Septimus Heap 05 - Syren
darum, was alle anderen dachten. Weder er noch Snorri hatten offenbar das Bedürfnis zu reden, und das war seltsam. Früher hatte Nicko immer etwas zu sagen gehabt, und wenn es nur völlig verrücktes Zeug war. Septimus vermisste den alten Nicko, den Nicko, der oft an unpassender Stelle lachte und munter drauflos plapperte, ohne vorher groß nachzudenken. Jetzt war es, als müsste er stundenlang überlegen, bevor er etwas sagte – und dann kam meistens etwas Ernstes und ziemlich Langweiliges heraus. Septimus blieb noch eine Weile schweigsam sitzen, dann stand er auf und ging. Weder Nicko noch Snorri schienen davon Notiz zu nehmen.
Später am Nachmittag, nach einem Mittagessen, bei dem er wieder Milos Seefahrergeschichten gelauscht hatte, saß Septimus missmutig an Deck neben Feuer spei, der immer noch schlief. Tatsächlich hatte der Drache abgesehen davon, dass er ein halbes Dutzend Hühner, eine Tüte Würste und die beste Bratpfanne des Kochs verschlungen hatte, seit seiner Ankunft auf der Cerys nichts anderes getan als geschlafen. Septimus hatte ihn mit den Satteltaschen beladen – mehr in der Hoffnung als Erwartung, aufbrechen zu können –, und jetzt saß er an die Schuppen gelehnt in der warmen Sonne und spürte, wie sich die Brust des Drachen unter seinem Atem langsam hob und senkte. Schlecht gelaunt blickte er hinaus auf die Mole. Es war klar und sonnig, und es ging eine leichte Brise. Ideales Drachenflugwetter. Er konnte es nicht erwarten loszufliegen. Er hatte alles versucht, um Feuerspei zu wecken, aber vergebens. Selbst Tricks, die sonst immer funktionierten, wie dem Drachen in die Nüstern blasen oder ihn am Ohr kitzeln, hatten nicht geholfen. Gereizt trat er mit dem Fuß nach einer perfekt aufgeschossenen Rolle aus hellrotem Tau und stieß sich dabei eine Zehe an. Am liebsten wäre er sofort auf Feuerspei gestiegen und allein nach Hause geflogen. Niemand hätte es bemerkt. Wenn der dumme Drache doch nur endlich aufwachen würde.
»Hallo, Eure Durchlauchtigkeit, Herr Oberlehrling!«, ertönte Beetles fröhliche Stimme.
»Sehr witzig. Hallo, Beetle – du liebe Zeit, was hast du denn an?«, fragte Septimus.
Beetle errötete. »Ach, es ist dir aufgefallen?«
Septimus starrte Beetles Neuerwerbung an – eine kurze marineblaue Jacke, die mit einer Unmenge von Goldtressen und Brustschnüren geschmückt war. »Wie hätte mir das nicht auffallen können?«, erwiderte er. »Was ist das?«
»Eine Jacke«, antwortete Beetle unwirsch.
»Was für eine? Eine Kapitänsjacke?«
»Nein, genau genommen eine Admiralsjacke. In dem Laden gibt es jede Menge, falls du auch eine willst.«
»Äh ... nein danke.«
Beetle zuckte mit den Schultern. Er ging vorsichtig um Feuerspeis Nase herum und sah Septimus grinsend an, doch sein Grinsen erstarb, als er dessen finstere Miene sah. »Mit Feuerspei soweit alles in Ordnung?«, fragte er.
»Ja.«
»Wo drückt dann der Schuh?«
Septimus zuckte ebenfalls mit den Schultern.
Beetle sah seinen Freund forschend an. »Hast du vielleicht Streit mit Nicko gehabt?«
»Nein.«
»Überraschen würde es mich nämlich nicht. Er ist ein bisschen gereizt, findest du nicht?«
»Er hat sich verändert«, erwiderte Septimus. »Er ist nicht mehr der Alte. Und sogar Jenna ist komisch – lässt die Prinzessin heraushängen, als ob ihr das Schiff gehören würde.«
Beetle gluckste. »Das könnte daran liegen, dass es ihr tatsächlich gehört.«
»Quatsch. Es ist Milos Schiff.«
»Es war Milos Schiff. Bis er es ihr geschenkt hat.«
Septimus sah seinen Freund entgeistert an. »Was, das ganze Schiff?«
Beetle nickte.
»Wieso denn?«
»Keine Ahnung, Sep. Weil er ihr Vater ist? Väter tun so was wohl.« Beetle klang wehmütig. »Aber wenn du mich fragst, hat er es getan, um Jenna für sich zu gewinnen.«
»Ha!«, machte Septimus, was stark an Silas erinnerte.
»Doch. Es war nämlich seltsam. Reiner Zufall. Wir sind Milo zufällig begegnet, als wir etwas gegessen haben. Er hat sich riesig gefreut, Jenna zu sehen, aber ich habe ihr angemerkt, dass sie nicht dasselbe empfunden hat. Und als er dann erfahren hat, dass wir in einem heruntergekommenen alten Fischerschuppen hausen, hat er darauf bestanden, dass wir bei ihm wohnen. Nicko und Snorri wollten unbedingt – du weißt ja, wie Nicko Boote und solche Sachen liebt –, aber Jenna hat abgelehnt. Sie hat gesagt, wir wären in dem Schuppen gut aufgehoben.«
»Na, das wart ihr ja auch«, befand Septimus – es war seit längerer Zeit
Weitere Kostenlose Bücher