Sex and Crime auf Königsthronen
Seine rechtmäßig ihm angetraute Gemahlin (»mein Mann ist eine Null«) hämmert vor den Augen der Welt dagegen. Nicht nur im Pöbel wird gejubelt. Doch eine Revolution für Karolines Recht auf die Krone bleibt aus, denn darum geht es Prinnys Kritikern nicht, es geht ihnen um mehr eigenes Mitspracherecht. Und gerade die radikalsten Gegner der Monarchie wollen selbstredend nicht für eine Königin bluten.
Die Prinzessin von Braunschweig stirbt am 7. August 1821, nur wenige Wochen nach den Krönungsfeierlichkeiten.
Nach dem Genuss eines Glases Limonade liegt sie im Sterben, und sie ist überzeugt, dass Gift im Spiel ist. Ihre letzten, wahrlich rührenden Worte sind so überliefert: »Die Ärzte erkennen meine Krankheit nicht. Es sitzt hier« – wobei sie die rechte Hand auf das Herz gelegt haben soll. Sind es wirklich ihre Worte, sind sie gut erfunden, oder sind sie ein letzter gezielter Racheakt gegen Prinny?
In der Presse werden zarte Andeutungen in Richtung »Gift« gemacht, und kurzfristig kursieren Gerüchte, dass bei Karolines Tod Arsen oder eine Überdosis Opium im Spiel gewesen sei.
Genau wie dereinst nach dem Tod von Tudor Heinrichs verstoßener erster Gemahlin Katharina von Aragon anno 1536 und dem Verscheiden ungezählter anderer ungeliebter Königinnen. Wir haben es also nicht mit einem Novum zu tun, sondern mit einer über die Jahrhunderte beliebten Mutmaßung, deren Wahrheitsgehalt in jedem Fall genau zu prüfen ist. Fest steht, dass den Königinnen über Jahrhunderte hinweg eine mörderisch schwer zu ertragende Rolle auf den Leib geschneidert worden ist.
In Karolines Fall scheint heute die Todesursache Magenkrebs plausibel; bei der Tudorkönigin Katharina – wie beschrieben – ein seltener Herzkrebs. Gelitten haben beide und viele andere Königsgemahlinnen unter ihren Königen und an ihrer Stellung, die mit dem Traumrollenfach Märchenprinzessin nie etwas zu tun hatte.
Königin Karolines Ruhm verblasst rasch zur rührseligen Erinnerung und wird vor allem zum Stoff für Kitschromane.
Aber Kitschromane stören das Parlament, die Aristokratie und auch die bürgerlichen Stützen der damaligen Gesellschaft nicht. Sie wollen den Thron trotz untauglicher Prinzen wie George behalten. Unter anderem deshalb, weil Prinny und seine Familie ja sozusagen eher als Majestätsdarsteller per Parlamentsbeschluss aus Deutschland importiert worden sind.
Wer Könige auswählen und machen darf, stärkt automatisch die eigene Hausmacht, nimmt die Monarchen selbst nicht mehr allzu ernst und hält sie nicht für sonderlich gefährlich, sondern erkennt ihren Nutzwert für die eigene Politik.
Fakt bleibt jedoch, dass Gefahr in Verzug ist. Von der nach wie vor aufmüpfigen Presse werden Prinnys potenzielle Nachfolger und Verwandte bereits ausführlich geschmäht. Man möchte eben auch ein Wörtchen mitzureden haben bei der Thronbesetzung und bringt zunehmend nationale Geschütze gegen die Hannoveraner in Stellung. Über den als Thronkandidaten kurzfristig gehandelten Prinz Ernst, einen künftigen Kurfürst von Hannover, heißt es: »Ein miserables Nichts; ein Stück Aalhaut vollgestopft mit deutschem Raucherwurstfleisch«.
Am Ende folgt auf den Dandy-König George IV. ab 1830 für sieben kurze Jahre sein Bruder als William IV. (gestorben 1837) auf den Thron. Und macht zum Leidwesen des monarchiefreundlichen Parlamentes leider nicht viel anders oder besser als sein großer Bruder, das Prinzchen.
Auch der fünfte Hannoveraner hat sich von Jugend an die Freiheit genommen, den internationalen Playboy zu mimen. Bevor er als König eine Prinzessin von Sachsen heiratet, lebt er zwanzig Jahre mit der bildhübschen irischen Schauspielerin Dorothea Bland zusammen. Die Aktrice wird für Hosenrollen und dank der Hosen für ihre sensationellen Beine berühmt.
Nebenher ist der spätere König William in jungen Jahren Marineoffizier und gewöhnt sich mit Freuden derbe Seemannsmanieren an. Etwa häufiges öffentliches Ausspucken, Vulgärsprache, Sauforgien, Prügeleien und das gelegentliche Verwüsten von Matrosenbordellen. Schöne Künste und höfisches Auftreten hält er für weibischen Schnickschnack.
Mit seiner Dauermätresse Dorothea zeugt William in seinen Seemanns- und Prinzenjahren zehn uneheliche Kinder. Nach der Trennung im Jahr 1811 versorgt seine königliche Hoheit die duldsame Mätresse und die fünf gemeinsamen Töchter mit einer Apanage, während er sich um die fünf Söhne selbst kümmern will. Was nicht in allen
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