Sex and Crime auf Königsthronen
seiner Jugend ein hemmungsloser Partykönig und Verschwender.
Prinny häuft bereits als Twen Millionenschulden an für Vergnügungen, Luxusbauten, Klamotten und Kosmetik. Er gilt als Erfinder des Dandytums und zeigt sich sehr gern in London und anderswo. Früh wird er zum liebsten Klatschobjekt und zum Lieblingsthema der sich ausbreitenden bürgerlichen Presse. Sein Privatleben wird aus politischen Gründen weidlich und erfolgreich ausgeschlachtet.
Neben Kunstwerken sammelt Prinny Bettschätze. Über Letztere führt er selber haargenau Buch. Und das ist wörtlich zu verstehen.
Von jeder seiner Liebhaberinnen erbittet der Spross aus dem Hause Hannover eine Locke, die er in einem Briefumschlag verwahrt und genau katalogisiert.
Vielleicht schlägt bei diesem Hobby ein wenig die legendäre deutsche Ordnungsliebe durch. In seinem Nachlass finden sich jedenfalls fast 7000 solcher Umschläge und genug Haare, um ein Sofa zu polstern. Daneben Hunderte von Damenhandschuhen und Stapel von nicht jugendfreien Liebesbriefen.
Nebenher ist das Prinzchen zweimal verheiratet und das gleichzeitig, zum einen mit seiner katholischen Mätresse Maria Fitzherbert, die er aus Konfessionsgründen nicht heiraten darf, zum anderen mit der protestantischen Karoline von Braunschweig.
Daneben frönt George Nummer vier obsessiv dem Alkohol und den Tafelfreuden, was ihn nach seinem vierzigsten Lebensjahr so dick, kurzatmig und krank macht, dass er den Damen im Bett nichts mehr zu bieten hat. Prinny ist der Prototyp eines neuzeitlichen Monarchen, der nur noch Hof hält, statt zu regieren.
Ein Intimus aus seinem Freundeskreis vertraut seinem Tagebuch an: »Es gibt keinen verachtungswürdigeren, feigeren, gefühlloseren, selbstsüchtigeren Hund als diesen König.«
Derartige Aussagen werden auch gern an die wachsame Presse weitergeleitet und mit Politnachrichten kombiniert. Besser gesagt, mit Nachrichten darüber, dass George politisch recht wenig tut oder das Falsche.
Nun, dem Prinzregenten George bleibt dank seiner Hobbys verständlicherweise keine Zeit, sich auf den Schlachtfeldern der napoleonischen Kriege zu tummeln, die auf dem Kontinent toben. Dessen ungeachtet unterhält Prinny seine Dinnergäste nach 1815 und nach Wellingtons Jahrhundertsieg gegen Napoleon gern mit Erinnerungen an nicht vollbrachte Heldentaten bei der Schlacht von Waterloo. Er war nämlich niemals dort.
Sitzt der gefeierte Herzog von Wellington und Sieger von Waterloo mit am Tisch, bittet ihn der Dandykönig, seine eigenen, rein fiktiven Kavallerierattacken zu bestätigen. Der Feldmarschall pflegt mit heldenhafter Gelassenheit zu antworten: »Ich erinnere mich genau daran, dass Eure Hoheit mir wiederholt darüber berichtet haben.«
Privat gönnt sich der Militär die Ansicht, dass »Schwachsinn in dieser Familie nun mal erblich ist«.
Georges unzuverlässiges Gedächtnis verdankt sich aber eher seinen Trinkgewohnheiten. Seine fürstlichen Mahlzeiten spült er mit drei Flaschen Wein, gefolgt von Maraschinopunsch und Brandy hinunter. So hält er es bereits seit seinem 35. Lebensjahr. Gegen die erhöhten Alkoholblutwerte geht er mit dem traditionellen Aderlass vor. Gegen den regelmäßigen Kater und die Gicht mit Opium – dem neuen Wundermittel der Epoche – und mit viel Schlaf.
Als König erhebt er sich zum Ende seiner Regierungszeit selten vor sechs Uhr aus den Federn – abends, wohlgemerkt – und regiert, so es sich nicht vermeiden lässt, ein, zwei Stündchen vom Bett aus. Was dem Parlament sehr recht ist.
Danach legt der König bis zum nächsten alkohlgetränkten Dinner um 22 Uhr ein wohlverdientes Nickerchen ein. Prinny ist am Ende so unförmig, bewegungsfaul, gelangweilt und einsam, dass er des Nachts regelmäßig die Diener herbeiläutet, damit sie ihm die Zeit von der Nachttischuhr ablesen. Er will genau wissen, wie lang er nicht geschlafen hat.
Medizinhistoriker haben die Bulletins seiner Leibärzte unter die Lupe genommen. Ihr Fazit: Prinny hat sich zu Tode gefressen, litt unter heftiger Arterienverkalkung, Herzverfettung und einer Trinkerleber. Mit immerhin stolzen 68 Jahren stirbt er an Magenblutungen.
In dubio pro Rex oder für Präsidenten?
Psychologisch, rein privat und aus historischer Distanz betrachtet kann man Prinnys rastlose Exzesse als Rebellion eines ewig Pubertierenden gegen Papa »Farmer George« verstehen, der eine Musterfarm und einen königlichen Zuchtschweinekoben allen royalen Verlockungen vorzog.
Selbst die heimliche Heirat
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