Septimus Heap 06 - Darke
wissen, nur weil du Marcias kleiner Liebling bist, aber das tust du nicht.
»Auf deine Weisheiten kann ich verzichten«, schrie Septimus.
»Jungs!« Plötzlich stand Sarah da. »Jungs, was habe ich euch gesagt?«
Septimus und Simon funkelten einander an. »Entschuldige, Mom«, knurrten beide mit zusammengebissenen Zähnen.
Marcellus schlüpfte in die Rolle des Vermittlers und sagte zu dem entrüsteten Septimus: »Lehrling, die Zeiten sind verzweifelt. Und verzweifelte Zeiten verlangen verzweifelte Maßnahmen. Wir brauchen jede Hilfe, die wir bekommen können. Und Simon hat einen großen Vorzug: Er kennt die Dunkelwelt und ...«
»Eben«, brummte Septimus.
Marcellus überging die Bemerkung. »Und ich glaube, dass er sich geändert hat. Wenn jemand weiß, wie wir das Dunkelfeld bezwingen können, dann er, und es besteht überhaupt kein Grund, so ein Gesicht machen, Septimus!«
»Pah.«
»Wir müssen alles tun, was in unserer Macht steht. Wer weiß, wie lange die Tür dem Dunkelfeld noch trotzen kann? Wer weiß, wie lange die armen Menschen in der Burg im Dunkelfeld überleben können? Und wer weiß, wie lange sich der Zaubererturm noch halten kann?«
»Der Zaubererturm kann sich ewig halten«, sagte Septimus.
»Das bezweifle ich, offen gestanden. Und selbst wenn, wozu wäre das gut? Bald wäre der Turm nur noch eine von der Außenwelt abgeschnittene Insel in einer Burg des Todes.«
»Nein.«
»Merke dir meine Worte, Lehrling. Je länger das Dunkelfeld besteht, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass es so kommt. Die meisten Menschen werden nur ein paar Tage überleben. Andere, und das sind nicht unbedingt die glücklichen, werden länger am Leben bleiben, aber langsam in den Wahnsinn getrieben. Wir haben die Pflicht, unser Möglichstes zu tun, um das zu verhindern. Stimmst du mir darin zu?«
Septimus nickte. »Ja«, sagte er mit belegter Stimme. Er wusste, worauf Marcellus hinauswollte.
»Aus diesem Grund bin ich der Meinung, dass wir die Hilfe deines Bruders in Anspruch nehmen sollten.«
Septimus konnte den Gedanken nicht ertragen. »Aber wir können ihm nicht vertrauen«, protestierte er.
»Doch, Lehrling. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir ihm vertrauen können.
»Nein, können wir nicht. Er hat sich absichtlich mit den Dunkelkräften eingelassen. Wer tut denn so etwas?«
»Leute wie wir?«, entgegnete Marcellus mit einem Lächeln.
»Das ist etwas anderes.«
»Und ich glaube, dass dein Bruder auch anders ist.«
»Allerdings!«
»Lehrling, dreh mir nicht das Wort im Mund herum«, schalt Marcellus streng. »Dein Bruder hat Fehler gemacht. Er hat dafür einen hohen Preis bezahlt, und er tut es noch.«
»Das geschieht ihm nur recht.«
»Du bist recht nachtragend, Lehrling. Bei jemandem mit deinen Zauberkünsten ist das keine einnehmende Eigenschaft. Du solltest in deinem Sieg mehr Großmut zeigen.«
»In meinem Sieg?«
»Frage dich, wer du lieber sein möchtest – Septimus Heap, der allseits beliebte und geachtete Außergewöhnliche Lehrling, dem eine glänzende Zukunft winkt, oder Simon Heap, der, in Ungnade gefallen und nach Port verbannt, von der Hand in den Mund leben muss und vom Leben wenig zu erhoffen hat?«
Von dieser Seite hatte es Septimus noch nie betrachtet. Er schielte zu Simon hinüber, der allein am Fenster stand und unverwandt nach draußen starrte. Marcellus hatte recht. Für nichts in der Welt würde er mit Simon tauschen wollen.
»Ja«, sagte er. »Ich habe verstanden.«
Und so kam es, dass, zu Sarah Heaps Überraschung und Freude, ihr jüngster und ihr ältester Sohn in den folgenden Stunden zusammen vor Silas Heaps Bücherregal saßen und sich hin und wieder mit Marcellus Pye berieten, über den sie ihre Meinung im Übrigen gründlich geändert hatte. Dann und wann fischte einer ein Buch aus dem Regal, sonst saßen sie ruhig und einträchtig beisammen.
Als die Nacht anbrach, hatten Septimus und Marcellus Pye eine Menge von Simon erfahren. Wie zum Beispiel, dass er den Ring mit dem Doppelgesicht zuletzt bei den schleimigen Knochen seines alten Meisters DomDaniel gesehen hatte, als diese ihn erwürgen wollten. Dass er die Knochen in einen Sack gesteckt und im Observatorium in den Endlosschrank geworfen hatte. Oder dass Merrin den Ring von dem matschigen Daumenknochen DomDaniels gezogen haben musste – eine Vorstellung, die sie alle erschaudern ließ.
Septimus war der Ansicht gewesen, dass das Dunkelfeld sich auflösen würde, wenn es ihnen gelänge,
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