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Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Titel: Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hartman
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die Schultern. »Ich kenne nur drei andere Ityasaari in Porphyrien. Du kennst sie auch, sie sind hier. Du hast ihnen die Namen Molch, Miserere und Pelikanmann gegeben. Keiner von ihnen spricht mit seinen Gedanken zu mir, allerdings hat mich auch keiner von ihnen jemals gerufen. Nur du hast das.«
    »Wann habe ich dich gerufen?«
    »Ich habe deine Flöte gehört.«
    Genau wie Lars.
    »Madamina«, sagte er. »Ich muss jetzt schlafen. Mein Großvater macht sich Sorgen.«
    Er ließ mich los und verbeugte sich. Ich verbeugte mich ebenfalls, wenn auch ein wenig unsicher, und wandte dann meine Aufmerksamkeit der brennenden Schatulle zu. Pandowdy blubberte unter Wasser und schlug gereizt mit seinem Schwanz, sodass sie auf mich zugeschaukelt kam. Meine Kopfschmerzen wurden immer heftiger. Ich konnte es nicht mehr länger aufschieben, ich musste mich schleunigst um die Schatulle kümmern. Die Erinnerungen würden mich sonst gegen meinen Willen gefangen nehmen, so wie schon einmal. Ich blickte zu Abdo, aber er hatte sich auf die Seite gerollt und schlief unter einem großen Stinkkohl. Mit einem dicken Sumpfgraskolben bugsierte ich die Schatulle an Land.
    Als ich sie berührte, explodierte sie wie ein schriller Feuerwerkskörper. Ich fing an zu husten vor lauter Qualm, und zugleich wunderte ich mich, wie es möglich war, dass ich Wut schmecken und den Geruch von Grün auf meiner Haut spüren konnte.
    Ich schwinge mich von der Bergspitze auf und fliege der Sonne entgegen. Mit einem einzigen Schwanzschlag begrabe ich den felsigen Ausgang unter einer Schneelawine. Aber die vereinten Kräfte der zwölf alten Generäle werden die eisige Barriere sehr bald sprengen; ich habe mir nur einen kurzen Aufschub verschafft und darf keine Zeit vergeuden. Ich fliege nach Osten, mit dem Wind, gleite durch ausgedehnte Föhnwolken in einen Gebirgskessel aus Eis.
    Unter dem Gletscher ist eine Höhle, bis dorthin muss ich es schaffen. Ich schwebe viel zu dicht über dem weiß schäumenden Schmelzwasser. Die Kälte verbrüht meinen Bauch. Ich fliege von der Moräne hoch und wirble einen Steinregen auf, schwinge mich schnell auf, damit ich den scharfen Eisnadeln entgehe, die spitz genug sind, mir die Eingeweide aufzureißen.
    Hinter mir, hoch oben auf dem Berg, höre ich ein Röhren und Dröhnen. Die Generäle und mein Vater sind frei, aber ich bin schnell genug geflogen. Zu schnell: Ich krache gegen den Rand des Eiskraters, Schiefergestein poltert den Hang hinunter. Es ist zu befürchten, dass die Generäle die Stelle mit dem ausgerissenen Moos entdecken werden. Ich zwänge mich in die Höhle, das blaue Eis schmilzt, wenn ich es berühre, aber auf diese Weise komme ich leichter voran.
    Ich höre, wie sie durch den Himmel pflügen, höre ihr Schreien über das Tosen des Eisbachs hinweg. Ich krieche tiefer in die Höhle, damit der Dampf, den ich ausstoße, mich nicht verrät.
    Das Eis kühlt meine Gedanken und bündelt meine Vernunft. Ich habe gesehen und gehört, was ich nicht hätte sehen und hören dürfen: wie mein Vater und elf andere Generäle über seinen Schatz gesprochen haben. Worte über einen Schatz muss man hüten wie den Schatz selbst, sagt ein uraltes Sprichwort. Weil ich sie belauscht habe, könnten sie mich töten.
    Schlimmer noch: sie haben von Verrat gesprochen. Und dieses Wort kann ich nicht wie einen Schatz hüten.
    Die Höhle macht mir Angst. Wie können die Quigutl so lange in Abgründen hausen, ohne verrückt zu werden? Aber vielleicht tun sie das ja gar nicht. Ich lenke mich ab und denke an meinen kleinen Bruder, der in Ninys studiert und dort in Sicherheit ist, ich denke an den schnellsten Weg zurück nach Goredd und an meinen geliebten Claude. Wenn ich meine natürliche Gestalt angenommen habe, verspüre ich keine Liebe, aber ich erinnere mich an das Gefühl und sehne mich danach zurück. Der große, leere Fleck, an dem sich dieses Gefühl befunden hat, quält mich, sodass ich mich am liebsten hin und her winden will.
    Ach, Orma. Du wirst nicht verstehen, was mit mir geschehen ist.
    Die Nacht bricht herein. Die leuchtend blaue Farbe des Eises verdüstert sich zu Schwarz. Die Höhle ist so eng, dass man sich nicht drehen und wenden kann – ich bin nicht so schlank und schlangenhaft wie andere –, also verlasse ich die Höhle rückwärts, Schritt für Schritt, den rutschigen Weg hinauf. Meine Schwanzspitze befindet sich schon in der kühlen Nachtluft.
    Ich rieche ihn zu spät. Mein Vater beißt mir in den Schwanz, unter dem

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