Sex and Crime auf Königsthronen
ersten englischen König der Neuzeit bezeichnen.
Seinem Volk imponieren, neben der flotten Strafjustiz in Sachen Fiskus, die Steuernachlässe. Deshalb nimmt man Heinrich nicht krumm, dass er die pralle Staatskasse seines Vaters plündert. Zunächst für imageträchtigen Luxus, für Turniere und Feste, was von vielen Londoner Kaufleuten und Handwerkern begrüßt wird. Schließlich bekommen viele was ab und was zu tun: Schneider, Turnierwaffenhersteller, Zimmerleute, Weinhändler, Fahnennäher, Gewandschneider, Seidensticker, Brokatweber, Wappenmaler, Buntglaser, Zeltmacher, Gewürzimporteure. Die Liste seiner Hoflieferanten ist so endlos wie die hernach eintrudelnden Rechnungen.
Die Kosten für die Verschwendungslust und die entstehenden Schulden aber will zu Anfang von Heinrichs Regierung niemand so genau auflisten. Mit Worten wie Sparsamkeit halten sich selbst die königlichen Finanzberater zurück – sie wissen ja nun, wo das Beil hängt.
Um Volksnähe bemüht zeigt sich der junge Heinrich mitunter auch beim Londoner Pöbel freigebig. Bei einem öffentlichen Fest in Westminster taucht er in die Menge gewöhnlicher Gaffer ein und erlaubt ihnen, ihm seine Juwelen und Ringe vom Leib zu pflücken. Ein lohnendes Vergnügen; der Wert eines einzigen Fingerrings entspricht dem Jahreseinkommen eines Farmarbeiters.
Reiche Höflinge tun es dem Monarchen bei dieser Gelegenheit übrigens gleich, werden geplündert und sogar ihrer Unterhosen beraubt. Vor Schlimmerem müssen die adligen Nachäffer von Heinrichs Leibgarde geschützt werden.
Nur young Henry, der Hüne mit dem Engelsgesicht und den hübschen Waden kann sich diese frühe Form des Stagediving leisten, ohne hernach völlig zerfleddert dazustehen. Was fehlt einem solchen Traumprinzen noch?
Die passende Prinzessin! Bei seiner (ersten) Brautwahl beweist der junge König wiederum instinktsicheres Kalkül, Eroberungsdrang, PR -Geschick und – ja – Herz.
Eine königliche Romanze und Märchenhochzeit
Seine Fangemeinde im Volk schwillt ins Unermessliche an, als der frisch gekrönte Monarch im Sommer 1509 seine Heirat ankündigt. Endlich gibt es wieder einmal eine royale Märchenhochzeit statt einer flotten Kriegstrauung oder einem rein dynastischen Zweckbündnis zwischen Exfeinden. Vor den Altar treten der 18-jährige Prince charming und eine ebenfalls hübsche, allseits beliebte Braut. Es ist Heinrichs Dauerverlobte Katharina, die einsame, 24-jährige Witwe seines verstorbenen Bruders.
Die Tochter aus einer der mächtigsten Dynastien Europas ist der Liebling der Inselbewohner, weil sie viel hat leiden müssen und dies mit Contenance getan hat. Leidende Prinzessinnen sind bekanntermaßen heute noch ein beliebtes Identifikationsmodell für die Masse und ein PR -Schlager für die Monarchie. Wir werden dem Typus verfolgte, royale Unschuld in diesem Buch noch scharenweise begegnen.
Bleiben wir bei Heinrichs verfolgter Braut und ihrer wirklich anrührenden Geschichte. Acht Jahre zuvor, also 1501, ist die rotblonde, blauäugige Spanierin samt Hofstaat, Aussteuer und 100.000 Gulden Mitgift nach England verfrachtet worden, um den 15-jährigen Arthur Tudor zu heiraten. Sie weiß, dass sie Eltern und Heimat wohl nie wiedersehen wird, sie spricht kein Englisch und muss damit rechnen, dass sie an dem fremden Hof isoliert ist. Das übliche Heiratsschicksal für Prinzessinnen.
Katharina ist eine kleine, rundliche, entzückende Braut von 16 Jahren und vor allem Politobjekt, das eine Allianz zwischen dem mächtigen Spanien und England gegen Frankreich sichern soll. Aber Katharina ist auch eine sprichwörtlich stolze Spanierin. Schwiegervater Heinrich VII. will das Heiratsgut direkt nach Katharinas Landung an Englands Nebelküste begutachten, stürmt in das Zelt der Prinzessin und erwischt sie noch im Nachthemd. Katharina – klein von Gestalt, aber jeder Zoll eine Königstochter – wirft den royalen Rohling hinaus.
Im November desselben Jahres heiraten sie und Arthur in der St.-Pauls-Kirche. Klein Heinrich, damals zehn, führt die Braut zum Altar – als Page. Danach fällt er den Hochzeitsgästen beim Ball durch unermüdliches Tanzen auf. Er zeigt seiner neuen Schwägerin mit beachtlicher Begeisterung, was in seinen »hübschen Waden« steckt.
Arthur und Katharina gehen zurück nach Wales, dessen Prinz der junge Arthur ist, und nun wird es historisch wichtig. Haben die beiden dort in Ludlow oder in London die Ehe vollzogen oder nicht? Nein, hier geht es nicht um indiskreten
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