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Sex and Crime auf Königsthronen

Titel: Sex and Crime auf Königsthronen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Werz
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Bürger pilgern zu den schaurigen Ausstellungsstücken, um sie zu verehren wie Reliquien. Ein Aufbegehren gegen das Schweigegebot von Reformer Cromwell und gegen die willkürliche Thronfolgeregelung Heinrichs.
    Morus’ Tochter Margarete Roper besticht bei Nacht einen Themsefährmann, den Kopf ihres Vaters von der Torburg zu holen. Das Haupt von Bischof Fisher verschwindet wenig später auf Heinrichs Befehl. Einen Glaubensmärtyrer – egal welcher Couleur – kann er jetzt als Letztes gebrauchen.
    Trotz seiner »Reformation von oben« lässt Heinrich – der im Herzen immer noch Katholik und den römische Riten treu ist – auch protestantische Ketzer foltern und hinrichten. Der König hält das für seinen goldenen Mittelweg in Sachen Religion. In Sachen Frömmigkeit darf jeder machen, was ER will.
    1530 flammt der erste Scheiterhaufen auf, um einen Leser der englischen Bibel zu verbrennen – die Heinrich dank Anne selbst als Bettlektüre kennt. Tyrannendämmerung. König Heinrich ist so mächtig und so unbeliebt wie nie zuvor in seiner Regierungszeit.

Die rasende Königin
    Auch Anne ist unzufrieden mit ihrem Gemahl, da der – ihrer spitzen Zunge müde – sich nach alter Manier unter ihren Hofdamen umzuschauen beginnt. Was Katharina mit dem antrainierten Gleichmut der Aristokratin hinnahm, das versetzt Anne in Rage.
    Mit gutem Grund: Ihr ausgefeiltes Flirtverhalten hat ein Exempel gesetzt, dem junge Fräuleins von Rang nacheifern. Die amouröse Taktik des »Fang-mich-doch-du-kriegst-mich-nicht« beherrschen jetzt schon Achtzehnjährige. Schließlich winkt bei Erfolg ein Thron. Dem passionierten Jäger Heinrich gefällt dieses Beuteschema nach wie vor. Erst recht nachdem Anne im Sommer 1534 nach ihrer Tochter nur eine Fehlgeburt zustandebringt. Annes biologische Uhr und ihre Lebensuhr beginnen zeitgleich und vernehmlich zu ticken.
    Obwohl sie ihre dankbare Familie und den mächtigen Howard-Clan im Rücken hat, weiß sie, dass ihre Position allein auf Heinrichs Gefühlen fußt. Und das ist brandgefährlich. Bei Hof hat sie nur Schönwetter-Freunde und Feinde aus anderen Adelscliquen, die ihren Töchtern das Augenklimpern verordnen. Ein Hoffräulein namens Madge Shelton hat Heinrichs Bett warmgehalten, während Anne im letzten Wochenbett lag. Dem Herrn sei Dank ist diese Madge eine Cousine von Anne und damit kontrollierbar. Anne heizt diese überschaubare Affäre heimlich an, um andere Wölfe von der Tür fernzuhalten.
    Im Sommer 1535 erobert sich die hartnäckige Boleyn sogar ihre Favoritenrolle zurück. Sie gibt an, schwanger zu sein, und Heinrich – sieh an – sagt ihretwegen sogar einen Staatsbesuch in Frankreich ab. Doch schon im Herbst erweist sich das Babyglück als reine Einbildung oder als ausgemachte Lüge – darüber streiten Historiker noch. Selbst eine weitere Fehlgeburt ist denkbar.
    Anne weiß, dass ihre Position jetzt an einem ebenso dünnen Faden hängt wie dereinst Katharinas. Was sie verkennt: Solange die alte Königin noch lebt, ist sie in Sicherheit, denn eine weitere Scheidung kann Heinrich sich nicht leisten; außerdem würde er riskieren, dann zu Katharina zurückkehren zu müssen.
    Anne – inzwischen unberechenbar bis zur Hysterie – sucht ihr Heil im Angriff auf Katharina und vor allem auf die von ihrer Mutter getrennte Prinzessin Maria. Die ältere Halbschwester von Anne Boleyns zweijähriger Tochter Elizabeth muss als deren Zofe Dienst tun. Aschenputtel lässt grüßen. Eine Tante von Anne wird angewiesen, Maria streng zu überwachen und mit gelegentlichen Schlägen einzuschüchtern. Die Boleyn ist ein Besen von Stiefmutter und lebt am Rande des Nervenzusammenbruchs.
    Fadendünn, blass wie der Tod und sichtlich gealtert kämpft Lady Hartnäckig ums Überleben. Dummerweise sinkt nicht nur ihre Fruchtbarkeit, auch dem 42-jährigen Heinrich macht gelegentliche Impotenz zu schaffen. Die Schuld für den Lustverlust sucht er selbstredend bei Anne.
    Die verführt ihn noch einmal nach allen Regeln der Kunst, mit rauschenden Festen, als rassige Tänzerin oder als kaum verschleierte Haremsdame maskiert. Von Opium und geheimen Liebestränken wird in Klatschberichten gemunkelt – oder ist das wieder nur ein Hexengerücht? Tatsache ist, dass Heinrich sich von seinen Hausapothekern Potenzmittel aus Stierhoden mischen lässt.
    Nun, Hauptsache, es wirkt. Im Winter 1535 hat Queen Anne Grund zum Jubel. Ihre Periode bleibt aus. Der Hausfrieden kehrt über die Weihnachtstage zurück, doch dann

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