Septimus Heap 05 - Syren
Oberlehrlingsstreifen, die im Schein der Laterne in einem magischen Lila schimmerten. »Ich bin in dienstlichem Auftrag hier«, erklärte er ganz langsam und bemüht, seine Wut nicht zu zeigen. »Das ist mein Dienstabzeichen. Ich bin nicht das, wofür Sie mich halten. Wenn Ihnen Ihr Posten hier lieb ist, rate ich Ihnen, mich passieren zu lassen.«
Der gebieterische Ton, den Septimus anschlug, brachte den Beamten aus der Fassung, und der magische Schimmer an seinen Manschetten verwirrte ihn. Als Antwort stieß er das Tor auf, und als Septimus durchging, neigte der Beamte kaum merklich den Kopf. Septimus bemerkte es, erwiderte den Gruß aber nicht. Der Mann schloss das Tor, und Septimus betrat Hafen Vier.
Es war eine andere Welt. Septimus machte große Augen – das hatte er nicht erwartet. Es war ein richtiger Hafen, mit tiefem Wasser und großen Schiffen. Er wurde von mindestens zwanzig Fackeln beleuchtet und wimmelte von Menschen. Ein großer Fischerkahn wurde gerade entladen, und zwei große Schiffe wurden ausgerüstet. Ein Gefühl bleierner Müdigkeit überfiel ihn – wie sollte er durch dieses Gewimmel kommen? Er setzte die schweren Satteltaschen auf die Pflastersteine. Hätte er sie doch nur bei Feuerspei gelassen!
Hinter ihm donnerte eine Stimme. »Versperr nicht den Weg, Junge. Hier gibt es Leute, die arbeiten müssen.«
Septimus trat beiseite, vergaß aber die Satteltaschen. Ein dicker Fischer trug einen wackeligen Stapel Fischkisten vorbei und stolperte prompt darüber, sodass der Inhalt der Kisten durch die Luft flog. Während Heringe und Schimpfworte, die er noch nie gehört hatte, auf ihn niederprasselten, schnappte Septimus sich die Satteltaschen und schlüpfte durch eine Lücke in der Menge. Als er sich umsah, hatte sich die Lücke wieder geschlossen und der Fischer war nicht mehr zu sehen. Septimus grinste. Manchmal hatte so ein Gedränge auch sein Gutes. Er atmete tief durch und bahnte sich einen Weg über den Kai von Hafen Vier, bis er schließlich das Tor zu Hafen Fünf erreichte. Zu seiner Erleichterung war es nicht besetzt, allerdings hing hier dieselbe gebieterische Tafel. Septimus strafte sie mit Missachtung und betrat Hafen Fünf.
Eine Stunde später war Septimus fast am Ziel. Er stand vor einem Schild, dass ihn darüber aufklärte, dass er jetzt Hafen Elf verließ und Hafen Zwölf betrat. Er war erschöpft und mittlerweile stocksauer auf Jenna. Warum hatten sie unbedingt auf ein Schiff gehen müssen? Warum hatten sie nicht wie verabredet in dem Fischerschuppen auf ihn warten können? Hatten sie denn gar nicht daran gedacht, dass er nach einem so langen Flug müde sein könnte? Er hatte acht Häfen durchqueren müssen, um zu ihnen zu gelangen, und das war nicht leicht gewesen. Einige waren voller Menschen gewesen, die einem verdreckten Jungen mit Satteltaschen nicht immer Platz machten. Einer war verlassen und unbeleuchtet, dafür aber kreuz und quer mit Leinen überspannt gewesen, sodass Septimus sich wie ein tänzelndes Zirkuspony einen Weg hindurch suchen musste. Zwei hatten einem Irrgarten aus Fässern und Packkisten geglichen. Und viele Leute hatten ihn ausgesprochen unfreundlich behandelt.
Erschöpft blieb er stehen und überlegte. Hafen Zwölf sah wie der schwierigste von allen aus. Er war der bislang größte und von geschäftigem Treiben erfüllt. Septimus spähte über das Gewimmel auf dem Kai hinweg. Dahinter ragte ein Wald von hohen Masten mit aufgerollten Segeln in den Nachthimmel, erhellt von lodernden Fackeln, die das Kaiufer säumten. Der Schein der Fackeln tauchte die Szenerie in ein sattes orangefarbenes Licht, verlieh der Nacht ein samtiges dunkles Blau und verwandelte die fallenden Regentropfen in Diamanten.
Hafen Zwölf verströmte einen Hauch von Reichtum und Pomp, den Septimus in den anderen Häfen nicht wahrgenommen hatte. Überall sah er Beamte in goldgeschmückten Uniformen, eine prächtiger als die andere. Unter ihren kurzen marineblauen Jacken lugten Beine hervor, die seitlich geknöpfte Hosen aus goldenem Stoff umschmiegten, und ihre Füße steckten in schweren Stiefeln, die mit einer Vielzahl silberner Schnallen verziert waren. Doch was am meisten ins Auge sprang, waren ihre Perücken – und Perücken mussten es doch wohl sein, denn wer hatte schon genug Haare für so komplizierte Frisuren? Manche ragten mindestens dreißig Zentimeter in die Höhe. Sie waren strahlend weiß und mit Locken, Knoten, Flechten und Zöpfen geschmückt, und an jeder einzelnen
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