Septimus Heap 05 - Syren
nickte, rang nach Atem wie ein Fisch auf dem Trockenen und hustete. »Was ... was tust du denn hier, Jenna?«
Snorri kam mit einer kleinen roten Katze unterm Arm herausgestürmt. »Nicko, Nicko. Jetzt wird alles wieder gut«, seufzte sie und legte den Arm um ihn.
Aber Jenna war noch nicht ganz beruhigt. »Nicko, wo ist Milo?« Nickos Antwort ging im allgemeinen Tumult unter, als der Tresorraum sich leerte, doch ein donnernder Befehl beantwortete Jennas Frage.
»Ruhe!«, ertönte Milos Stimme. Der Lärm verebbte, und die Besatzung – ein Dutzend blutverschmierter struppiger Gestalten unterschiedlicher Größe und Statur, die ein Kunterbunt von Nachthemden, gestreiften Matrosenblusen und dunkelblauen Kniehosen trugen, manche sogar Zöpfe, mit denen sie Lucy Gringe Konkurrenz machen konnten – verstummte. In einem zerknitterten und blutbefleckten Nachthemd trat Milo heraus, kreidebleich im Gesicht, aber immer noch ganz der Chef. Er suchte mit den Augen den schmalen Flur ab, in dem jetzt dichtes Gedränge herrschte. Leider hatte er seine Brille nicht dabei. »Jem!«, rief er. »Jem, wo steckst du? Hast du uns herausgelassen?«
Jenna verstand irrtümlich »Jen« und freute sich. Milo hatte doch tatsächlich an sie gedacht. »Ja«, rief sie, »ich war es!«
»Jenna?« Verdutzt blickte sich Milo um. Das Licht war trüb, und in Augenblicken wie diesem ärgerte es ihn, dass er kurzsichtig war. Er sah seine Seeleute, die inzwischen in einer Reihe Aufstellung genommen hatten, und dann erblickte er zu seinem Erstaunen auch – ja, er war sich ganz sicher – Septimus und Beetle, zusammen mit zwei zerlumpten jungen Leuten von zweifelhafter Sauberkeit. Wo kamen sie alle her? Und schließlich entdeckte er zu seiner maßlosen Verwunderung auch noch Jenna – ganz hinten in die Ecke gedrängt, halb verdeckt von Nicko und einem Tauknäuel.
»Jenna! Aber ... wie kommst du denn hierher?«
Zu Milos Überraschung – und ihrer eigenen – rannte sie zu ihm hin und schlang die Arme um ihn. »Oh, Milo, ich dachte schon, ihr wärt... Ich meine, wir dachten, ihr wärt alle tot!«
»Ein paar Minuten länger, und wir wären es gewesen«, sagte Milo, lächelte zu ihr herab und tätschelte ihr etwas verlegen den Kopf. »Obwohl ich letztes Jahr für exotische Kakteen, hinter denen ich her war, eine Belüftungsanlage mit Filtern eingebaut habe. Sehr leistungsstark, aber nicht für fünfzehn Menschen gedacht. Wir haben da drin mit dem Tod gerungen, das kann ich dir sagen. Aber jetzt wollen wir nachsehen, was diese Halunken gestohlen haben. Vermutlich haben sie alles geplündert, was nicht niet- und nagelfest war, und sich dann davongemacht. Ruchloses Gesindel. Mit bloßen Händen wäre ich auf sie los, aber ...«
»Aber was?«, unterbrach ihn Jenna schroff. Sie hatte schon zu viele Geschichten dieser Art von ihm gehört.
»Aber was kann man schon tun, wenn sie jemandem ein Messer an die Kehle setzen?«, sagte Milo.
Nicko fasste sich an den Hals, und Jenna bemerkte eine rote Schramme unter seinem Ohr. »Nicko!«, stieß sie hervor. »Doch nicht dir?«
Nicko nickte. »Doch«, sagte er bitter. »Mir. Schon wieder.«
Jenna korrigierte rasch ihre Meinung.
Milo war mit den Gedanken woanders. »Du da«, sagte er zu dem Matrosen, der ihm am nächsten stand. »Geh und hol Jem. Ich muss wissen, was er da unten festgestellt hat. Er kann von Glück sagen, dass ihm das alles hier erspart geblieben ist.«
Der Matrose wandte sich zum Gehen, aber Jenna hielt ihn fest.
»Nein«, sagte sie zu Milo. »Er kann nicht von Glück sagen. Er ist nämlich tot.«
»Was?«
»Sie – diese Halunken – haben ihn umgebracht.«
Ein bestürztes Raunen ging durch die Reihe der Seeleute.
»Tot?« Milo blickte erschrocken. » Tot. Und ... wo ist er jetzt?«
»Wir ... wir haben ihn zu einem Felsen am Strand gebracht. Wir ... vielmehr, Sep hat versucht, ihm zu helfen, aber wir konnten nichts mehr für ihn tun.«
»Wer meldet sich freiwillig, um Jem heraufzuholen?«, rief Milo.
Zahlreiche Hände flogen in die Höhe. Milo wählte vier Männer aus, denen die brutalen Crowes keine Stichwunden beigebracht hatten. Sie machten sich sofort auf den Weg. »Der Rest geht runter in den Krankenraum und verarztet sich. Anschließend alle an Deck. Ich möchte, dass das Schiff wieder flottgemacht wird und mit der nächsten Flut auslaufen kann.«
»Aye, aye, Sir«, antwortete die Besatzung.
»Jem war ein guter Mann«, seufzte Milo traurig, während die Seeleute um die Ecke
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