Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Settlers Creek

Settlers Creek

Titel: Settlers Creek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Nixon
Vom Netzwerk:
Straße gegangen – hatte vermutlich nicht mal auf den Verkehr geachtet – und ins erste Café, an dem er vorbeikam. Dort ließ er sich auf einen Stuhl fallen.
    Als sein Kaffee kam, blieb die Kellnerin bei ihm stehen. Sie war etwa sechzig, vielleicht die Besitzerin. »Ich möchte nicht aufdringlich sein, aber ist alles in Ordnung mit Ihnen?«
    »Sehe ich so schlimm aus?«
    »Nein, überhaupt nicht. Ich dachte nur, ich frage besser mal.«
    »Danke.« Box zwang sich zu so etwas wie einem Lächeln.
    Sie lächelte zurück, offenbar wenig überzeugt, und ging wieder zur Theke. Box kippte drei Päckchen Zucker in die kochendheiße schwarze Flüssigkeit und nippte daran. Ihm war noch immer speiübel. Er fühlte sich wie ausgewrungen – hohl und leer.
    Um sich abzulenken, beobachtete er die Leute, die vor dem Fenster vorbeigingen. Mit Ausnahme der Pauschalreisenden aus Asien waren die Touristen zumeist jung. Trotz der Sonne trugen sie helle Jacken gegen die kühle Herbstluft und teure Wanderstiefel.
    Die Einwohner der Stadt waren ebensoleicht zu erkennen. Sie trugen Jeans und T-Shirts mit Buschhemden oder Sweatshirts darüber. Die Männer aus der Fischverarbeitung am Kai wiederum liefen in blauen Overalls und Gummistiefeln durch die Straßen. Ein hoher Prozentsatz der Ortsansässigen waren Maori – es gab sehr viel mehr braune Gesichter als in Christ­church. Keiner der Männer gehörte zu denen, die am Morgen im Beerdigungsinstitut gewesen waren.
    Während er den Rest seines Kaffees trank, dachte Box darüber nach, was um alles in der Welt er jetzt tun sollte. Er machte sich nicht vor, irgendwas wie einen Plan zu haben. Er handelte rein aus dem Bauch heraus. Nach Kaikoura zu fahren war eine reflexartige Reaktion auf die Geschehnisse an diesem Morgen. Außer die Tasse zum Mund zu führen und auszutrinken, konnte er nicht sagen, was seine nächsten Bewegungen sein würden.
    Wenn er den Fokus seines Blicks veränderte, konnte er sich selbst im Fenster des Cafés sehen. Er saß so reglos da, daß sein Spiegelbild wie ein wenig schmeichelhaftes Porträt aussah. Nein, kein Porträt, eine Karikatur. Kein Wunder, daß sich die Kellnerin nach seinem Befinden erkundigt hatte. Er sah müde aus – schlimmer als müde. Es wäre wohl keine Übertreibung zu sagen, daß er wie ausgekotzt aussah. Seine Wangen waren eingefallen und seine Augen beinahe ganz in den Höhlen verschwunden.
    Wann hatte er zuletzt etwas gegessen? Er wußte es nicht mehr. Vermutlich war ihm deshalb schlecht.
    Er ging zur Theke und bestellte ein Roastbeef-Sandwich, ohne Appetit darauf zu haben. Die Kellnerin warf ihm immer noch forschende Blicke zu, stellte aber wenigstens keine Fragen mehr.
    Er fürchtete, es würde ihm schwerfallen, das Sandwich runterzukriegen, doch als er es zu seinem Tisch gebracht und die Zellophanverpackung geöffnet hatte, stieg ihm der Geruch von Meerrettich in die Nase, und zwischen den Brotscheiben sah zartrosa gebratenes Fleisch hervor. Auf einmal hatte er das Gefühl, seit Wochen nichts mehr gegessen zu haben.
    Box schlang das Sandwich in ungefähr vier Bissen herunter. Dann saß er einfach da und ließ seine Gedanken schweifen.
Fünfzehn
    Sieben Stunden zuvor hatte er in ihrem Schlafzimmer vor dem Spiegel gestanden und mit seiner Krawatte gekämpft, als das Telefon in der Küche läutete.
    In einer halben Stunde sollten sie im Bestattungsinstitut sein, um Mark im Leichenwagen nach Governors Bay zu begleiten.
    Heather kam ins Schlafzimmer, das schnurlose Telefon in der Hand. »Ist für dich. Dieser Beerdigungsmensch.«
    »Danke, mein Schatz. Du siehst super aus!«
    Und das hatte er sogar ernst gemeint, sie sah wirklich gut aus. In all dem Trubel und der Aufregung der letzten beiden Jahre befürchtete Box manchmal, er könnte den Blick für das verlieren, was sich unmittelbar vor seiner Nase abspielte. ­Heather entwickelte sich zu einer wunderschönen jungen Frau. Oder besser: Sie war schon eine. In dem schwarzen Kleid ihrer Mutter, einem weißen Jackett darüber und mit hochgestecktem Haar hätte man sie für zwanzig halten können. Nur schade, daß sie nicht zu einer Hochzeit oder einer Taufe fuhren, wo sie hätte tanzen und sich amüsieren können.
    Er hielt das Telefon ans Ohr. »Box.«
    »Hier ist Bevan Rogers. Ich fürchte, wir haben ein Problem.«
    In seiner Stimme schwang so etwas wie Panik. Box hörte ihn atemlos flüstern, als hätte er Angst, belauscht zu werden.
    »Worum geht es?«
    »Mr. Pitama ist hier. Er besteht

Weitere Kostenlose Bücher