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Sex and Crime auf Königsthronen

Titel: Sex and Crime auf Königsthronen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Werz
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Der Tudor schmeißt ein Tauffest der Superlative, Stiefschwester Maria darf den Säugling tragen, die kleine Elisabeth darf Patin sein, und Gattin Jane, tief erschöpft von einer fast zwei Tage währenden Geburt, ist auch dabei. Wenige Tage später stirbt sie jedoch dank Ärztepfusch.
    Vermutlich ist Jane Seymour inneren Blutungen erlegen. Medizinhistoriker sind überzeugt, dass Reste der Plazenta nicht vollständig entfernt wurden und sie Opfer eines zweifelhaften Privilegs geworden ist: Als Königin hatte sie das Recht auf männliche Geburtsbegleitung. Doch anders als die meisten Hebammen kennen sich nur wenige Ärzte der Tudor-Zeit mit dem Geburtsvorgang aus. Gynäkologie liegt weit unter ihrer Würde – zudem hat kein Mann außer dem König das Recht, Hand an den Leib Ihrer Majestät zu legen.
    Spaniens abgefeimte Botschafter bringen freilich ein weit perfideres Gerücht in Umlauf: Königin Jane soll einem tödlichen Kaiserschnitt unterzogen worden sein, weil nur sie oder der Prinz überleben konnten. Heinrich soll sich – ohne zu zögern – gegen Frau Nummer drei und für Prinz Edward entschieden haben.
    Beweise für diese Version gibt es nicht, und sie ist höchst unwahrscheinlich, da Queen Jane nach der Entbindung immerhin noch zwölf Tage gelebt hat. Ihrem armen Sohn sollen die bösen Gerüchte aber geläufig gewesen sein – genau wie alle anderen familiären Schandtaten, die Heinrich VIII. im Laufe seines Lebens an seinen Ehefrauen und seinen Kindern begangen hat.
    Heute wäre Little Edward gewiss ein Fall für eine mehrjährige Psychotherapie. Genau wie seine Schwestern Maria und Elisabeth. Stattdessen wurden alle drei nacheinander Könige von England, und das Volk hatte die Folgen ziemlich finsterer royaler Kindheitstraumata zu ertragen.
    Heinrich raubt das weder den Schlaf noch die Lust am Heiraten.
    Ende 1537 malt Hans Holbein den Tudor zum ersten Mal in voller Pracht und so wie wir ihn heute erinnern: als fettes Fashion Victim , gnadenlos selbstverliebt und tyrannisch bis unter die Haarspitzen.
    Es gibt noch viel von ihm und von allen seinen Opfern zu erzählen, aber da sein Porträt als Master of Sex and Crime mehr oder minder vollendet ist, fasse ich mich kurz.

Was noch passiert
    Noch dreimal heiratet Heinrich. 1540 die deutsche Anna von Kleve, die er jedoch so hässlich findet, dass er die Ehe nicht vollzieht und nach wenigen Monaten annullieren lässt.
    Dass er Anna eine »flandrische Mähre« genannt hat, ist allerdings eine spätere Erfindung. Tatsache ist, dass er ihren Bauch und ihre Brüste zu üppig und zu lose für eine Jungfrau genannt hat, was ihm aber erst auffällt, nachdem das arme Mädchen vom Niederrhein bei ihrer ersten Begegnung entsetzt einen Kuss von dem fetten Mann mit den Beingeschwüren ablehnt, der wahrlich nicht aussieht wie ein König. Und der sich ihr auch nicht als solcher vorstellt.
    Heinrich überrascht die frisch importierte Braut anno 1540 nämlich in der Verkleidung eines fahrenden Spielmanns und in einem Gasthaus vor London. Alter Schelm! Leider hält Anna von Kleve die Maskierung für echt und wirft ihn aus ihrem Wirtshauszimmer. Heinrich reagiert tief und unversöhnlich gekränkt.
    Einen Rückzieher vor dem Traualtar kann er trotzdem nicht machen, denn der bereits unterzeichnete Ehevertrag ist bindend und eine Politurkunde. Die aus bündnispolitischen Gründen von Thomas Cromwell vorgeschlagene Ehe wird für einige Monate aufrechterhalten. Im Bett tauscht Heinrich nur einen Gutenachtkuss mit Anna. Die ist trotz angeblich loser Brüste so unerfahren, dass sie sich wundert, warum sie davon nicht schwanger wird.
    Immerhin ist Anna klug genug, um schließlich einer Annullierung der Ehe wegen Nichtvollzugs zuzustimmen. Sie erhält den merkwürdigen Titel »Schwester des König«, den Palast von Richmond und eine üppige Pension. Die rheinische Prinzessin, das muss man ihr lassen, ist eine echte Überlebenskünstlerin. Heinrich stirbt zehn Jahre vor ihr. Seine abgelegte Braut vom Niederrhein wird allseits geachtet und ist bei seinen Kindern, genau wie im Volk, von Anfang an sehr beliebt.
    Der Legende nach soll Heinrich VIII. sich nicht nur aus politischen Erwägungen für sie entschieden haben, sondern dank einer Miniatur, die Holbein in Kleve von Anna angefertigt und in Cromwells Auftrag schwer geschönt hat.
    Bei Google oder im Lexikon können Sie das Bild betrachten. Es ist wirklich hübsch. Mehr noch, für unsere Augen ist Anna eindeutig die attraktivste unter

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