Septimus Heap 06 - Darke
würden. Zehn Minuten später segelten sie langsam in Richtung Fluss. Jannit warnte, dass sie dem Rabenstein ein wenig zu nahe kamen, und Maggie legte die große Ruderpinne nach rechts. Doch das Boot reagierte nur träge, und als sie unter dem Rabenstein vorbeiglitten, stießen sie gegen etwas Hartes.
Jannit wusste sofort, dass sie einen der Schnäbel gerammt hatten – das waren mehrere kleine Felsen, die aus dem Rabenstein herausragten und bei Flut unter der Wasseroberfläche verborgen waren.
Maggie war verzweifelt. Da half es auch nicht, dass Jannit sie rüffelte – »Ich habe dir doch gleich gesagt, dass wir den Felsen zu nahe kommen!« – und dass sie selbst darauf schroff erwiderte: »Ich weiß, Jannit. Vielen Dank.«
Rupert und Nicko nahmen ein Ersatzsegel und eilten damit unter Deck. Wasser strömte in den Frachtraum. Rupert war entsetzt, aber Nicko wusste, dass ein Leck, durch das Wasser eindrang, oft schlimmer aussah, als es tatsächlich war. Sie stopften das schwere Segeltuch in das Loch im Rumpf. Dabei stellten sie zu ihrer Erleichterung fest, dass das Leck kaum größer war als Ruperts Faust. Der Wasserschwall versiegte, und das rote Segel färbte sich dunkel von der Nässe. Zwar drang immer noch Wasser ein, aber langsamer jetzt, und die kleine Menge, die von dem Segeltuch tropfte, konnten sie mit einem Eimer abschöpfen.
Ein leckgeschlagenes Boot muss so schnell wie möglich ans Ufer, und so beschlossen sie, mit der Porter Fähre den nächsten Landungssteg auf der Burgseite anzulaufen – keiner wollte das Risiko eingehen, bei Nacht auf der Waldseite festzumachen. Während Rupert und Nicko Eimer um Eimer Flusswasser über Bord kippten, stemmten sich Maggie und Jannit gegen die ungewöhnlich schwergängige Ruderpinne und steuerten den Landungssteg des Palastes an. Schon von Weitem sahen sie, dass der sonst hell erleuchtete Palast – eine Landmarke für heimkehrende Schiffer – völlig dunkel war.
»Es ist, als ob er gar nicht mehr da wäre«, flüsterte Jannit und starrte zu der Stelle, wo jetzt eigentlich der Palast hätte herüberleuchten müssen und nur tiefschwarze Nacht herrschte.
Als sie sich dem Landungssteg näherten, der im Unterschied zu allem dahinter noch zu sehen war, kamen ihnen Zweifel, ob es wirklich klug war, hier anzulanden. Nicko leuchtete mit einer starken Bootslaterne das Ufer ab, konnte aber nichts erkennen. Direkt hinter dem Landungssteg verlor sich der Lichtstrahl in einer Art Nebelbank. Nur dass es keine Nebelbank war. Nebel war hell und warf Licht zurück. Dieser Nebel sog das Licht förmlich auf und verschluckte es, dachte Nicko erschaudernd.
»Ich finde, wir sollten nicht näher heranfahren«, sagte er. »Dort ist es nicht sicher.«
Doch Maggie befürchtete, dass ihr Boot sinken könnte, und war der Meinung, dass sie auch auf dem Fluss nicht unbedingt sicher waren. Sie schob das Ruder mit großer Mühe nach rechts – die Fähre war nun besonders widerspenstig – und lief den Landungssteg an.
Plötzlich wehte eine geisterhafte Stimme übers Wasser. »Nehmt euch in Acht! Nehmt euch in Acht! Kommt nicht näher! Flieht! Flieht diesen Ort. Diesen schrecklichen Ort des Verdeeeerbens.«
Mit bleichen Gesichtern sahen sie einander im Schein der Laterne an.
»Ich hab’s doch gesagt«, rief Nicko. »Ich hab doch gesagt, dass wir hier nicht sicher sind. Wir müssen weg.«
»Ist ja schon gut«, erwiderte Maggie, die kein Vertrauen mehr in ihre eigenen Entscheidungen hatte. »Aber wohin? Es darf nicht zu weit sein. Angenommen, überall ist es so wie hier – was tun wir dann?«
Nicko hatte nachgedacht. Er wusste von Stanley, dass dieser Nebel ein Dunkelfeld war. Im Zauberunterricht in der Schule hatte er nicht besonders gut aufgepasst – als er alt (und mutig) genug war, hatte er ihn sogar geschwänzt und sich stattdessen zur Bootswerft geschlichen –, aber ein paar Zauberverse waren ihm im Gedächtnis haften geblieben. Einer lautete:
Ein Dunkelfeld
bleibt stets zur Gänze
im Innern von des Wassers Grenze
Und ein anderer:
Die Mauern der Burg sind mächtig und groß,
die Dunkelheit draußen zu halten.
Doch wächst das Dunkel im Inneren bloß,
die Burgmauern es bei sich behalten.
»So wie hier wird es nicht überall sein«, sagte Nicko auf Maggies Frage. »Dieses dunkle Zeug wird entweder vom Wasser oder von der Burgmauer aufgehalten. Deshalb sind wir auf der Werft verschont geblieben. Weil wir außerhalb der Mauern sind. Meiner Meinung nach kann uns nichts
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