Septimus Heap - Fyre
Fische brieten, fand drüben in der Schlangenhelling ein anderes Essen statt. In dem langen, schmalen Speisezimmer, das sich von der Vorderseite bis zur Rückseite des Hauses erstreckte, saßen Marcellus, Simon und Lucy an einem ähnlich langen, schmalen Tisch, den so viele Kerzen beleuchteten, dass Lucy in ihrem Glanz kaum etwas erkennen konnte.
»Ich habe eine schlechte Neuigkeit«, erklärte Marcellus.
Simon blickte nervös zu Lucy. Er hatte befürchtet, dass noch etwas schiefgehen könnte, und wappnete sich innerlich. Wahrscheinlich würde ihm Marcellus jetzt eröffnen, dass er ihn nicht mehr als Lehrling wollte.
»Der Alchimieschornstein ist eingestürzt«, sagte Marcellus.
»Das liegt am Frost«, erwiderte Lucy. »Der Mörtel bindet nicht ab.«
»Das sagen die Bauarbeiter auch«, murmelte Marcellus niedergeschlagen.
»Man muss Öfen unter die Gerüstplane stellen«, erklärte Lucy.
Marcellus horchte auf – warum hatte der Baumeister nicht daran gedacht?
»Und Sie sollten darauf bestehen, dass sie den Schornstein wie den Leuchtturm Katzenfels bauen«, fügte Lucy hinzu.
»Ah ja?«
»Ja. Katzenfels hat ein Fundament aus riesigen Granitblöcken, auf denen das Mauerwerk sitzt. Die Steine werden immer kleiner, je höher es hinaufgeht. Der untere Teil des Schornsteins muss eine solide, breite Basis für den oberen Teil bilden.«
Marcellus war beeindruckt. So beeindruckt, dass am Ende des Abends Lucy die Bauleitung bei der Errichtung des Alchimieschornsteins innehatte. Später, als Simon mit ihr über die Straße in ihr kleines Haus zurückkehrte, sagte er stolz: »Der neue Schornstein wird niemals einstürzen, Lucy. Nicht, wenn er unter deiner Leitung errichtet wird. Das würde er nicht wagen.«
Während Sarah sich sorgte, dass ihre Waldsöhne sie verlassen könnten, ließen jene Mitglieder der Familie Heap, denen sie lieber heute als morgen zum Abschied gewinkt hätte, keinerlei Anzeichen erkennen, dass sie gehen wollten. Im Gegenteil, zu Sarahs Leidwesen deutete alles darauf hin, dass Ernold und Edmund Heap zu bleiben gedachten – und zwar für immer. Sie hatten sich eine Zimmerflucht am anderen Ende des Palastes gesucht und dort, wie es Sarah ausdrückte, ihr Lager aufgeschlagen. »Das Problem ist«, sagte sie eines Nachmittags zu Silas, »dass wir nicht behaupten können, wir hätten keinen Platz.«
»Aber wenn wir wieder nach Hause ziehen, sehr wohl«, erwiderte Silas. »Dann werden sie verschwinden müssen.«
Am Morgen nach dem Waldschmaus hatte Silas im Zaubererturm Siegelwache. Sarah bat ihn, Ernold und Edmund mitzunehmen. »Sie treiben mich noch in den Wahnsinn, Silas – sie folgen mir auf Schritt und Tritt und quasseln ununterbrochen. Ich wünsche mir einen ruhigen Morgen im Kräutergarten, ohne dass ich zwei Witzfiguren mein Ohr leihen muss.« Silas tat ihr den Gefallen und nahm seine Brüder mit in den Zaubererturm. Er meldete sie als Zauberer – was sie zu sein behaupteten – auf Besuch an und überließ sie sich selbst, damit sie die zugänglichen Bereiche des Turms besichtigen konnten. Eine halbe Stunde später, als er seine Wache beendet hatte, gab es Ärger.
Als er, noch ganz beduselt vom Dauerstarren auf die verzauberte Tür, in die Halle zurückkam, erwartete ihn eine erboste Marcia Overstrand. Edmund und Ernold standen betreten neben ihr.
»Gehören die zu dir?«, fragte Marcia, als hätte Silas ein Paar käsige Socken auf dem Fußboden liegen lassen.
»Äh … ja … ich habe sie in die Besucherliste eingetragen«, musste Silas zugeben.
»Als Zauberer ?« , fragte Marcia ungläubig.
»Was wir ja auch sind, Madam«, warf Edmund ein.
»Jederzeit voll und ganz zu Ihren Diensten, Außergewöhnliche Madam«, ergänzte Ernold.
»Ich bin keine Außergewöhnliche Madam«, entgegnete Marcia streng. »Ich bin die Außergewöhnliche Zauberin. Silas, bevor du Besucher als Zauberer anmeldest, erwarte ich, dass du dich vergewisserst, ob sie auch wirklich Zauberer sind. Diese beiden Herrschaften …«, nur mit Mühe widerstand sie der Lust, sie als Idioten zu bezeichnen, »… sind es ganz offensichtlich nicht.«
»Aber ja«, protestierten die Zwillinge im Chor.
»Wir haben bei den Gauklern der Stillen Grünen Meere …«
»… auf den Inseln im Wind des Westens gelernt.«
»Schnickschnack«, schnaubte Marcia.
»Doch, das haben wir.«
»Wirklich, ehrlich.«
»Sie missverstehen mich«, sagte Marcia. »Ich wollte sagen, dass das, was diese Gaukler treiben, Schnickschnack ist,
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