Septimus Heap 06 - Darke
sah zu, wie er in die Morgensonne hinaustrat, und rief nach hinten ins Manuskriptorium: »Septimus! Du übernimmst hier die Aufsicht. Du hast meine Erlaubnis, einen umfassenden Wiederherstellungszauber zu wirken. Ich bin bald mit allen Schreibern zurück.«
Von der anderen Seite der dünnen Trennwand hörte Septimus Marcia gleich darauf laut sagen: »Das Manuskriptorium ist heute geschlossen. Ich schlage vor, Sie kommen morgen wieder, wenn es eine neue Leitung hat. Wie? Nein, ich habe keine Ahnung, wohin die Hexen sind. Nein, ich bin keine Hexe, wie kommen Sie denn auf die Idee? Ich, werte Frau, bin die Außergewöhnliche Zauberin.«
Dann hörte Septimus, wie Nursie kurzerhand vor die Tür gesetzt wurde, und musste schmunzeln. Marcia war wieder ganz die Alte.
Draußen vor dem Manuskriptorium sah sich Marcia weiteren Belästigungen ausgesetzt. Nursie klebte wie Gespensterhaut an ihr, und zu allem Überfluss nahte nun auch noch die vertraute Gestalt Marcellus Pyes. Marcia beschloss, so zu tun, als hätte sie ihn nicht bemerkt.
»Marcia!«, rief Marcellus. »Marcia, warten Sie!«
»Tut mir leid!«, rief sie zurück. »Bin in Eile.«
Aber Marcellus ließ sich nicht abwimmeln. Er beschleunigte seine Schritte, einen unfreiwilligen Begleiter hinter sich herziehend. Als die beiden näher kamen, erkannte Marcia, wer es war.
»Merrin Meredith!«
Nursies Ohren waren nicht mehr die besten. »Ja?«, fragte sie.
»Habe ich Ihnen nicht gesagt, Sie sollen nach Hause gehen?«, fuhr Marcia sie an.
Aber Nursie hörte nicht hin. Sie starrte auf die schlurfende, schniefende Gestalt, die Marcellus hinter sich her zerrte.
Marcellus war hochrot im Gesicht und sichtlich erschöpft, als er bei Marcia und Nursie ankam.
»Marcia, ich habe etwas für Sie«, sagte er, griff in eine tiefe Tasche, zog eine kleine braune Schachtel aus billiger Pappe hervor und reichte sie Marcia.
Marcia betrachtete sie ungehalten. »Springo-Fasszapfen«, las sie auf dem Deckel. »Marcellus, was um alles in der Welt soll ich denn mit Fasszapfen?«
»Sally hatte nur diese eine Schachtel«, erwiderte Marcellus. »Und es sind keine Fasszapfen drin, was immer das auch sein mag. Aber lieber hätte ich jeden Tag mit Fasszapfen zu tun als ... aber sehen Sie selbst.«
Marcias Neugier siegte über ihre Ungeduld. Sie öffnete die dünne Schachtel und zog ein blutbeflecktes Stück Stoff heraus. Etwas Schweres fiel ihr in die Hand. Ihr stockte der Atem.
»Du lieber Himmel, Marcellus! Wie sind Sie denn da drangekommen?«
»Was glauben Sie denn?«, erwiderte Marcellus ruhig und blickte bedeutungsvoll zu Merrin, der vor sich hin starrte.
Marcia sah sich Merrin genauer an und bemerkte, dass um seine linke Hand ein dicker Verband gewickelt war. Auf der Binde war ein dunkelroter Fleck zu sehen, dort, wo – wie Marcia jetzt begriff – sein Daumen gesessen hatte. Sie starrte auf den doppelgesichtigen Ring, der schwer und kalt in ihrer Hand lag, und empfand fast so etwas wie Angst.
»Mit Verlaub, ich würde vorschlagen, dass wir den Ring vernichten«, sagte Marcellus ruhig. »Selbst im besten und sichersten Versteck wird er eines Tages wieder von irgendeinem Narren – oder jemand Schlimmerem – gefunden werden und ihm unerhörte Macht verleihen.«
»Ja«, stimmte ihm Marcia zu, »er muss vernichtet werden. Aber wir haben das magische Feuer nicht mehr, dass man dazu benötigt.«
Marcellus war nervös, als er Marcia eine Lösung vorschlug, die er für das Beste hielt. »Marcia, ich hoffe, Sie haben mittlerweile so viel Vertrauen in mich gefasst, dass Sie meinen Vorschlag ernsthaft in Erwägung ziehen: Ich würde gern in meine alte Alchimiekammer zurückkehren. Mit Ihrer Erlaubnis könnte ich das magische Feuer wieder entfachen, und innerhalb eines Monats wäre die Burg den verderblichen Ring für immer los. Ich gebe Ihnen mein Wort, dass ich die Eistunnel instand halten und mich in nichts einmischen werde.«
»Na schön, Marcellus, ich vertraue auf Ihr Wort. Ich werde den Ring einstweilen in das Verborgene Fach legen.«
»Hmm ... ich hätte da noch eine weitere Bitte«, sagte Marcellus zögernd.
Marcia wusste, was er wollte. »Ja«, sagte sie mit einem Seufzer. »Ich werde Ihnen Septimus für einen Monat überlassen. Ich sehe ein, dass Sie Hilfe brauchen werden. Wir müssen in dieser Sache zusammenstehen. Wir benötigen die Alchimie ebenso wie die Magie, um die Dunkelkräfte im Gleichgewicht zu halten. Sind Sie einverstanden?«
Marcellus strahlte bei der
Weitere Kostenlose Bücher