Septimus Heap - Fyre
was wird jetzt aus dem Ring mit dem Doppelgesicht?«
»Ach, da können Sie ganz beruhigt sein«, seufzte Marcellus müde. Er wusste, wann er verloren hatte. Es war an der Zeit, dass Marcia die Wahrheit über die Feuerkammer erfuhr. »Hören Sie, Marcia. Das eigentliche Feuer ist …«
Aber Marcia hörte gar nicht hin. Sie leuchtete gerade mit ihrer Taschenlampe das Glas ab. »Ich bin mir sicher, dass da Sand hinter dem Glas ist«, sagte sie.
Marcellus unterbrach sein Geständnis. »Tatsächlich?«
»Ich überprüfe es, ja?«, schlug Septimus vor.
»Aber sei vorsichtig«, sagten Marcellus und Marcia wie mit einer Stimme – und sehr zu ihrer beider Verdruss.
Septimus zog den Hitzestab aus seinem Lehrlingsgürtel und hielt ihn an das Glas. Das Glas schmolz unter der Spitze, und Septimus drückte den Stab vorsichtig weiter hinein, sodass ein Loch entstand. Der Hitzestab brannte sich immer tiefer und tiefer, bis er fast ganz verschwunden war und Septimus schon glaubte, dass die Kammer tatsächlich vollständig mit Glas gefüllt war. Dann plötzlich stieß die Spitze des Stabs ins Leere. Septimus zog den Stab heraus, und Sand rieselte aus dem Loch.
»Tada!«, rief er.
Marcellus lachte vor Erleichterung.
»Ich hoffe doch, Sie haben ein paar Schubkarren hier, Marcellus«, sagte Marcia.
Marcellus grinste. Es war ihm völlig gleich, wie viele Schubkarren er benötigen würde – Hauptsache, seine kostbare Große Kammer der Alchimie und Heilkunst hatte alles unbeschadet überstanden. Dass sie unter Hunderten Tonnen Sand begraben lag, war bloß eine Lappalie. Sein Lehrling würde das in Ordnung bringen.
Marcellus führte Marcia und Septimus durch das verrußte Labyrinth zum Alchimie-Kai zurück. Marcia besah sich ihren Lehrling und schüttelte den Kopf – seine Tracht, am Morgen noch tadellos sauber, war schwarz von Ruß.
»Ich erlaube dir, diesen Monat deine Alchimistenkleider zu tragen«, sagte sie. »Offen gestanden, glaube ich nicht, dass nach einem Tag hier unten jemand den Unterschied bemerkt.«
* 6 *
LAUSCHEN
Der Monat in der Großen Kammer der Alchimie und Heilkunst wurde nicht so interessant, wie es sich Septimus erhofft hatte. Nachdem er den Sand entfernt hatte – eine aufregende Aufgabe, für die er jedoch nur drei Tage brauchte, denn er behalf sich mit einer Absaugvorrichtung, die den Sand durch das Labyrinth beförderte, dabei gleichzeitig die Gänge reinigte und den Sand in den Unterfluss-See leitete –, war er eigentlich nur noch mit Putzen und Auspacken beschäftigt. Marcellus war so gut wie nie da – Ich muss etwas überprüfen, Lehrling –, und Septimus war die meiste Zeit sich selbst überlassen. Er begann, die Tage bis zu seiner Rückkehr in den Zaubererturm zu zählen.
Marcellus war deshalb ständig fort, weil er nach dem Feuer sehen musste. Bislang war alles glattgegangen, doch er wagte es nicht, das Feuer allzu lange allein zu lassen. Das Kühlwasser floss ungehindert – er hatte sich ein wenig Sorgen gemacht, weil sie den Sand im Unterfluss-See abgeladen hatten, aber offensichtlich war er tief genug, um ihn aufzunehmen. Seine Hauptsorge galt jetzt der Kühlung des Kessels, der mit jedem Tag heißer wurde. Gegen Ende von Septimus’ Alchmiemonat rang sich Marcellus dazu durch, weitere vier Entlüftungsrohre zu öffnen. Er wählte sie sorgfältig aus und hoffte, dass niemand etwas bemerken würde.
An einem strahlend schönen Morgen zwei Tage vor dem Ende seines Praktikums bei Marcellus trottete Septimus lustlos zur Arbeit. Auf dem Weg zur Großen Kammer, die Marcellus unlängst geöffnet hatte, kam er am Palast und der wunderlichen Sammlung von Schneeskulpturen vorbei, die auf dem Rasen davor errichtet worden waren. Er blieb eine Weile stehen und sah sich die neuen an, ehe er widerwillig weiterging. Es versprach ein herrlicher Tag zu werden, doch er würde ihn bei Kerzenlicht unter der Erde verbringen und erst wieder nach Einbruch der Dunkelheit nach oben kommen.
Auf der anderen Seite des Palastes zog Jenna in ihrem Zimmer die Vorhänge zurück. Hinter den schneebedeckten Hügeln in der Ferne stieg gerade die Sonne herauf. Wolkenschleier färbten den Horizont rosa und violett, und orangerote Lichtstrahlen brachten die dunkle Wasseroberfläche des Flusses zum Glitzern. Es war schön, aber kalt. Jenna fröstelte. Kein Wunder, dass Eisblumen das Fenster schmückten. Vier Wochen war es nun her, dass der strenge Frost Einzug gehalten hatte, und alles war von der
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