Septimus Heap 02 - Flyte
unverwechselbare grüne Lehrlingskluft im Durcheinander der Werft bemerkt hatte, stand im Bug eines langen schmalen Bootes. Er war etwas größer als Septimus und viel kräftiger gebaut. Und im Unterschied zu seinem Bruder, der vom wochenlangen Aufenthalt im Zaubererturm ganz blass war, hatte er ein braungebranntes, wettergegerbtes Gesicht. Seine langen blonden Locken waren mit Meersalz verklebt und vom Wind zerzaust. Außerdem hatte er sich knallbunte kleine Zöpfe ins Haar geflochten. Solche Zöpfe waren bei den jungen Bootsführern in Port in diesem Sommer groß in Mode, und in seiner Begeisterung für die Zöpfe hatte sich Nicko gleich eine Sammlung passender Armbänder gekauft. Wie Septimus und alle anderen Heaps hatte er die tiefgrünen Augen, die alle Zaubererkinder beim ersten Kontakt mit Magie bekommen. Nicko hatte zwar nie Zauberer werden wollen, aber für den Notfall hatte er ein paar Zauber auf Lager. Wie alle jungen Heaps mit Ausnahme von Septimus hatte er als Kind von seinen Eltern Zauberunterricht erhalten.
Neben Nicko stand ein großer junger Mann mit hellroter Igelfrisur und mürrischem Gesicht. Septimus kannte ihn. Es war Rupert Gringe, Lucys Bruder. Jannit Maarten, die Bootsbauerin, stand auf dem Werftponton und vertäute gerade das Boot.
»Nicko, du bist zurück!«, rief Septimus fröhlich, hüpfte über einen Stapel Planken und ein paar alte Eimer und lief zu seinem Bruder. Er war froh und erleichtert, ihn zu sehen. Nicko würde die Sache mit Jenna bestimmt verstehen. Jannit Maarten schenkte Septimus ein Lächeln. Sie mochte alle Heaps. Nicko arbeitete seit kurzem mit ihr und Rupert zusammen auf der Werft, und sie war von ihm sehr angetan.
Jannit war eine kleine, kräftig aussehende Frau in einem schmutzigen blauen Kittel. Sie hatte ein freundliches, von Furchen durchzogenes nussbraunes Gesicht, und ihr graues Haar war zu einem langen dünnen Pferdeschwanz gebunden, der ihr nach Matrosenart auf den Rücken fiel. Sie war mit Leib und Seele Bootsbauerin. Sie schlief in einer kleinen baufälligen Hütte am Eingang der Werft.
In der Burg gab es zwar auch andere Bootsbauer, aber Jannit war die Beste. Sie hatte Rupert Gringe als Lehrling eingestellt, als er gerade elf geworden war, und das, so erzählte sie jedem, der es hören wollte, sei das Beste gewesen, was sie jemals getan habe. Rupert war ein begnadeter Bootsbauer. Er hatte einen Blick für die Linie eines Bootes und ein Gespür dafür, wie jedes Fahrzeug, das er baute, im Wasser liegen und sich im Wind verhalten würde.
Mit Nicko war Jannit beinahe genauso zufrieden. Als Erstes hatte sie ihn damit betraut, Rupert beim Bau der neuen Muriel für Sally Mullin zu helfen, die ihr heißgeliebtes Boot im Jahr zuvor den Heaps für ihre Flucht zur Verfügung gestellt hatte, und sie konnte sehen, dass er ein gutes Auge und geschickte Hände hatte.
Zudem war Nicko ein geborener Seemann, und ein noch besserer als Rupert Gringe. Deshalb war es auch Nicko, an den Jannit, sehr zum Ärger Ruperts, die Frage richtete: »Wie liegt das Boot im Wasser?«
»Wie eine bleierne Ente«, knurrte Rupert, bevor Nicko ein Wort sagen konnte.
Jannit machte ein langes Gesicht. Das Boot lag ihr sehr am Herzen, aber in dem Projekt war von Anfang an der Wurm drin. Sie sah zu Nicko, um seine Meinung zu hören.
»Nicht gut, Jannit«, gab er zu. »Wir sind zweimal gekentert. Außerdem ist der Mast gebrochen. Wir mussten ihn unten in Port reparieren.«
»War es so schlimm?«, fragte Jannit. »Ich muss mein Gespür verloren haben.«
»Nein, woher denn«, erwiderte Rupert. »Das sind nur Kinderkrankheiten. Die kriegen wir in den Griff.«
»Na dann«, seufzte Jannit. »Aber ihr wollt jetzt bestimmt nach Hause zu euren Familien. Geht nur, Jungs, ich mache hier klar Schiff.«
»In Ordnung, Jannit«, sagte Rupert. »Dann verschwinde ich jetzt. Nach der langen Fahrt auf dem knarrenden, ächzenden Boot freue ich mich auf etwas Ruhe und Beschaulichkeit.«
»Äh, Rupert«, begann Septimus, der das Gefühl hatte, etwas sagen zu müssen, »im Moment ist es im Torhaus nicht gerade ... äh ... ruhig und beschaulich. Es hat Ärger gegeben.«
Rupert sah ihn misstrauisch an. Er hatte den Argwohn seines Vaters gegen die Heaps geerbt, und obwohl er zugeben musste, dass Nicko Heap kein übler Bursche war, wusste er nicht so recht, was er von dem verschrobenen Zauberlehrling halten sollte, der sich mit seiner schmucken grünen Tracht und seinem schicken Lehrlingsgürtel herausgeputzt
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