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Serenade für Nadja

Serenade für Nadja

Titel: Serenade für Nadja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zülfü Livanelli
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effektiver zu verteidigen, als ich das selber konnte. Meinetwegen. Hauptsache, ich hatte jetzt etwas in der Hand, das ich vorweisen konnte. Meine Entlassung hatten sie unterschlagen.
    Ich wollte die Zeitung schon weglegen, da fiel mein Blick auf das Foto direkt unter dem Artikel. Das hatte ich zuvor schon gesehen und mir flüchtig gedacht, Mensch, der sieht Ahmet aber ähnlich. Als ich nun genauer hinsah, gab es keinen Zweifel mehr: Es war Ahmet, mein Ex!
    Wenn ich natürlich auch nicht erwartet hatte, ihn in der Zeitung zu sehen, so war es doch unglaublich, dass ich ihn nicht auf den ersten Blick erkannt hatte. Auf dem Foto saß er der Reporterin gegenüber, die bei mir gewesen war. Mit seinen engstehenden Augen und den zwar gelichteten, aber sonst noch immer gleichen Haaren war er eigentlich deutlich zu erkennen, und doch hatte ich das Gefühl, das Foto eines Fremden anzuschauen. Alles kam mir bekannt vor, und der Gesichtsausdruck war mir doch fremd.
    Er war mit halboffenem Mund und gerunzelten Brauen abgebildet und schien der Reporterin mit einer Geste bedeuten zu wollen, dass sie abwarten solle.
    Die Zeitungsmeldung über mich ging also unter dem Foto noch weiter. Voller Spannung las ich den Rest des Textes.
    UNTERSTÜTZUNG FÜR MAYA DURAN
    VON IHREM EX - EHEMANN
    Maya Durans Ex-Ehemann Ahmet Baltacı, von dem sie sich vor acht Jahren scheiden ließ, hat erklärt, er glaube nicht im Geringsten, dass an den Vorwürfen etwas sei. Unserer Reporterin gegenüber äußerte er:
    »Ich kenne Maya sehr gut, und wir haben uns in den letzten acht Jahren auch immer wieder getroffen. Niemand, der sie kennt, schenktdiesen Anschuldigungen Glauben. Sie ist eine gute Mutter und ein zuverlässiger, prinzipientreuer Mensch, der sich seiner Verantwortung jederzeit bewusst ist. Natürlich sind wir uns nicht in allem einig, doch in dieser Hinsicht hat sie mein volles Vertrauen.
    Als unverheiratete, moderne Frau steht es ihr natürlich jederzeit frei, eine Beziehung einzugehen, ohne dass dies die Öffentlichkeit zu kümmern hat. Dass dies aber mit einem hochbetagten Mann geschehen wäre, den sie erst vor wenigen Tagen im Rahmen ihrer dienstlichen Verpflichtungen kennengelernt hat, ist unvorstellbar. Ich glaube das ganz einfach nicht, ja ich weiß sogar, dass sie es nicht getan hat.«
    Und ich glaubte nicht, dass diese Erklärung von Ahmet stammte. Mir war, als ob jemand, den ich sehr gut kannte, nicht nur einen fremden Gesichtsausdruck hatte, sondern auch noch mit fremder Stimme sprach.
    Hatte da wieder ein Redakteur nach eigenem Gutdünken eingegriffen? Ahmets Stil war das jedenfalls nicht, denn so selbstbewusst trat er niemals auf. Warum aber sollten sie an seinen Worten etwas ändern?
    Ich griff zum Telefon und wählte wieder die Nummer der Zeitung.
    »Kann ich bitte mit Sibel sprechen?«
    »Ich bin’s selber.«
    »Hallo, hier ist Maya Duran.«
    »Ach, Sie sind’s. Und, haben Sie es gelesen?«
    In ihrer Stimme klang unverhohlener Stolz mit. Sie dachte wohl, ich riefe an, um ihr zu danken.
    »Ja, schon, aber ich muss Sie was fragen. Sie waren also bei meinem Ex-Mann.«
    »Ja. Zuerst habe ich ihn angerufen, aber das war irgendwie komisch, ich muss ihn im falschen Moment erwischt haben. Er hat irgendwas Unverständliches gemurmelt und dann gesagt, er will sich nicht mit mir treffen.«
    »Aber Sie haben nicht lockergelassen.«
    »Nun, ich wollte mit ihm reden, weil ich mich Ihnen gegenüber schuldig fühlte und irgendwie hoffte, es würde sich da wasPositives für Sie ergeben. Als er aber abgelehnt hat, habe ich es erst mal sein lassen, doch eine Stunde später hat er selber angerufen, komischerweise von einer anderen Nummer aus.«
    »Er hat tatsächlich angerufen?«
    »Was wundert Sie daran?«
    »Dass das gar nicht seine Art ist.«
    »Ich hatte das Gefühl, dass etwas Besonderes los war. Er hat geredet wie jemand, der voller Wut steckt, sich aber bezähmt, weil er etwas Bestimmtes vorhat.«
    »War er auf Sie wütend? Wegen des Artikels?«
    »Nein, das heißt, ich weiß nicht. Es kann auch ganz was anderes gewesen sein.«
    »Na gut, ich will Sie nicht länger aufhalten. Nur eins noch: Hat er das alles genau so gesagt, oder hat wieder Ihr Chef seine Hand im Spiel gehabt?«
    »Es ist fast genau so gedruckt worden, wie er es gesagt hat.« Man hörte ihr an, dass sie bei diesen Worten lächelte. »Ich wusste erst gar nicht, ob der Artikel überhaupt herauskommt, aber dann haben sie ihn zusammen mit einem anderen gebracht.«
    »Ich danke

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