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Settlers Creek

Settlers Creek

Titel: Settlers Creek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Nixon
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geriet von beiden Seiten fester, als notwendig gewesen wäre. Box ärgerte sich darüber, daß Tipene so gut aussah, ein bißchen wie dieser Maori-Schauspieler, der immer wieder in amerikanischen Filmen auftauchte, als mexikanischer Drogenhändler oder arabischer Terrorist. Box fiel sein Name nicht ein. Der Typ hatte auch in Whale Rider gespielt, den Vater des jungen Mädchens.
    Tipene war etwas kleiner als Box, hatte aber breite Schultern und einen muskulösen Rücken. Box begann in seinem Gesicht nach Ähnlichkeiten mit Mark zu forschen. Vielleicht gab es da etwas um die leicht hängenden Augenlider herum und im Schwung der Oberlippe. Und im Körperbau. Aber da endete die Ähnlichkeit schon. Es war immer sehr viel von Liz in Mark gewesen – der Gesichtsschnitt, die langen Finger und das hohe Fußgewölbe. Und er war ebenso ruhelos und sprunghaft wie sie, immer auf der Suche nach etwas Neuem, das ihn interessieren könnte.
    Tipene zog die Hand zurück. »Ich habe noch nie jemanden namens Box getroffen.«
    »So nennt man mich schon seit meiner Kindheit.«
    »Komischer Name.«
    »Es gibt Schlimmeres.«
    Tipene wurde ernst. »Was mit Maaka passiert ist, hat mich tief getroffen.«
    »Mark. Sein Name war Mark. Niemand hat ihn je anders genannt.«
    Tipene runzelte leicht die Stirn, dann nickte er. »Klar, Mark. Es tut mir wahnsinnig leid. Eine Tragödie. Wenn ich irgendwas tun kann, sagen Sie es mir bitte.«
    »Danke.«
    Einen Augenblick lang erwog Box, Tipene zu sagen, daß er diese Fremden aus dem Haus schaffen und mit ihnen dorthin zurückkehren solle, woher sie gekommen waren. Damit Marks richtige Familie in Ruhe trauern konnte. Ruhe? Das war das falsche Wort. Box kam sich mit einemmal mies vor. Diese Leute waren eine weite Strecke gefahren, nur um Abschied nehmen zu können. Daran mußte doch etwas Gutes sein, oder?
    Box und Tipene standen da und schätzten einander ab. Es gab nichts mehr zu sagen.
    »Ich bin froh, Sie endlich kennengelernt zu haben«, begann Tipene.
    »Ganz meinerseits«, entgegnete Box steif.
    Sie gaben sich wieder die Hände, und Box folgte Liz aus dem Zimmer.
    »Und? Wie fandest du ihn?«
    »Er scheint ganz okay zu sein.«
    »Ich glaube, er will einfach nur zeigen, daß es auch um einen Teil von ihm geht.«
    »Verstehe. Ich war nur überrascht, hier reinzukommen und die alle versammelt zu sehen. Warum hast du mich nicht vorgewarnt?«
    »Wie denn? Dein Telefon liegt immer noch auf dem Tisch im Flur.«
    »Scheiße. Tut mir leid.«
    Wieder umarmte sie ihn. Plötzlich fühlte er sich völlig kraftlos, als hätten die vielen Menschen im Haus noch den letzten Rest Energie aus ihm gesogen. Er war müde. Erschöpft und müde. Auch nachdem die Musik letzte Nacht aufgehört hatte, konnte er kaum schlafen.
    »Ich lege mich ein bißchen hin«, sagte er. »Ich fühle mich, als wäre ein Panzer über mich drübergerollt.«
    Box rechnete halb damit, ein oder zwei Maori in seinem Schlafzimmer anzutreffen, aber da war natürlich niemand. Er legte sich auf die Bettdecke. Er machte sich etwas vor, natürlich würde er nicht schlafen können. Doch nach ein paar Minuten hatte ihn die Erschöpfung in einen Tiefschlaf versetzt, in dem er so still dalag, daß man ihn hätte für tot halten können.
Zwölf
    Box wachte mit trockenem Mund auf, ganz verwirrt von den Stimmen in seinem Kopf. Er hatte von seiner Mutter geträumt. Den Traum hatte er in seiner Kindheit ständig gehabt, aber jetzt schon lange nicht mehr.
    In diesem Traum waren sie auf einem Flughafen, in einem riesigen Terminal nahe bei den Gates. Leute mit Koffern und Taschen über der Schulter hasteten vorbei. Alles schien in Bewegung zu sein. Es war laut und voll in dieser Halle, nur Box blieb völlig reglos.
    Seine Mutter umarmte ihn zum Abschied. Er konnte ihr Gesicht nicht sehen. Sie war nichts als ein warmer Körper mit Armen, eng um ihn geschlungen, und duftete, als ob er an einem Blüten-Potpourri schnupperte.
    Box wußte, hinter ihm warteten sein Vater und Paul darauf, daß er sich zu Ende verabschiedete. Seine Mutter mußte eine Weile verreisen. Das hatte man ihm schon mehrfach erklärt, und jetzt ärgerte sich sein Vater über Box’ Widerstand. Box wußte nicht, wohin seine Mutter fuhr. Sie mußte mit dem Flugzeug weg. Normalerweise reisten sie alle zusammen. Box kannte sich mit Flugzeugen so gut aus wie andere Kinder mit Bussen. Aber diesmal mußte seine Mutter allein fliegen, hatte sie ihm erklärt, in ein paar Tagen würden sie sich

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