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Septimus Heap 06 - Darke

Titel: Septimus Heap 06 - Darke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angie Sage
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39 *
    39.  Der Abstieg
     

    D i e zweite Nacht im Zimmer hinter der großen roten Tür schritt voran. Die rote Glut im Kamin warf ein warmes Licht auf die schlafenden, in Decken gehüllten Gestalten. Draußen kam ein Nordostwind auf und rüttelte an der Fensterscheibe. Aus Sarahs Traum wurde ein Albtraum.
    »Ethel!«, stieß sie hervor und setzte sich auf.
    »Oh. Alles in Ordnung, Mom?«, fragte Simon, der gerade Wache hatte und eingedöst war.
    Sarah war sich nicht sicher. »Ich habe geträumt... ich habe geträumt, dass ich erwürgt werde. Und dann die arme kleine Ethel... ach, Ethel!«
    Mit einem Mal war Simon auf den Beinen. Ein rauchig schwarzer Nebelfetzen kringelte sich unter Benjamin Heaps Tür durch.
    »Aufwachen!«, schrie er. »Alle aufwachen!«
    Donner wieherte laut und schnaubte.
    Sofort waren alle wach.
    Septimus stürzte zur Tür, um sie mit irgendeinem Notstoppzauber zu belegen. Doch Marcellus hielt ihn zurück.
    »Rühr sie nicht an, Lehrling. Es ist zu gefährlich – und zu spät.«
    Septimus blieb stehen. Ein zweiter schwarzer Nebelfetzen quoll bei einer Türangel herein. Ja, es war zu spät.
    Jenna erschien an der Schranktür, das Haar zerzaust, den Hexenmantel zum Schutz vor der Kälte bis zum Kinn zugeknöpft. »Was ist los?«, fragte sie schlaftrunken, die Antwort bereits ahnend.
    »Es kommt herein«, antwortete Septimus. Und als sei dies ein Stichwort gewesen, puffte eine dunkle Wolke durch das Schlüsselloch, mit einer solchen Wucht, dass es aussah, als sei sie mit einem Blasebalg hereingeblasen worden.
    »Wir müssen schleunigst fort«, sagte Marcellus. »Sarah, ist alles bereit?«
    »Ja«, antwortete Sarah traurig.
    Bei den Fluchtvorbereitungen am Tag zuvor hatten sie eine große Taurolle unter das Fenster gelegt. Ein Ende des Taus hatten sie um den Mittelpfosten des Fensters gewickelt und zusätzlich um den großen Steinkamin in der Mitte des Zimmers geschlungen, wo es mit einem imposanten Knoten gesichert war. Sarah öffnete das Fenster, und ein Schwall eisiger Luft drang herein, der ihr den Atem nahm. Es war keine Nacht, um nach draußen zu gehen, geschweige denn eine ungeschützte, dreißig Meter hohe Nordwand hinabzuklettern, aber sie hatten keine Wahl. Mit vereinten Kräften hoben Jenna und Sarah die Taurolle in die Höhe und warfen sie aus dem Fenster in die Nacht. Rasch zogen sie sich ins Zimmer zurück und sahen zu, wie sich die Schlinge am Fensterpfosten unter dem Gewicht des in Richtung Fluss sausenden Taues straffte.
    Simon trat zu Donner. »Leb wohl, alter Junge«, flüsterte er. »Es tut mir leid ... sehr leid.« Er fasste in die Tasche und tastete nach den letzten Pfefferminzbonbons. Donner schnupperte an seiner Hand und rieb dann die Nase an seiner Schulter. Simon brach das Lucy gegebene Versprechen, für immer die Finger von der Schwarzkunst zu lassen, und wob einen Schlafzauber, in den er gerade so viel schwarze Magie hineinflocht, dass Donner eine Überlebenschance hatte. Als der Rappe auf Sarahs besten Teppich niedersank und die Augen schloss, breitete Simon sanft eine Decke über ihn.
    Tags zuvor, als sie die Flucht geplant hatten, hatten sie besprochen, das Zimmer in der Reihenfolge zu verlassen, die ihrer jeweiligen Bedeutung für die Sicherheit der Burg entsprach. Demnach wäre Simon als Drittletzter an der Reihe gewesen, dann Sarah und ganz zum Schluss Lucy, doch Simon hatte darauf bestanden, als Letzter zu gehen. Er wollte Lucy und seine Mutter auf gar keinen Fall mit dem schwarzen Nebel allein lassen. Während Septimus und Marcellus ans Fenster traten, setzte er sich neben Donner auf den Boden und fragte sich, ob sie womöglich gemeinsam im Dunkelfeld würden ausharren müssen.
    Wieder kroch schwarzer Nebel unter der Tür durch.
    »Zeit zum Aufbruch, Lehrling«, sagte Marcellus.
    Septimus nahm seinen Mut zusammen, holte tief Luft und blickte nach unten. Das Tau schlängelte sich an der rauen Außenmauer entlang in die Tiefe und verschwand in der Nacht. Gestern Nachmittag hatte er es aus drei Teppichen, zwei Decken und einem Haufen alter Handtücher gezaubert. Er hatte nie zuvor etwas so Langes gezaubert, und als er sich jetzt aus dem Fenster lehnte und vergeblich versuchte, den Boden zu erspähen, konnte er nur hoffen, dass er alles richtig gemacht hatte.
    Sarah wuselte aufgeregt umher und überprüfte noch einmal die Knoten. Selbst wenn der Fensterpfosten unter ihrem Gewicht brechen sollte – der Kamin würde auf keinen Fall nachgeben, davon war sie

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