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Sex and Crime auf Königsthronen

Titel: Sex and Crime auf Königsthronen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Werz
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gewesen und ihre Tochter Maria ein Bastard. Eine Beleidigung Annes ist lebensgefährlich, jede Kritik am König ebenso. Heinrich hat das zwar schon immer so empfunden, aber zum Staatsgesetz wird der Maulkorb dank Cromwell.
    Es ist zugleich eine Einladung zu fröhlichem Denunziantentum. Ab sofort gilt: Big Brother is watching you . Cromwell engagiert eine Armee von Lauschern und Spitzeln. Die Zeiten unsortierten Hof- und Diplomatenklatsches sind vorbei, jetzt werden die Herzen der Untertanen flächendeckend ausspioniert.
    Unter Londons Kartäusermönchen (Wahlspruch: Das Kreuz steht fest, während die Erde sich dreht) regt sich Widerstand. Sie weigern sich, Heinrich als Kirchenobersten und Anne als neue Königin anzuerkennen. Eine willkommene Gelegenheit, ein Exempel zu statuieren. Im Mai 1535 wird die scheußliche Hinrichtungsmethode für Hochverrat an acht papsttreuen Kartäusern exerziert: Sie werden gehängt, bis sie bewusstlos sind, mit Schlägen und Essigwasser sorgfältig wiederbelebt, um ihnen die Geschlechtsteile abzuschneiden und vor ihren Augen ins Feuer zu werfen. Es folgt eine Ausweidung bei – noch mehr oder minder lebendigem Leib – und schließlich die Vierteilung.
    Andere Glaubensbrüder lässt Heinrich – getreu dem neuen Gesetz – bei lebendigem Leibe im Keller ihres Klosters anketten, auspeitschen und stehend verhungern und verdursten. Schade, dass er in diesem Fall nicht die Bibel konsultiert hat. Schon der Apostel Paulus warnt: Das Gesetz ist der Tod. Und Ungehorsam mitunter die größte unter allen christlichen Tugenden.
    Die entmachteten Bischöfe sehen das aus Gründen einer gesicherten Pension anders und schwören auf Anne Boleyn, auf die kleine Elisabeth und was immer da noch kommen möge.
    Alle, bis auf einen Bischof. Der heißt John Fisher, ist ein letzter Freund Katharinas und verschwindet flugs im Tower. Genau wie der Laientheologe und Kartäuserfreund Thomas Morus. Heinrich nimmt es ihm immer noch übel, dass er 1532 stillschweigend seine Ämter aufgekündigt hat. Es ist ein vielsagendes Schweigen, das weiß auch Londons Bevölkerung, und sie verehrt den glaubensaufrechten Gelehrten fast wie einen Heiligen.
    Nach allem bisher Gesagten kann man sich denken, dass Heinrich, dessen Hang zur Selbstvergottung kaum noch zu übersehen ist, keine Heiligen neben sich dulden mag.
    Nach mehrmonatiger Haft lässt er Morus den bewährten Prozess wegen Hochverrats machen. Es ist eines von Heinrichs abscheulichsten Staatsverbrechen, denn Morus ist ihm gegenüber stets so loyal wie mutig und aufrichtig gewesen. Nie hat er öffentlich Rede gegen den König geführt, dafür hat er den Monarchen privat mehrmals vor den Folgen seiner unbedachten Politik gewarnt.
    Der Ex-Lordkanzler verteidigt sich vor Cromwells Gericht so geschickt wie vergeblich und muss am 6. Juli 1535 das Schafott auf dem Tower Hill besteigen. Dieser Hügel liegt außerhalb der Palastfestung, in deren Mauern nur Mitglieder der Hocharistokratie hingerichtet werden dürfen. Ehre, wem Ehre gebührt, gilt beim Adel eben bis zum letzten Atemzug. Dem Philosophen dürfte der Ort seiner Hinrichtung gleichgültig gewesen sein. Er hinterlässt der Nachwelt zwei letzte weltberühmte Zitate.
    Zum einen soll er in Richtung seines wartenden Henkers gescherzt haben: »Habt Nachsicht mit meinem Bart, er hat keinen Verrat begangen.« Zum Zweiten wendet er sich mit einem ergreifenden Lebensfazit an die riesige Schar – gerührter – Zuschauer: »Ich sterbe als treuer Diener des Königs, aber als Gottes zuerst.«
    Beide Zitate sind historisch nicht einwandfrei verbürgt. Allen Schriften von Morus kann man aber entnehmen, dass er ebenso humorvoll wie weise war, weshalb sein Freund Erasmus ihn »einen Mann für alle Jahreszeiten« oder eben für jedes Wetter von Sonne bis Sturm nannte. Morus selbst wusste, dass »jeder ehrenhaft wäre, wenn Ehre profitabel wäre«.
    Im Jahr 1935 – also vierhundert Jahre nach seiner Hinrichtung – hat Rom den gelehrten Widerstandsgeist heiliggesprochen. Eine politische Geste in Richtung von Hitler-Deutschland. Thomas Morus wäre auch damals ein recht einsamer Streiter für Ehre und Gewissen gewesen. Für einen Heiligen hätte er sich gewiss nicht gehalten.
    Heinrich VIII. lässt Morus’ klugen, aber abgeschlagenen Kopf wie den von Bischof Fisher in Kümmelwasser kochen, auf eine Pike stecken und auf der Torburg der London Bridge ausstellen. Ein übliches Verfahren, das diesmal unerwünschte Folgen zeitigt. Londons

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