Sex and Crime auf Königsthronen
Milliardenhöhe. Heinrich will nur beste Kriegstechnik, etwa flämische Bombarden und ein Dutzend Kanonen zu 16.000 Pfund, die passend zum Anlass den Namen »die zwölf Apostel« tragen. Er gibt neue Kriegsschiffe und Truppentransporter in Auftrag. Militärhistoriker halten Heinrich den Beginn von Englands Aufstieg zur maritimen und militärischen Großmacht zugute.
Trotzdem geht sein erster Ausflug ins militärische Fach 1512 gründlich schief. Heinrich schickt eine Armee in die Gascogne, um seinem Schwiegervater bei der Eroberung Aquitaniens zu helfen. Der Süden Frankreichs hat im frühen Mittelalter schließlich mal zu England gehört. Ferdinand, der notorische Lügner, nutzt die englische Truppenhilfe aber nur, um Navarra für sich und für Spanien zu erobern. Danach erklärt er den Waffengang für beendet. Die englischen Soldaten erkranken an diversen Seuchen wie der Ruhr, haben Hunger und Durst, meutern und werden flugs auf ihre Nebelinsel zurück verfrachtet.
Daheim setzt es daraufhin einen Ehekrach zwischen Heinrich und Katharina. Die schreibt Ihrer Majestät dem Papa einen ziemlich wütenden Brief wegen dessen Wortbruch. Ausrichten kann sie damit nichts, obwohl selbst Ferdinands Botschafter in London den spanischen König warnt, dass Katharinas Stellung höchst gefährdet und Heinrich kein Weichei oder Dussel sei. Aber ich bin der Gewinner, wird Ferdinand der Fuchs sich gedacht und den Brief im Papierkorb entsorgt haben.
1513 ist Englands Royal Couple wieder versöhnt und Heinrich sogar erneut mit Ferdinand im Bunde. Krieg macht Ritter Treuherz eben so höllisch viel Freude, dass er dafür selbst mit dem schlitzohrigsten Teufel aller royalen Taktiker paktiert. Zudem ist Spanien Europas kommende Großmacht und mit dem Gold der Kolonien gesegnet, die Kolumbus und Co. seit 1492 entdeckt haben.
Katharina bringt Schwangerschaft Nummer drei und leider eine weitere Totgeburt hinter sich. Sie und Heinrich bemühen sich nach Kräften um Ersatz und lenken sich mit Vorbereitungen für Heinrichs ersten eigenen Feldzug ab.
Wieder ist Frankreich das Angriffsziel, wieder die Allianz mit dem Papst der heilige Grund und Wolsey der geniale Truppen-, Waffen- und Proviantmeister. Er ist ein logistisches Genie, das an alles denkt. Am 30. Juni 1513 landet Artus’ letzter Ritter Heinrich in Calais. Zusammen mit 40.000 Soldaten, 1000 Mann Dienstpersonal, entsprechend vielen Pferden und einer sorgfältig verpackten Zeltstadt, darunter ein palastartiges Biwak aus Goldbrokat für den gekrönten Feldherrn.
Selbst des Königs Musikantenstadl ist mit von der Partie. Um seinen Feinden den Marsch zu blasen, hat der Tausendsassa der Tudors neben trommelnden Landsknechten auch Chorknaben und seine königliche Kapelle dabei. Letztere gilt als die beste ihrer Zeit, während im Feindesland Frankreich über die schräge Musik der dortigen, königlichen Hofmusiker gelästert wird. Erst der Sonnenkönig Ludwig XIV. sollte das entscheidend ändern und England den Ruf der unmusikalischsten Nation übergeben.
Unter Fanfarenschall und Chorgesang zieht das illustre Heer Heinrichs nach Thérouanne, zwecks Belagerung der wichtigen Bischofs- und Handelsstadt.
Es ist ein Spaziergang, und die Franzosen verhalten sich – pardonnez-moi – selten dämlich. Nach dem Versuch, den belagerten Bürgern einige Schinkenhälften über die Stadtmauer zu werfen, gönnt sich das französische Heer erst mal eine Ruhepause. Kommandeure und Soldaten legen die verschwitzte Rüstung ab und greifen zum vin rouge . Brütende Julisonne macht durstig.
Heinrichs Soldaten blasen spontan zum Sturm und müssen nicht viel mehr als laut Buh machen, um ihre Feinde wie Hasen in die Flucht zu schlagen. Die kinderleichte Kampfhandlung trägt den edlen Namen Battle of the golden spurs , weil man beim ungeordneten Rückzug der Franzosen nur ihre Goldsporen, aber keine Schwerter aufblitzen sieht.
Weiter geht es nach Tournai, wo als Bündnispartner der damalige Kaiser Maximilian I. auf den Tudor wartet. Der Habsburger ist ein alter Haudegen und gewitzter Schmeichler. Heinrich bringt seine zwölf Apostel vor Tournai in Stellung, dann lässt er sich von Maximilian zu Festen und Liederabenden in das nahe gelegene Schloss von Kaisertochter Margarete von Österreich einladen. Maximilian will Tournai nämlich lieber unzerstört und per Verhandlung einnehmen. Weil der Kaiser notorisch klamm ist, braucht er eigentlich nur Heinrichs Kanonen, aber keinen kriegsbegeisterten Ritter.
Der
Weitere Kostenlose Bücher