Septimus Heap 05 - Syren
fragte sie.
»Ach, nur eine Kleinigkeit, die ich in dem Laden für Schwarzkunstbedarf in Hafen Dreizehn gekauft habe«, antwortete Milo. »Damit unser Schatz bis Port sicher ist. Ich möchte nicht, dass jemand in den Laderaum hinabsteigt.«
»Aha«, sagte Jenna. Sie glaubte keine Sekunde, dass sich Milo mit schwarzer Magie abgab, und es ärgerte sie, dass er ihr das Gegenteil weismachen wollte. Schweigend stand sie da und sah zu, wie Jem den Teertopf von der Flamme nahm, ganz vorsichtig an den Deckeln der Laderaumluke entlangschritt und einen dünnen Strahl glänzenden schwarzen Teers in die Fuge zwischen Deck und Deckel goss. Bald verrieten nur noch zwei eingelassene Messingringe und ein dünner Teerstreifen, wo der Zugang zum Laderaum war.
Zu Jennas Ärger legte ihr Milo den Arm um die Schultern und führte sie übers Deck auf die dem Hafen abgewandte Seite, fort von den Schaulustigen, die den ganzen Tag scharenweise auf dem Kai standen und die Cerys bestaunten. »Ich weiß«, sagte er, »dass du mich für einen Rabenvater hältst. Und vielleicht bin ich das auch, aber die Truhe ist der Grund, warum ich so lange fort gewesen bin, sie ist es, die ich gesucht habe. Und wenn wir günstige Winde für eine glückliche Überfahrt haben, wird sie bald im Palast sein, wo sie sicher ist – und dann wirst auch du sicher sein.«
Jenna sah Milo an. »Ich verstehe das alles nicht. Was ist denn so Besonderes an ihr?«
»Das wirst du herausfinden, wenn die Zeit gekommen ist«, antwortete Milo.
Zum Glück ahnte er nicht, dass seine Tochter am liebsten »Warum gibst du mir nie eine richtige Antwort auf meine Fragen?« geschrien hätte, und so fuhr er fort: »Komm, Jenna, lass uns nach unten gehen. Ich finde, wir haben einen Grund zum Feiern.«
Jenna widerstand dem Verlangen, ihn zu treten.
Während die beiden unter Deck verschwanden, betrachtete Jem skeptisch den schwarzen Bodensatz, der noch im Topf klebte. Nach einigem Überlegen warf er den Topf über Bord. Jem war nicht immer ein einfacher Matrose gewesen. Einst war er in den Landen der langen Nächte bei einem berühmten Physikus in die Lehre gegangen, bis die Tochter des Heilkünstlers sich in sein schiefes Grinsen und seine dunklen Locken verguckte und das Leben für seinen Geschmack ein wenig zu kompliziert wurde. Er hatte die Lehre abgebrochen, aber er hatte genug gelernt, um zu wissen, dass diese Dichtungsmittel von Schwarzkünstlern nicht unbedingt zu den Dingen gehörten, die man gern an Bord eines Schiffes hatte. Er stieg vorsichtig über den schmalen Teerstreifen, der die Deckel der Frachtraumluke umsäumte, und kletterte nach unten ins Krankenrevier, wo er für die Besatzungsmitglieder einen Aushang schrieb, in dem er sie aufforderte, nicht auf die Versiegelung der Laderaumluke zu treten.
Tief unten im Laderaum gewöhnte sich der Inhalt der alten Ebenholztruhe an die Dunkelheit und wartete.
* 18 *
18. Eine Vorstellung
M i los Feier entpuppte sich als Bankett, das peinlicherweise an Deck abgehalten wurde, direkt vor den Augen der Schaulustigen auf dem Kai. Ein roter Baldachin mit goldenen Troddeln wurde gespannt und darunter eine lange Tafel aufgebaut, festlich gedeckt mit weißem Tischtuch, goldenem Besteck, Bergen von Früchten (die nicht alle echt waren) und einem Meer von Kerzen. Rings um den Tisch standen sechs Stühle, auf deren hohen Lehnen etwas saß, das verdächtig nach kleinen Kronen aussah. Milo hatte am oberen Ende Platz genommen, mit Jenna zu seiner Rechten. Septimus saß neben Jenna, und Beetle, in seinem Admiralsrock dem Anlass entsprechend feierlich gekleidet, war irgendwie am unteren Tischende neben dem schlafenden Feuerspei gelandet, wo ihn gelegentlich ein Drachenhauch anwehte. Links von Milo saß Snorri mit NachtUllr, der ruhig zu ihren Füßen lag, und neben ihr Nicko.
Milo bestritt das Gespräch allein – was auch gut so war, denn alle anderen waren viel zu verlegen, um etwas zu sagen. Die Menge auf dem Kai unter ihnen schwoll immer mehr an und verfolgte das Spektakel mit belustigtem Interesse, so wie Menschen im Zoo Schimpansen beobachteten. In der Hoffnung auf einen mitfühlenden Blick versuchte Jenna, Septimus auf sich aufmerksam zu machen, doch der saß nur da und starrte eisern auf seinen Teller. Jenna schaute in die Runde, aber niemand sah ihr in die Augen, nicht einmal Beetle, der anscheinend etwas höchst Interessantes oben auf dem nächsten Mast entdeckt hatte.
Jenna fühlte sich schrecklich unbehaglich. Langsam
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