Septimus Heap 06 - Darke
Marcia war, so war er doch nicht bereit, Feuerspei von ihr fliegen zu lassen. Sie mussten so schnell wie möglich von hier verschwinden, und er bezweifelte, dass sie das bewerkstelligen konnte. Also kam er sofort zur Sache.
»Steigen Sie ab«, schrie er durch den zähen schwarzen Nebel.
»Beeilung, Marcia«, rief Alther, der von ihren Flugkünsten keine bessere Meinung hatte als Septimus. »Steigen Sie ab und lassen Sie den Piloten den Drachen fliegen.«
»Ich will ja. Aber mein Mantel hat sich verfangen. Oh, diese verflixten Stacheln ...«
Septimus, der ungeduldig von einem Bein auf das andere hüpfte, riss den Mantel mit einem Ruck von einem kleinen Stachel, und Marcia kletterte herunter. Sie überraschte Septimus mit einer stürmischen Umarmung, half ihm auf seinen Sitz vor dem Pilotenstachel und nahm dann den Platz gleich dahinter ein, den Navigatorensitz, der eigentlich Jenna zustand. Jenna schluckte ihren Ärger hinunter – dies war weder die Zeit noch der Ort, darüber zu streiten, wer wo saß – und quetschte sich mit Nicko auf den Platz hinter Marcia.
Septimus ließ Feuerspei unverzüglich starten, und Alther flog nebenher. Marcia tippte Septimus auf die Schulter.
»Zum Manuskriptorium!«, schrie sie in der klaren Luft, die Feuerspeis Flügelschläge erzeugten.
Septimus wollte Feuerspei aus der Gefahrenzone bringen und deshalb auf gar keinen Fall zum Manuskriptorium fliegen. »Wozu?«, schrie er.
»Merrin Meredith. Die Formeln!«
»Merrin Merediths Murmeln?«
»Nicht Murmeln, Formeln! Die paarigen Geheimformeln. Er hat sie. Er ist im Manuskriptorium.«
Jetzt verstand Septimus.
»Dort ist er nicht!«, brüllte er. Im selben Moment glitt ein riesiger Schatten über sie hinweg, und ein muffiger Abwind umwehte sie. »Er ist da oben!«
Alle hoben die Köpfe. Der Nebel hatte sich auf der Flugbahn des Dunkeldrachen gerade so weit gelichtet, dass sie seine furchterregenden Krallen sehen konnten, die sich schwarz und blutbefleckt von seinem weißen Bauch abhoben. Zum allerersten Mal hörte Septimus Marcia ein sehr unanständiges Wort sagen.
»Ich mache mich mit Feuerspei an die Verfolgung dieses Ungetüms«, rief Marcia. »Ich werde diesen Merrin Meredith zur Strecke bringen, und wenn es das Letzte ist, was ich tue.«
Das würde es wahrscheinlich auch sein, dachte Septimus bei sich.
»Septimus, flieg mit Feuerspei sofort zurück zum Zaubererturm. Lande mit ihm auf der Drachenplattform. Dort könnt ihr drei absteigen.«
Septimus hatte nicht vor abzusteigen, hütete sich aber, jetzt darüber zu streiten. Er ließ Feuerspei wenden und nahm Kurs auf den Zaubererturm. Wie ein Pfeil schoss Feuerspei durch die Dehnungsfuge und brachte sie zurück in die klare Luft, die mit ihrem magischen Summen den Zaubererturm umgab. Mit einer perfekten Landung setzte er auf dem Drachensims auf.
»Einen Moment, ich öffne das Fenster«, sagte Marcia und rutschte vom Navigatorensitz. Sie brachte Jenna und Nicko in den Turm, kam dann wieder heraus und wartete ungeduldig darauf, dass Septimus seinen Platz in der Pilotenkuhle räumte.
»Beeil dich, Septimus. Lass mich aufsteigen.«
Septimus rührte sich nicht.
»Septimus, steig ab. Das ist ein Befehl.«
»Ich weigere mich«, sagte Septimus. »Ich werde ihn holen.«
»Nein, Septimus. Steig sofort ab.«
So wäre es wohl noch eine ganze Weile hin und her gegangen, hätten die orangefarbenen Blitze, die außen am Schutzschild auf und ab zuckten, in diesem Augenblick nicht plötzlich aufgehört zu blinken.
Marcia rang nach Luft. »Der Schutzschild bricht zusammen! Septimus, steig ab. Sofort!«
Die blaue und lila Haut des Schutzschilds nahm einen matten rötlichen Ton an. Aus dem Augenwinkel nahm Septimus eine Bewegung in der Luft wahr – erste Schwaden des schwarzen Nebels quollen durch die Dehnungsfuge. Und dann griff eine große, gekrümmte Kralle durch das Loch.
Septimus wusste, was er zu tun hatte.
»Aufsteigen, Feuerspei«, befahl er. »Aufsteigen.«
Bevor Marcia es verhindern konnte, flogen Pilot und Drache nach oben durch das matte Licht des versagenden Zauberschirms, dem Dunkeldrachen und seinem Piloten entgegen.
* 46 *
46. Synchron
S e ptimus und Feuerspei durchbrachen den Schutzschild, und mit einem kreischenden Geräusch bohrte sich Feuerspeis Nasenstachel in den weichen weißen Bauch des Dunkeldrachen. Feuerspei wurde nach hinten geschleudert, aber der Dunkeldrache war anscheinend nicht beeindruckter, als wenn ihn eine Wespe gestochen
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