten unter dem abgewetzten Samt.
Steven, der die ganze Zeit über auf dem Boden verharrt hatte, nutzte die Gelegenheit und schlich mit unsicheren Schritten hinaus.
Die Flügeltür knarrte, dann war ich mit Curtis allein.
Mein Herz dröhnte.
Curtis hieß mich vor dem Sofa zu knien, mit dem Rücken zu ihm. Jede Geste, jede Haltung ein Zeichen meiner Demut. Ich hatte Angst. Er würde mir die ganze Kraft aus dem Leib saugen, bis ich nicht mehr war als ein zuckender Leichnam. Mein unsterbliches Leben und meine Magie hatte ich von meinem Meister bekommen, und er würde sie mir jetzt wieder nehmen. Die Symbolik war so simpel wie grausam.
Mit zitternden Fingern entblößte ich meinen Nacken für ihn. Er griff in mein Haar und riss meinen Kopf brutal nach hinten.
Sein Atem streifte meine Haut, dann bohrten sich seine Fänge wie glühende Messer in mein Fleisch. Er trank schnell, tief und brutal.
Der Sog brannte in meinem Körper und zerrte an meinem Herzen. Mein Leben raste zu ihm, als gelte es, mich wie ein sinkendes Schiff zu verlassen. Der Meister trank mein Blut, meine Lebensenergie, meine Magie.
Genug,genug!, wollte ich schreien, doch mein Mund war versiegelt. Stattdessen kratzten meine Finger über den glatten Holzboden, bis die Nägel brachen.
Minuten wurden zu Stunden. Mein Herz drohte zu schlagen aufzuhören und mein Geist versank in einem schwarzen Abgrund. Dann ließ er endlich von mir ab. Ich kippte nach vorne wie ein gefällter Baum. Ein dumpfer Knall zeugte davon, dass mein Gesicht auf den Boden geschlagen war; ich spürte längst nichts mehr.
» Du bist mein, Julius, vergiss das nie, nie wieder. « Curtis’ Worte wehten durch meinen Kopf. Mit letzter Kraft reckte ich eine Hand nach ihm, doch der Meister hatte sich bereits abgewandt. Seine Schritte wurden leiser, dann fiel die Tür hinter ihm ins Schloss.
Mir war kalt, unendlich kalt. Ich rollte mich zusammen und umklammerte meine
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