Septembermann: Lovestory (German Edition)
Arizonagirl.“
Sie kuschelten eng beieinander. Nicht nur das Feuer knisterte in der Prärieluft, in der die Aben dsonne glutrote Monumente in den Himmel zauberte.
„Das ist unverfälschte Romantik, Sascha. In ein paar Minuten wird der Feuerball untergehen und die Sterne werden über diesem einstigen Indianerland leuchten.“ Debbie kroch an seine Männe rbrust.
„Weißt du, ich habe einen Traum und irgendwann werde ich ihn mir erfüllen. Dafür spare ich jeden Dollar.“
„Irgendwann wolltest du mir davon erzählen?“
„Ich glaube, diese Stimmung ist geeignet. Die Vision eines jeden Motorradfans ist, über den alten Highway der Route 66 zu fahren. Hier schlägt das Herz Amerikas und der Pioniertraum vom Weg in den Westen, wird lebendig. Ich möchte diesen Mythos hautnah spüren. Zweitausendvierhundertachtundvierzig Meilen auf staubiger Piste von Chicago bis zum Pazifik nach Los Angeles.“
„Ich las darüber, Debbie.“
Neunzehnhundertsechsundzwanzig tuckerten die ersten Autos quer durch Amerika. Auf der einzigen, durchgehenden Straße, meist ein einsamer Pfad in der Einöde. In den dreißiger Jahren wurde die 66 zum Weg der Hoffnung. Glücksritter und verzweifelte Farmer von Dürreperioden heimgesucht, zogen nach Kalifornien.
In den Fünfzigern brach das Reisefieber aus. Mann fuhr im Heckflossen Chevy über die Road und spürte die Freiheit. Die goldenen Zeiten der Traumstraße sind vorbei, moderne Aut obahnen machten die Tour zum Pazifik zur Rushhour.
„Fans wie ich kämpfen für die Legende Sixty Six.“ Sie ist unsterblich wie Bo bby Troups Song Get your Kicks on , den viele Stars gesungen haben.“
„Du bist ein bemerkenswertes Mädchen und realisierst deinen Traum eines Tages“, verabschiedeten sie sich in Phönix mit einer innigen Umarmung.
Seither geht Sascha die Straße der Sehnsucht, die durch drei Zeitzonen und acht Bunde sstaaten führt, nicht mehr aus dem Kopf.
*
Nach dem Frühstück setzt sich Horst an den Computer und beginnt einen Brief an seine Tochter zu schreiben, aber sein Gedächtnis mischt sich ein und ruft den Tag ihrer Abreise aus Bodenseestetten auf.
Stefanie versuchte, ihren Enkel zu beschwichtigen. Vergebens. Während sich die Patchworkler im Bahnhofsgebäude versammelten, hatte Horst das Gefühl, dass der Bengel in ihrer Nähe war, und machte sich auf die Suche. Hinter den Gleisen lümmelte er in lässiger Halbstarkenpose am Treppengeländer. Horst ging auf ihn zu. „Cowboy, so trennen sich Freunde nicht!“
„Nein! Ein Freund, der sich aus dem Staub macht, ist eine Nulpe , wie mein Papa. Fahr zur Hölle, Nixtaugi!“, schrie er und sprang von der Brüstung.
Horst packte ihn an den Schultern und erzählte von einem alten Baum, den man nicht verpflanzen sollte, weil er Jahrzehnte Wurzeln geschlagen hat. Dass man Freun dschaft nicht nach Entfernungen misst, sie im Herzen trägt, und dass Freunde, egal wo sie sich aufhalten, füreinander da sind.
„ Es gibt Telefon, das Internet, die den Kontakt aufrechterhalten bis zum Wiedersehen.“
„Du bist ein User? Wir könnten chatten?“
„Ich bin online. Du wolltest uns mit Ben in den Schulferien besuchen?“
„He, gilt das denn noch?“
„Das war definitiv mit Einwilligung deiner Mutti besprochen.“
„Besprochen, ja, aber versprochen?“
„Tino, ich bin nicht dein Vater und stehe zu meinem Wort. Wir sehen uns im Sommer und fahren gemeinsam zurück, um Jane anfangs mit den Zwillingen zu helfen.“
„In echt?“
„In echt. Jetzt muss ich los.“
„Jetzt mach schon endlich Banane.“ Tino drückte ihn übe rschwänglich.
„Pass mir gut auf Grid auf. Sie ist echt eine Wucht.“
„Ich weiß, Cowboy, seit vierzig Jahren.“
„Ich sause zur Rheinbrücke , schaut ihr rechts aus dem Abteilfenster?“
„In Ordnung, bis bald.“
„Bis zu den Ferien, mein alter Freund.“ Tino stürmte davon.
Die Familienmitglieder verfolgten diese rührende Szene vom Bahnsteig aus , ihre Gesichter waren vom Abschiednehmen gezeichnet. Der Zug rollte aus dem Bahnhofsgelände. Ingrid und Horst drehten das Fenster herunter. Es waren nur Sekunden bis zur Brücke über den Rhein. Da stand Tino. „Tschüss“, rief er und warf eine Kusshand. „Für dich, Grid“, konnte Janes Mutter hören und sie winkten, bis sie sich aus den Augen verloren.
*
Debbie quält sich samstags nach einer schlaflosen Nacht, in der sie darüber nachdachte, ob sie Kleinigkeiten bei der Organisation des pompösen
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