Septimus Heap 01 - Magyk
aus. Sie sprang wieder aus dem Kanu, und Nicko machte Anstalten, ihr zu folgen.
Junge 412 wusste von dem einzigen Überlebenden eines Zugs Jungarmisten, der vor Jahren im Wabberschlamm verschollen war, alles über das Marschfeuer. Er hielt Jenna fest und versuchte, sie wieder ins Kanu zu ziehen. Wütend stieß sie ihn zurück.
Die plötzliche Bewegung erregte die Aufmerksamkeit des Boggart. »Bleib, wo de bist«, rief er eindringlich. Junge 412 zerrte noch einmal kräftig an Jennas Schaffelljacke, und sie plumpste ins Boot. Maxie winselte.
Die schwarzen Augen des Boggart blickten besorgt. Er wusste genau, wem die ineinander verschlungenen, verdrehten Finger gehörten, und er wusste, dass es mit ihren Besitzern immer Ärger gab.
»Diese verdammten Braunlinge!«, sagte er. »Gemeine Kerle. Ne Kostprobe Boggart-Atem gefällig, ihr hinterhältigen Biester?« Er beugte sich vor, holte ganz tief Luft und blies über die zerrenden Finger. Aus der Tiefe des Morastes vernahm Silas ein unerträgliches Kreischen: Es klang wie von Fingernägeln, die über eine Schiefertafel kratzten. Das Fingerknäuel löste sich aus seinem Haar, der Boden wackelte, und er spürte, wie sich die Kreaturen unter ihm davonmachten.
Er war gerettet.
Der Boggart half ihm, sich aufzusetzen, und rieb ihm den Schlamm aus den Augen.
»Hab ich Ihnen nich gesagt, das Marschfeuer wird Se in den Wabberschlamm locken?«, schimpfte der Boggart. »Und so isses auch gekommen, oder?«
Silas schwieg. Der stechende Geruch des Boggart-Atems, der noch in seinen Haaren hing, raubte ihm fast die Sinne.
»Nu haben Ses überstanden, Sir«, sagte der Boggart zu ihm. »Aber das war knapp. Das muss ich schon sagen. Seit Se die Hütte geplündert haben, hab ich keinen Braunling mehr anblasen müssen. Ah, Boggart-Atem is was Wunderbares. Manche mögen ihn nicht besonders, aber denen sag ich immer: ›Ihr werdet eure Meinung schnell ändern, wenn euch die Wabberschlammbraunlinge am Wickel haben.‹«
»Oh, äh, doch. Vielen Dank, Boggart«, stammelte Silas, immer noch benommen. »Haben Sie vielen Dank.«
Der Boggart führte ihn vorsichtig zum Kanu.
»Eure Majestät steigen besser vorne ein«, sagte er zu Marcia. »In dem Zustand kann er so’n Ding nicht fahren.«
Mit Marcias Hilfe wuchtete er Silas ins Boot, dann schlüpfte er ins Wasser zurück.
»Ich bring euch jetzt zu Miss Zelda, aber haltet mir bloß die Bestie vom Leib«, sagte er mit einem giftigen Blick Richtung Maxie. »Von dem Geknurre hab ich nen hässlichen Hautausschlag gekriegt. Ich bin mit Pusteln übersät. Hier, fühlen Se mal.« Der Boggart hielt Marcia sein pralles rundes Bäuchlein hin.
»Sehr freundlich von Ihnen«, sagte Marcia leise, »aber nein danke, nicht jetzt.«
»Vielleicht ’n andermal.«
»Bestimmt.«
»Dann mal los.« Der Boggart schwamm auf einen kleinen Kanal zu, den keiner zuvor bemerkt hatte.
»Folgtn ihr mir noch?«, fragte er, und er fragte es nicht zum letzten Mal.
* 17 *
17. Alther im Alleingang
W ä hrend der Boggart die Kanus auf verschlungenen Wegen durch die Marschen führte, nahm Alther die Route, auf der sein altes Boot, die Molly, immer in die Burg zurückgekehrt war.
Alther flog so, wie er am liebsten flog, nämlich tief und sehr schnell, und so kam es, dass er schon bald das Schnellboot überholte. Es bot einen traurigen Anblick. Die zehn Ruderer waren erschöpft, und das Boot kroch langsam den Fluss hinauf. Im Heck saß zusammengekrümmt und zitternd der Jäger und haderte stumm mit seinem Schicksal, während der Lehrling zum großen Verdruss des Jägers vorn im Bug herumzappelte und gelegentlich aus Langeweile, und um wieder ein Gefühl in den Zehen zu bekommen, gegen die Bootswand trat.
Alther überflog das Boot ungesehen, denn er erschien nur denen, denen er erscheinen wollte, und setzte seine Reise fort. Am Himmel zogen schwere Schneewolken auf, der Mond verschwand, und die verschneiten Flussufer versanken in Dunkelheit. Die Burg war nicht mehr fern, als die ersten dicken Schneeflocken vom Himmel schwebten, und als Alther sich der letzten Flussbiegung näherte, die um den Rabenstein herumführte, war die Luft plötzlich erfüllt von Schnee.
Alther drosselte das Tempo, denn selbst ein Geist hat in einem Schneesturm schlechte Sicht, und flog vorsichtig weiter in Richtung Burg. Bald sah er durch die weiße Schneewand die rot glühenden Trümmer, die von Sally Mullins Tee- und Bierstube übrig geblieben waren. Der Schnee zischte und britzelte,
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