Septimus Heap 03 - Physic
hatte.
Septimus ging durch zum hinteren Teil des Hauses, stieg die knarrende Treppe in den Keller hinunter und bog in den vertrauten Gang ein, der bis zum äußersten Ende führte, jenen Gang, durch den er bei seinem ersten Besuch Una Brakket ins Laboratorium gefolgt war. Der Gang war sauber gefegt und wurde anders als zu Unas Zeiten von Binsenlichtern erleuchtet, doch davon abgesehen war er unverändert. Septimus ging an dem Laboratorium, das Marcellus für kitzligere Experimente benutzte, vorbei und schlüpfte in den Seitengang, den er jeden Morgen benutzte, wenn er zur Arbeit ging.
Bald gelangte er an die vertraute Falltür – nur wo war die Leiter? Septimus kniete nieder, öffnete die Falltür und spähte hinab. Es sah ziemlich hoch aus. Er suchte die Umgebung nach der Leiter ab, konnte sie aber nicht finden. Also blieb ihm keine Wahl, er musste springen. Er zögerte, versuchte abzuschätzen, wie tief er noch fiel, wenn er sich in voller Länge an die Falltür hängte. Aber wenn Simon es mit Schlittschuhen an den Füßen getan hatte, so sagte er sich, dann schaffte er es ohne allemal.
Im Tunnel näherten sich Stimmen. Septimus trat von der Falltür zurück und beobachtete, wie unter ihm eine Gruppe plaudernder Palastdiener vorbeiging. Sie trugen altmodische Livreen, die er aus seiner Zeit von manchen Geistern kannte. Er sah den Dienern nach, bis sie um die Ecke verschwanden, da kam ihm eine Idee: Inmitten einer schnatternden Dienerschar war es viel leichter, unbemerkt in den Palast zu gelangen. Rasch ließ er sich durch die Falltür hinab. Ein paar Sekunden lang baumelte er unschlüssig in der Luft, dann begriff er, warum der Boden des Tunnels so weit weg schien – er war tatsächlich weit weg, denn er war nicht mehr von einer dicken Eisschicht bedeckt. Aber jetzt konnte er nicht mehr zurück. Er schloss die Augen, holte tief Luft und ließ sich fallen.
»Uff!«
Die Wucht des Aufpralls nahm ihm den Atem, und während er noch keuchend auf dem Tunnelboden lag, erschien Hugos besorgtes Gesicht über ihm in der Falltür. Sekunden später hatte Hugo die Leiter von der Decke genommen, wo sie die ganze Zeit gehangen hatte, und ließ sie zu Septimus herunter.
»Gar hoch zum Springen, Lehrling«, sagte er, während er herabkletterte. »Ich bitt viel tausendfach um Vergebung, dass ich die Luk nicht hab gesichert. Wenn ich um die Hand bitten dörft.« Hugo half Septimus auf die Beine.
»Wo war denn die Leiter?«, fragte Septimus.
»Ei wie? Ich bitt Euch, mit Bedacht hinanzusteigen, Lehrling.«
Septimus seufzte. »Hugo«, sagte er, »ich habe nicht die Absicht, mit Bedacht hinanzusteigen. Und jetzt schwirr ab.«
»Schwirrab?«
»Ja, schwirr ab. Mach die Fliege. Zieh Leine. Oh ... hinweg mit dir!«
Hugo machte ein langes Gesicht, »Hinweg mit dir« hatte er verstanden. Das sagte sein älterer Bruder regelmäßig zu ihm. Und auch seine beiden älteren Schwestern. Und seine Cousins, die gleich um die Ecke wohnten.
»Ach, dann komm eben mit, wenn du unbedingt willst«, lenkte Septimus ein, denn er hatte begriffen, dass Hugo, wenn er jetzt ging, überall herumerzählen würde, dass der Alchimielehrling ganz allein in die Tunnel hinabgestiegen war. Und sein Gefühl sagte ihm, dass Marcellus dann Verdacht schöpfen würde.
Hugo sah ihn fragend an. »Unbedingt willst?«, wiederholte er, den Akzent des Lehrlings nachahmend. »Unbedingt ... willst? Ja ... unbedingt willst!«
»Na schön, dann komm jetzt«, sagte Septimus, der die Palastdiener, deren Geplapper rasch leiser wurde, unbedingt noch einholen wollte.
Hugo trottete hinter ihm her. »Schwirrab!« sagte er und folgte Septimus wie eine Biene. »Schwirrab, schwirrab, schwirrab!«
Halb gehend, halb rennend steuerte Septimus auf den von Binsenlichtern erleuchteten Backsteintunnel zu, der in Richtung Palast abzweigte. Die Biene blieb dicht hinter ihm, und abgesehen von einem gelegentlichen »Schwirrab« unternahm sie keinen Versuch, sich mit ihm zu unterhalten. Als die Stimmen der Palastdiener wieder lauter wurden, wahrte Septimus einen gewissen Abstand zu ihnen, achtete aber auch darauf, dass sie in Sichtweite blieben, denn je näher sie dem Palast kamen, desto zahlreicher wurden die kleinen Biegungen, und der Tunnel bekam immer mehr Ähnlichkeit mit einem Labyrinth.
Nach ein paar Minuten bogen die Diener in einen kleinen Seitengang ab, und als Septimus um die Ecke schielte, sah er gerade noch, wie sie in einer schmalen roten Tür verschwanden. Er drehte sich zu
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