Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Serum

Serum

Titel: Serum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Reiss
Vom Netzwerk:
Hand sinken.
    »Tut mir leid«, sagte ich. »Ich habe mir angemaßt, verstehen zu wollen, was Sie gerade durchmachen.«
    Wenigstens ließ sie mich nicht einfach stehen. Also versuchte ich es noch einmal.
    »Ich habe gelogen, weil ich hoffte, mit Ihnen über Ihren Vater sprechen zu können. Ich bin nicht sicher, ob die Version der Polizei von einem Selbstmord stimmt.«
    In ihrer Miene spiegelten sich widersprüchliche Gefühle, Zorn und Verwirrung. Wenn ich gerade einen Nerv berührt hatte, dann einen, der schon seit Ewigkeiten bloßlag. »Das spielt für ihn keine große Rolle mehr, meinen Sie nicht?«, bemerkte sie.
    Aber sie blieb, und das bedeutete, dass sie zuhörte.
    »Ich weiß, dass ich vorhin einen Fehler gemacht habe«, sagte ich und ließ meine wahren Gefühle durchschimmern, »aber beim FBI habe ich gelernt, dass Familienangehörige normalerweise wissen wollen, was wirklich geschehen ist. Ich weiß nicht, ob aus Trauer oder Neugier. Ich weiß nur, dass es ihnen hilft, einen Schlussstrich zu ziehen.«
    Um der Wahrheit die Ehre zu geben, ich war später nicht mehr sicher, ob ich mir wirklich Hilfe erhoffte oder sie einfach wiedersehen wollte.
    Man sollte meinen, dass man als 44-Jähriger seinen Sexualtrieb langsam unter Kontrolle hat.
    Vergessen Sie’s.
    »Was sagt denn die Polizei zu Ihren Theorien?«, fragte sie.
    »Ich muss erst mehr wissen, bevor ich mit denen rede.«
    »Und Keating?«
    »Er hat mir mit Kündigung gedroht, falls ich die Dinge nicht auf sich beruhen lasse.«
    »Und Sie sprechen mit mir darüber? Ich treffe mich demnächst mit ihm. Heute noch. Ich könnte ihm alles erzählen.«
    »Instinkt«, meinte ich.
    »Der wird überbewertet.«
    »Es ist Ihre Entscheidung«, sagte ich. Von Kim wusste ich, dass die Auseinandersetzungen zwischen Gabrielle und Dwyer lang und schmerzhaft gewesen waren, und offenbar hatten sie Narben hinterlassen. Ich hatte das Gefühl, dass man bei dieser Frau nur einmal eine Chance bekam – für ein Gespräch, für eine Freundschaft, für alles.
    Manche Menschen sind so, entweder zu welterfahren oder zu ängstlich.
    Dann erinnerte ich mich an die Worte des Mannes, der mich verfolgt hatte. Sie hat die Bullen gerufen.
    Wer, so fragte ich mich, war sie?
    »Entdecke ich da ein gewisses Misstrauen in Ihrem Gesicht?«
    »Das ist mein Job«, erwiderte ich und sagte ihr damit, dass sie recht hatte.
    Glauben Sie mir, wenn eine so schöne Frau Ihnen in die Augen sieht, können fünf Sekunden sehr lang sein.
    »Ich kann Ihnen nichts Neues sagen«, meinte sie schließlich.
    »Dann wird es eine kurze Unterhaltung.«
    Ihr Gesicht verwandelte sich wieder in eine kühle Maske. »Fliegen Sie heute Nacht nach New York zurück, nachdem Sie Tom Schwadron mit ein paar weiteren erfundenen Zitaten meines Vater beglückt haben?«, fragte sie. »Er wird Ihnen übrigens glauben. Er braucht so etwas.«
    »Ja, ich fliege zurück.«
    »Im East Village gibt es ein Restaurant namens Al Dente, nicht weit von der Cooper Union. Ich erwarte Sie dort um acht.«
    Ich dachte an Kim und ihre Trauer und dass sie heute Abend dringend jemanden brauchen würde, mit dem sie reden konnte. »Ich habe schon eine Verabredung«, wandte ich ein. »Ginge es vielleicht auch morgen, wann immer Sie wollen?«
    »Für Sie bestimmt«, sagte sie und ging an mir vorbei zu einem Taxi, das angehalten hatte.
    »Ich sage die Verabredung ab.«
    »Keine Sorge, Mike. Das Essen im Al Dente ist gut. Mögen Sie Kalbfleisch? Oder tun Ihnen die niedlichen kleinen Tiere leid?«
    Ich sah ihr nach, während sie einstieg, bewunderte ihre elegante Haltung und geschmeidigen Bewegungen, die Art, wie sie ihre schlanken Beine ins Taxi zog. Der Duft ihres Parfüms hing noch in der Luft.
    Im Aufzug fragte Danny ausdruckslos: »Wirst du Kim absagen?«
    »Es ist rein geschäftlich.«
    »Ah, verstehe.«
    Dann fuhren wir nach oben, um weitere Lügen zu erzählen, und ich hoffte, dass sie mir diesmal besser über die Lippen kamen.

6
    G
    roße Unternehmen bieten große Zielscheiben«, pflegte der Vorsitzende zu sagen. »Für Anwälte, Politiker und Reporter. Sie werfen uns vor, Medikamente zu überhöhten Preisen zu verkaufen, so dass die Armen sie sich nicht leisten können. Sie behaupten, wir hätten die Herstellung von Malariamitteln eingestellt, weil die Gewinnspanne zu klein ist. Sie wollen uns vorschreiben, was wir herstellen, wie viel wir verlangen und an wen wir verkaufen sollen. Aber wenn wir ein neues Medikament entwickeln, sollten wir auch die

Weitere Kostenlose Bücher