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Sex and Crime auf Königsthronen

Titel: Sex and Crime auf Königsthronen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Werz
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Triumphgefühl wenig gemein und zeigt, bevor beide es wissen, dass zwischen der hochwohlgeborenen Spanierin und dem englischen Schafzüchternachfahren Welten liegen.
    Um ihren Prinz Luftikus zu erfreuen, wagt die eher für stolze Strenge als für Humor bekannte Katharina zum Schluss noch einen Scherz, der moderne Leser wenig amüsieren dürfte. Sie bemerkt zu dem blutstarrenden Waffenrock, den sie ihrem Mann samt Brief als Liebesgabe übersendet: »Daran können Euer Gnaden sehen, wie ich mein Versprechen halte und euch für die französischen Banner einen Königsmantel (nämlich Jakobs) schicke. Ich hatte vor, die Leiche selbst zu senden, aber die Herzen unserer englischen Männer wollten es nicht zulassen.« Was für Softies, dürfen wir zwischen den Zeilen lesen.
    Der erschlagene Jakob IV. ist übrigens Heinrichs Schwager und der Ehemann seiner Schwester Margarete Tudor. Aber dass das kein Grund für Tränen ist, wissen wir natürlich längst.
    Katharina endet ihre frohe Botschaft sehr persönlich und wechselt zum vertraulichen Du: »Mein Henry (…) hiermit schließe ich und bete zu Gott, dich bald heimzubringen, denn alle Freude ist ohne Dich unvollkommen.« Was sie so vollkommen ernst meint, wie sie schreibt.
    Wie sich Ritter Heinrich beim Lesen des Briefes gefühlt hat, kann keiner wissen. Mehr als der Kriegstriumph der Gattin wird ihn ein verschlüsseltes Postskriptum befriedigt haben. Katharina kündigt eine Pilgerreise zur Jungfrau von Walsingham an, die sie – vertrauliches Augenzwinkern – doch schon so lange geplant hat. Heinrich wird die dezente Anspielung verstanden haben. Katharina ist zum vierten Mal schwanger, und dafür will sie der verehrten Madonnenfigur, die für Kindersegen zuständig ist, auf Knien danken.
    Ihr Ave Maria wird überhört; vielleicht war Flodden dem Herrn ein bisschen zu viel des Guten. Ende 1513 bringt Katharina zwar einen lebenden Sohn zur Welt, doch auch dieser Prinz stirbt nach wenigen Tagen. Von nun an wird es allmählich düster für die Spanierin an Heinrichs Seite, und ihr Leben entfaltet sich zur Tragödie.
    Anfang 1514 schließt ihr Papa Ferdinand – erneut hinter Heinrichs Rücken – Frieden mit Frankreich. Kurz zuvor stirbt der Kriegerpapst Julius. Nachfolger Leo X. stellt ebenfalls alle Kampfhandlungen gegen Frankreich ein. Der Medicispross beginnt sein Pontifikat mit den goldenen Worten: »Lasst uns das Papsttum genießen, solange es uns gegeben ist.«
    Krieg steht von nun an nicht mehr auf der Liste päpstlicher Freizeitgestaltung. Dafür Kunstkauf en masse, heimliche Techtelmechtel mit Roms Kurtisanen, der Aufbau eines Privatzoos inklusive Elefant und üppigen Tafelfreuden, bei denen Hofnarren Vertilgungsspäße vorführen. Etwa den: Zwanzig hartgekochte Eier auf einen Satz verdrücken und ein ungerupftes Huhn hinterher. All das lässt sich im Haushaltsbuch des päpstlichen Hofmeisters – übrigens ein Deutscher – nachlesen.
    Ritter Heinrich, nunmehr 23 Jahre alt, fühlt sich nicht mehr als Held, sondern in jeglicher Hinsicht vergackeiert, als nach seinem Schlitzohr von Schwiegervater und dem Medici-Papst Leo auch Kaiser Maximilian Frankreich zum Freund erklärt. Langsam dämmert dem Möchtegern-Warlord, dass die Graugreise Europas mit ihm lediglich ein bisschen militärisches Pingpong gespielt haben.
    Seinen Zorn bekommt zunächst Katharina zu spüren, die wenig zur Verteidigung ihres Papas Ferdinand vorzubringen hat.
    Heinrichs Berater und Busenfreund Wolsey nutzt – geschmeidig wie immer – Frust und Laune seines Herrn zu politischen Zwecken. 1514 schlägt der – inzwischen zum Bischof erhobene Politiker – eine Trennung von der 28-jährigen Katharina vor. Erstens wegen Kinderlosigkeit, zweitens, weil die Spanierin als militärische Bündnisgarantin nichts taugt. Worin Heinrich Wolsey zu diesem Zeitpunkt aus vollem Herzen recht gibt. Endlich einer, der ihn versteht!
    Wolsey schwebt eine neue Ehe-Allianz vor, nämlich eine mit Frankreich. Irgendeine Prinzessin findet sich am Hof des Roi sicher. Vorteil für Heinrich: Er könnte sich so an Ferdinand rächen und sich erneut als Joker ins Spiel von Europas Global Playern einmischen.
    Die Scheidungsidee verschwindet zunächst noch mal in der Schublade, weil Katharina im Juni ihre fünfte Schwangerschaft bekannt gibt. Der Frieden mit Frankreich wird trotzdem geschlossen. Es ist eine gewinnbringende Angelegenheit. Heinrich kann Tournai und Thérouanne gegen ein paar Millionen an Frankreichs Ludwig XII.

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