Septimus Heap 03 - Physic
beiseite und richtete alle Gedanken auf sein Vorhaben. Ein Gewirr von unterirdischen Gängen, das er aus seiner eigenen Zeit unter dem Namen Eistunnel kannte, verband alle alten Gebäude in der Burg miteinander. In der Zeit, in der er sich jetzt befand, waren die Tunnel noch eisfrei und dienten den Alchimisten und Zauberern dazu, ungesehen und unbemerkt in der Burg ihren Geschäften nachzugehen. Septimus benutzte jeden Tag einen, um vom Haus Marcellus Pyes zu seinem Arbeitsplatz in der Großen Kammer zu gelangen. Neulich hatte ihn Marcellus in den Palast geschickt, um mehrere Schalen aus purem Gold abzuliefern – ein Geschenk an die Königin, mit dem er sich für einen Fehler entschuldigte, der ihm unterlaufen war. Bei diesem Botengang war Septimus die Idee zu seinem Plan gekommen, und die Tunnel unter dem Palast waren jetzt auch sein Ziel, nur dass er heute über der Erde ging, denn er verspürte kein Verlangen, einem neugierigen Alchimieschreiber oder gar Marcellus persönlich in die Arme zu laufen.
Der letzte Winterjahrmarkt, der am Ende der Allee, direkt vor dem Palasttor, stattfand, war in vollem Gang. Aus Dutzenden Kohlepfannen, in denen Kastanien, Maiskolben und Kartoffeln garten, dicke Wintersuppe blubberte und Würstchen brieten, stiegen dichte Rauchschwaden in den Himmel. Septimus bahnte sich einen Weg durch das Gewimmel mit seinen fremden Gerüchen, wobei er Angebote wie »Schöne knusprige Schweinsöhrchen, Herr Lehrling« oder »Leckere Hufpastete, wer will noch mal, wer hat noch nicht?« verschmähte. Er versuchte, nicht auf die Weisen der Drehleiern zu hören, die, wie er annahm, fröhlich sein sollten, und riss sich von einer besonders zudringlichen Wahrsagerin los, die ihm vorschlug: »Für einen Groschen erfahret Ihr Euer wahres Schicksal, junger Herr – denn wer wisset, was das Leben hält für uns bereit?« Ja, wer wusste das schon?, dachte Septimus grimmig und entwand sich ihrem Griff.
Er wich zwei Stelzenläufern aus, die, wie Zwillinge gekleidet, unter einem gespannten Drahtseil durchtauchten, und entging nur knapp einem fliegenden Holzklotz, den ein übereifriger Spieler am Stand »Hau die Ratte« geworfen hatte. Er musste sich noch an zwei dicken Frauen vorbeizwängen, die Flusskrebse und Reis in einen Kessel mit brodelndem Wasser warfen, dann war er endlich heraus aus dem Gewühl. Rasch bog er links in die Schmalgasse ab, die zur Schlangenhelling führte, und wenig später klingelte er an der Tür des Hauses, das für ihn immer noch das Haus Weasal Van Klampffs war.
Während er wartete, bis jemand öffnete, musste er daran denken, wie häufig ihn Marcia hierhergeschickt hatte, um die verschiedenen Bauteile für ihren Schattenfang abzuholen. Wenn er die Augen schloss, konnte er sich leicht in jene Tage zurückversetzen, und in seinen Ohren hallte sogar noch das Johlen der Jungen am Pier, die ihm immer Spottnamen zugerufen hatten. Er hätte nie gedacht, dass er sich einmal danach sehnen würde, dieses He, Raupenjunge! zu hören.
Ein kleiner Junge in der schmucken Livree eines Hausdieners öffnete die Tür. Er blickte überrascht, denn Septimus kam sonst durch den Tunnel, lächelte aber und verbeugte sich vor dem Alchimielehrling. »Bitte einzutreten, Septimus Heap«, sagte der Junge, der ernste graue Augen, Sommersprossen und sandfarbenes Haar hatte und wie alle Kinder einen Topfschnitt trug. Septimus hatte es energisch abgelehnt, sich die Haare so schneiden zu lassen. Da ließ er seine Locken lieber wachsen, obwohl sie mit jedem Tag länger und verfilzter wurden.
Der Junge sah Septimus erwartungsvoll an, bereit, ihn zu begleiten, wohin er auch wollte. Septimus seufzte. Das gehörte nicht zu seinem Plan. Er hatte den jungen Hugo Tenderfoot ganz vergessen, der die lästige Angewohnheit hatte, ihm ständig nachzulaufen wie ein herrenloses Hündchen. Er war gezwungen, mit ihm zu sprechen, und so räusperte er sich und sagte: »Vielen Dank, Hugo. Du kannst jetzt abdampfen.«
»Ei wie?« Der Junge machte große Augen, teils vor Überraschung, weil Septimus sprach, hauptsächlich jedoch deshalb, weil er nicht ganz verstanden hatte, was Septimus sagte, aber das Gefühl hatte, dass er es verstehen sollte.
Septimus versuchte sich in der altertümlichen Sprechweise. »Äh ... bitte, Hugo, hinfort mit dir!«
»Hinfort?«
Septimus blieben weitere Versuche erspart, denn in diesem Moment läutete im Obergeschoss eine Glocke, und Hugo eilte davon, nachdem er sich kurz vor ihm verbeugt
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